Saarland-Talk bei "Anne Will": War's das schon mit dem Schulz-Effekt?
Nach der Landtagswahl im Saarland treffen die Polit-Profis bei "Anne Will" aufeinander. Der Wahlkampfmodus bleibt.
Ach, was sehnte man sich am Sonntagabend nach den klassischen Erdogan-Kontroversen, die die Anne-Will-Sendung so zuverlässig auf Touren brachte! Oder die Putin-Streitereien, bei denen die Trolle von Russia-today das Loblied des Potentaten sangen, bis einem übel wurde! Nein, am Sonntag hatte das Saarland gewählt, und das ganz anders, als die Polit-Profis vermutet hatten. Und deshalb wurde es auch phasenweise etwas dröge.
Kein Schulz-Effekt, der die SPD zu ungeahnten Höhen trieb. Nein, wenn Schulz irgendwo wirkte, dann bei der Wahlbeteiligung, die um fast zehn Prozent stieg, und die wiederum der CDU Auftrieb gab. Und dann diskutieren drei ziemlich alerte mittelalterliche Frauen mit einem etwas griesgrämigen, älteren Herren über die Wertung des Wahlergebnisses, und man muss einfach, nicht wegen der Übermacht von 3:1, sondern ganz grundsätzlich sagen: Die Frauen waren besser, der Mann braucht dringend eine Schulung, die ihn weg bringt von einem etwas holzhacker-artigen Argumentationsstil, in dem man bestimmt auch nicht mehr in seiner politischen Heimat, dem Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen, noch jemand hinter dem Stammtisch hervorlockt.
Es bleibt der Wahlkampfmodus
Über wen reden wir? Über Malu Dreyer, sozialdemokratische Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz; über Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag; Katrin Göring-Eckardt, Grüne Fraktionsvorsitzende im Bundestag. Und über Volker Kauder, Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag. Auch noch dabei: Kollege Markus Feldenkirchen vom „Spiegel“, früher auch mal beim Tagesspiegel.
Die Ausgangslage der Debatte ist eigentlich klar. Nicht zum ersten Mal zeigt das Ergebnis einer Landtagswahl, dass es auf die Frau oder den Mann an der Spitze ankommt. Das kann die Sozialdemokratin Malu Dreyer, die ihr Land gut im Griff hat, von der christdemokratischen Kollegin Annegret Kramp-Karrenbauer an der Saar sagen und sich dabei ganz bescheiden auch ein wenig selbst berühmen – jeder versteht das. Und jeder versteht auch , natürlich bis auf Sahra Wagenknecht, dass der SPD an der Saar der Schulz-Effekt abhanden kam, weil sie zu laut von einem rot-roten-Bündnis träumte. Denn, klar, Oskar Lafontaine ist da eine Nummer, immer noch, aber ihn in der Regierung haben? Nein, danke – die deutlich erhöhte Wahlbeteiligung zeigt, man muss dem Volk nur Alternativen bieten und es nicht einlullen, dann wählt es auch.
Sahra Wagenknecht schlug sich wacker, das für ihre Partei nicht ganz befriedigende Wahlergebnis so zu deuten, dass keiner drauf kam, dass die SPD eben wegen der Linken-Perspektive nicht vom Schulz-Wind in die Höhe getragen wurde….
Und Katrin Göring-Eckardt konnte einem schon leid tun, leider gescheitert, aber moralisch natürlich wie immer auf der Siegerstraße. Keiner schmollt so überzeugend wie sie.
Ach ja. Volker Kauder. Er kam aus dem Wahlkampf-Modus nicht raus. War ziemlich klischeehaft, manchmal beleidigt, etwas hölzern, gönnerhaft, rhetorisch den Damen nicht gewachsen und dann auch noch pampig gegenüber dem Spiegel-Mann Feldenkirchen. Der war aber auch wirklich respektlos…
Da die Sendezeit noch nicht um war, gab es noch ein bisschen CDU-CSU-Hickhack, etwas Nato-Nachrüstung und einen Zuschlag aus dem Armutsbericht. Offen gesagt: Ich hab‘ mich bei Anne Will schon besser amüsiert!