Neubau, Mietendeckel, Zweckentfremdung: Diese Akzente will Lompscher-Nachfolger Scheel setzen
Der neue Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel will den Kurs seiner Vorgängerin halten. Das sagte er bei seiner Vorstellung in der Linken-Parteizentrale.
Bei seiner Vorstellung als designierter Stadtentwicklungssenator am Dienstag in der Linken-Parteizentrale im Karl-Liebknecht-Haus begann Noch-Staatssekretär Sebastian Scheel mit Lobesworten über die am 2. August zurückgetretene Katrin Lompscher.
Sie sei eine „geradlinige Politikerin“, eine „konsequente Kämpferin für die Mieter in der Stadt“, mit der er sehr gut zusammengearbeitet habe. „Sie hat sich auch verdient gemacht um den Wohnungsneubau“, betonte Scheel.
Der 44-Jährige wurde von ihr 2017 von Sachsen nach Berlin geholt, nachdem der stasibelastete Andrej Holm als Staatssekretär politisch nicht mehr tragbar war.
Der neue Senator will „konsequent Kurs halten“. Zu dem Kurs zählt er die Regulierung des Mietenmarktes sowie die Verteidigung des Mietendeckels vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Landesverfassungsgericht. Auch eine „Nachschärfung“ des Zweckentfremdungsverbots, die Reform des sozialen Wohnungsbaus, wo Scheel für 100.000 Sozialwohnungen niedrigere Kostenmieten umsetzen will, und die Stärkung des Wohnungsbaus zählt er zu seinen Aufgaben. Das mache man „zur Chefsache“.
Das werden die Koalitionäre, vor allem die SPD, gern hören.
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Er betonte, dass der Wohnungsneubau bei ihm als Staatssekretär schon immer Thema gewesen sei. Als er in der Verwaltung anfing, habe er nur Excel-Listen geerbt ohne eine Vorstellung von Projektmanagement beziehungsweise ohne Stand der Bauvorhaben. Er habe sich mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und den Bezirken intensiv um die Schaffung von Planrecht bemüht.
„Aber wir kommen manchmal nicht um einen Lurch, der durch die Gegend läuft oder einer Fledermaus vorbei.“ Scheel bezog das auf den Artenschutz wie bei der geplanten Bebauung am Pankower Tor durch die dort vorhandene Kreuzkröte. Wie berichtet verzögert sich der Baubeginn des großen Projektes mit 2000 neuen Wohnungen wohl bis 2025.
Prognose geht von 34.000 Wohnungen im Jahr 2021 aus
In der Stadtentwicklungsverwaltung wurde vor einigen Wochen das Referat 4 D mit 50 Mitarbeitern als Sonderreferat Wohnungsbau ausgelöst. Dieses Referat ist laut Scheel „direkt beim Senator“ angesiedelt. Er gab zu, dass die Zielzahl von 30.000 neu gebauten, kommunalen Wohnungen in dieser Legislaturperiode nicht zu erreichen sei.
Das war schon Makulatur unter Lompscher. 24.000 Wohnungen werden es allenfalls, diese Zahl hatte die frühere Senatorin garantiert. Scheel prognostizierte aber, dass im Jahr 2021 insgesamt 34.000 Wohnungen „fertig oder im Bau“ seien. Eine sehr ambitionierte Aussage, wenn schon im Vorjahr die Zahl der begonnenen Wohnungsbauten um ein Drittel gegenüber 2018 gesunken war.
Die sechs landeseigenen Wohnungsbauunternehmen bauen wieder mehr als 4000 Wohnungen pro Jahr. 2019 waren es 4600 Wohnungen. Scheel betonte, man werde mit ihnen über die geplante neue Kooperationsvereinbarung „intensiv reden müssen. Es gibt einen Versorgungsauftrag der Unternehmen“. Er sei optimistisch, ein „gutes Verhandlungsergebnis auf kooperativer Basis“ zu erzielen.
