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Die Berliner sind unzufrieden mit dem rot-rot-grünen Senat. Hier Klaus Leder (Linke, links), Michael Müller (SPD, Mitte) und Ramon Pop (Grüne).
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Berlin-Monitor: Die Berliner sind unzufrieden mit Rot-Rot-Grün

Die Bürger fühlen sich in der Hauptstadt sicher, finden Zuwanderung bereichernd und sind vom Stadtverkehr nicht so genervt wie gedacht. Dafür von der Politik. Erste Ergebnisse des "Berlin-Monitors".

Die rot-rot-grüne Koalition und das politische Spitzenpersonal der Hauptstadt können bei den Berlinern nicht punkten. Lediglich 36 Prozent der Bürger sind mit der Arbeit der neuen Regierung zufrieden. Nur bei den jungen Wählern zwischen 18 und 29 Jahren steht die Koalition mit einer Zufriedenheitsquote von 57 Prozent deutlich besser da. Außerdem erfüllt Rot-Rot-Grün in Berlin offenbar die Erwartungen der eigenen Klientel. Zwei Drittel der Anhänger von Grünen und Linken sind mit der Arbeit der Koalition zufrieden, bei den SPD-Wählern sind es 59 Prozent.

Bei der Frage nach der Direktwahl eines Regierenden Bürgermeisters schneidet Michael Müller (SPD) zwar am besten ab - bekommt aber auch nur 14 Prozent. Ein Großteil sehnt sich nach personellen Alternativen. Thematisch legen die Berliner besonderen Fokus auf den Wohnungsbau und den Zustand der Schulen.

Das sind aktuelle Ergebnisse des „Berlin-Monitors“, den der Tagesspiegel in Kooperation mit dem Berliner Umfrageinstitut Civey durchführt. Die Umfragen laufen bis zur nächsten Abgeordnetenhauswahl und Sie, liebe Leserinnen und Leser, können jederzeit gerne weiter mitmachen. Die Fragen gibt es hier im Überblick oder nachfolgend unter den jeweiligen Themenblöcken. Hier die aktuellen Ergebnisse im Überblick:

Zufriedenheit mit dem Senat

Rund 60 Prozent der Berliner sind mit der bisherigen Arbeit des Senats unzufrieden. 33 Prozent davon sind „sehr unzufrieden“. Vor allem die Anhänger der Oppositionsparteien, aber auch derjenigen, die sich keinem Lager zuordnen bewerten die rot-rot-grüne Arbeit negativ. Positiver ist die Resonanz bei Sympathisanten der Regierungsparteien. Dort bewerten etwa zwei Drittel die Arbeit gut, wobei die wenigsten „sehr zufrieden“ sind.

Direktwahl des Regierenden Bürgermeisters

Die Umfrage zeigt auch, wie bescheiden das politische Ansehen führender Politiker in Berlin ist. Bei einer Direktwahl würden derzeit nur 14 Prozent den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Amt bestätigen. Er liegt damit nur knapp vor der Landeschefin der stärksten Oppositionspartei, Monika Grütters (CDU), die auf 13 Prozent kommt.

Erst dann folgen die Vertreter der beiden anderen Regierungsparteien. Der Kultursenator Klaus Lederer (Linke) käme bei einer Direktwahl auf 11 Prozent, die Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) auf 8 Prozent. Viel größer ist die Sehnsucht nach einer personellen Alternative: 38 Prozent der Berliner hätten gern „jemand anderen“, den oder die sie ins Rote Rathaus wählen könnten.

Sonntagsfrage

Entsprechend hält sich die Zustimmung bei der Sonntagsfrage für alle Parteien in Grenzen. Die SPD käme auf knapp 25 Prozent der Stimmen, die Linken auf gut 16 Prozent und die Grünen auf etwa 13 Prozent. Die CDU könnte knapp 20 Prozent der Wählerstimmen hinter sich bringen, die AfD 10 Prozent und die FDP käme auf gut 7 Prozent.

Im Vergleich zur Abgeordnetenhauswahl im September 2016 bedeutet dies leichte Zugewinne für SPD, Linke und CDU, während die Grünen etwas schwächeln und die AfD rund 4 Prozentpunkte abgeben muss. Das entspricht insgesamt dem aktuellen Bundestrend. Die Berliner Sozialdemokraten profitieren offenbar vom noch vorhandenen „Schulz-Effekt“, die AfD leidet unter dem offen ausgebrochenen Richtungsstreit.

Zuwanderung

Bei der Frage, wie der Zuzug von Menschen nach Berlin bewertet wird, erweisen sich die Berliner im Großen und Ganzen als weltoffen und liberal. Nur 20 Prozent glauben, dass die Zuwanderung aus dem Ausland der Stadt schadet. Eine deutliche Mehrheit (70 Prozent) findet sich für diese Position nur bei den AfD-Anhängern. Dagegen empfinden die Wähler von Rot-Rot-Grün, und quer durch alle politischen Lager die Berliner zwischen 18 und 39 Jahren, den Zuzug von Ausländern mehrheitlich als Bereicherung.

Eine etwas andere Sicht offenbart sich beim Zuzug aus dem Inland. Die Zuwanderung von Deutschen sehen zwar nur 14 Prozent der Berliner als schädlich an. Aber es gibt sowohl bei den AfD-Wählern wie bei den jungen Berlinern bis 29 Jahre ein gewisses Misstrauen gegenüber deutschen Zuwanderern. Einen Schaden für die Stadt befürchten in diesen beiden Wählergruppen 31 Prozent bzw. 23 Prozent. Über die Motivlage gibt die Umfrage keine Auskunft. Möglicherweise werden diese Zuzügler von einer Minderheit junger oder sozial schwacher Menschen als Konkurrenten auf dem Ausbildungs-, Arbeits- und Wohnungsmarkt gesehen.

Investitionen in die Zukunft

Die Wünsche der Berliner für die Zukunft liegen klar auf dem Tisch. 33 Prozent der Bürger fordern, dass der Senat in den nächsten Jahren vorrangig in den Wohnungsbau investieren soll. Es folgen der Neubau und die Sanierung von Schulen (30 Prozent), gefolgt von einer besseren Ausrüstung der Polizei (16 Prozent) und der Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur (13 Prozent). Offenbar sind marode Straßen, schlechte Radwege und Engpässe im öffentlichen Nahverkehr für die Berliner derzeit kein so drängendes Problem. Oder die städtische Verkehrslage ist besser als ihr Ruf.

Auffällig ist, dass vor allem die Wähler von SPD, Linken und Grünen ein überdurchschnittlich hohes Interesse an Investitionen in den Wohnungsbau haben. Bei den Schulen sind es zusätzlich die Anhänger der Union. Dagegen fordern insbesondere CDU- und AfD-Sympathisanten mehr Engagement für die innere Sicherheit. Beim Verkehr wiederum liegt das Interesse bei Grünen und FDP-Wählern über dem Durchschnitt.

Verkehrspolitik

Blickt man konkret auf die Verkehrslage, wünschen sich die Berliner vor allem Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr. 43 Prozent der Bürger sind der Meinung, dass in den kommenden Jahren vor allem in diesem Bereich investiert werden soll. 29 Prozent fordern dagegen mehr Geld für den Fahrradverkehr und 17 Prozent für den Autoverkehr.

Auffällig sind die parteipolitischen Unterschiede. Vor allem die Anhänger von CDU (26 Prozent), FDP (32 Prozent) und AfD (42 Prozent) sprechen sich im Gegensatz zu Rot-Rot-Grün-Anhängern überdurchschnittlich für Investitionen in den Autoverkehr aus. Grünen-Anhänger sind wiederum überdurchschnittlich stark für Investitionen in den Fahrradbereich (58 Prozent). Nur 7 Prozent wünschen sich Investitionen für Fußgänger.

Zustand der Schulen

Bessere Bildung liegt den Berlinern besonders am Herzen. Schon bei der Frage, wo am vordringlichsten investiert werden soll, lagen die Schulen weit vorn. Die Frage, wie die Berliner den Zustand der hiesigen Schulen bewerten, gibt Aufschluss darüber, warum viele hier Investitionsbedarf sehen. Denn fast 80 Prozent bewerten den Zustand als schlecht. Konkret: 42 Prozent halten den Zustand für „sehr schlecht“ 37 Prozent finden ihn „eher schlecht“.

Unter den Parteianhängern bewerten die SPD-Sympathisanten die Schulen noch am positivsten. Zwar überwiegt auch hier das Urteil „schlecht“, aber nur 27 Prozent finden den Zustand „sehr schlecht“. CDU- und AfD-Anhänger sehen die Schulen mehrheitlich in „sehr schlechtem“ Zustand.

Auffällig sind bei dieser Frage die Altersunterschiede. Denn vor allem jüngere Berliner bewerten die Schulen etwas positiver als die älteren. In der Altersklasse 18- bis 29-Jährige bewerten nur 29 Prozent die Schulen als „sehr schlecht“.

Innere Sicherheit

Die Berliner fühlen sich in ihrer Stadt insgesamt sicher. 64 Prozent erklärten, dass sie sich in Berlin nicht unsicher fühlten; 45 Prozent davon „eher sicher“ und 19 Prozent „sehr sicher“. Nur 9 Prozent fühlen sich „sehr unsicher“. Gravierende Unterschiede gibt es beim Blick auf die Parteianhänger. Während sich vor allem SPD-Anhänger mit 84 Prozent insgesamt sicher in Berlin fühlen, sind das nur 16 Prozent der AfD-Sympathisanten. Am sichersten mit 89 Prozent fühlen sich die Grünen-Anhänger. Die CDU-Sympathisanten sind recht unentschieden. 53 Prozent fühlen sich sicher, 45 Prozent nicht.

Wohnen im Kiez

Unentschlossen sind die Berliner bei der Frage, wie sich ihr eigener Kiez entwickelt. 38 Prozent sind der Meinung, dass er sich negativ entwickelt, 28 Prozent sehen einen positiven Trend und 28 Prozent glauben, dass er sich gar nicht entwickelt. Dieses Bild zieht sich auch durch die Bewertung der Parteianhänger. Einzige Ausnahme sind die AfD-Sympathisanten. Hier sind 69 Prozent der Meinung, dass sich ihr Kiez negativ entwickelt.

Zukunft des Flughafens Tegel

Eine Mehrheit der Berliner ist für die Offenhaltung des Flughafens Tegel auch nach einer Eröffnung des BER. 59 Prozent stimmen für eine Offenhaltung, nur 33,6 Prozent dagegen. Mehr zu den Tegel-Ergebnissen lesen Sie hier.

Mehr Hintergründe zum "Berlin-Monitor" finden Sie hier. Alle Fragen im Überblick gibt es hier.

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