Das A und O seien die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Stabilität der Gesellschaften. Scheel erwartet, dass die „Versorgungslücke“ mit bezahlbaren Mieten für Wohnungen in der Innenstadt „verstärkt“ von den Gesellschaften geschlossen werden muss.
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Er betonte, dass man mit privaten Projektentwicklern einen „guten Austausch“ habe. „Mit dem einen mehr, mit dem anderen weniger.“ Der Umgang mit Grund und Boden obliege der öffentlichen Hand, der Kommune. Damit dürfe nicht spekuliert werden. „Das ist die richtige Linie, die Berlin fährt.“ Und darüber werde sich der eine oder andere Investor eben ärgern. Ihm sei aber bewusst, dass das Land die Immobilienwirtschaft als Partner brauche.
Mit Scheel sei „keine Verlegenheitslösung“ gefunden worden, sagte Bürgermeister und Kultursenator Klaus Lederer. „Er ist eine exzellente Wahl.“
Lederer betonte, dass die Mietenpolitik ein zentrales Thema für die Stadt sei. „Es stehen Auseinandersetzungen auf anderen Ebenen an.“ Die Möglichkeiten, das Mietrecht auf Landesebene zu beeinflussen, seien begrenzt. Es reiche nicht, sich „einfach auf Regierungspolitik zu fokussieren. Es braucht die Kooperation mit außerparlamentarischen Partnern“, sagte Lederer. Damit meinte er die Unterstützung der Linken des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.
Scheel wich an diesem Punkt einer klaren Aussage aus. Sobald die Innenverwaltung ihre Prüfung abgeschlossen hat, werde sich die Stadtentwicklungsverwaltung als Fachbehörde eine „fachliche Stellungnahme“ abgeben. An Klarheit dagegen sparte Parteichefin Katina Schubert nicht: „Die Meinung unserer Partei ist dort eindeutig.“
AirBnb-Registrierungspflicht für alle Anbieter
Beim Umgang mit den Plänen für den Standort Karstadt am Hermannplatz sagte Scheel diplomatisch, man werde darüber sprechen, „was zum Stadtbild passt“. Parteichefin Schubert beschrieb vor kurzem den Umgang der Signa-Gruppe, der Eigentümerin der Galeria-Kaufhof-Karstadt-Gruppe, mit dem Land als „Erpressungsstrategien“. Es gebe „massiven Widerstand“ von Anwohnern gegen die Pläne der Gruppe für Karstadt am Hermannplatz. Deshalb müsse ein Kompromiss gefunden werden, der eine Stadtentwicklung möglich mache „ohne Kiezstrukturen zu zerstören“.
Schubert unterstellte Signa, sie hätten lediglich Interesse an der Entwicklung der Standorte, nicht aber an Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Auf dem Parteitag am Sonnabend werden dazu Dringlichkeitsanträge erwartet.
Beim Zweckentfremdungsverbotsgesetz, wonach Wohnraum in Berlin nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamts zu anderen als Wohnzwecken wie zum Beispiel als Ferienwohnungen genutzt werden darf, will Scheel eine Registrierungspflicht für alle durchsetzen. Jeder, der auf Plattformen wie AirBnB Wohnungen anbiete, müsse eine Registrierungsnummer erhalten, die nachverfolgbar sei - auch in anderen Foren, die Ferienwohnungen anbieten.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, Noch-Staatssekretär Scheel werde am Mittwoch in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Am Donnerstag soll er um 9 Uhr im Roten Rathaus von Müller die Ernennungsurkunde als Senator für Stadtentwicklung und Wohnen erhalten.
Die Vereidigung von Sebastian Scheel soll im Anschluss zu Beginn der Abgeordnetenhaussitzung im Parlament erfolgen. Seine Nachfolgerin als Staatssekretärin will er am kommenden Dienstag oder in zwei Wochen zur Senatssitzung präsentieren.
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