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Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke)
© imago images / Christian Ditsch

Lompschers Plan: Der Entwurf zum Mietendeckel ist radikal überzogen

Rot-Rot-Grün verfolgt ein wichtiges Ziel. Aber was Senatorin Lompscher (Linke) zum Mietendeckel vorgelegt hat, birgt etliche Gefahren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Das Beste zuerst. Die konkreten Pläne von Senatorin Lompscher (Linke) für einen Mietendeckel in Berlin sind nur ein Entwurf. Und Entwürfe können verworfen werden. Das wäre ein Glücksfall für Berlin.

Denn die vorgeschlagenen Obergrenzen für Mieten und Verfahrensfragen bergen eine Menge finanzielle und politische Risiken. Immobilienkonzerne und auch Genossenschaften müssen mit erheblichen Einbußen rechnen, die zum Existenzrisiko werden können. Besonders empfindlich dürfte ein Mietendeckel in dieser Radikalität aber den normalen Wohnungseigentümer treffen, der eine Wohnung zur Altersvorsorge gekauft hat und von den Mieteinnahmen seine Rente aufbessern will.

Auch der Wert vieler Immobilien von Privatpersonen könnte sinken, die dafür geleisteten Kredite müssen aber weiter bedient werden. Sanierungsmaßnahmen dürften ebenfalls finanziell riskanter werden, weil die von Lompscher geplanten Zuschläge auf die Miete gering ausfallen.

Für Härtefälle, die es geben wird, sollen künftig die Bezirksämter zuständig sein. So sieht es Lompschers Plan vor. Dort soll auch entschieden werden, ob ein Wohnungseigentümer Eigenbedarf für eine vermietete Wohnung anmelden darf. Wie das von einem Bezirksamt zu leisten sein soll – bis Januar – bleibt rätselhaft. Viele Berliner wären ja schon froh, wenn sie im Bezirksamt nicht zwei Monate auf einen Termin für einen neuen Personalausweis warten müssten.

Absurd auch: Die Lage einer Wohnung soll dem Lompscher-Plan zufolge keine Rolle mehr für die Höhe der Miete spielen. Das dürfte viele Gutverdiener freuen, die in Prenzlauer Berg oder Zehlendorf dann nur noch sechs Euro für den Quadratmeter zahlen müssten.

Mehr Wohnungen, auch das sollte keiner erwarten, wird das Gesetz so nicht bringen. Denn die Bereitschaft in die Hauptstadt zu investieren, dürfte rapide zurückgehen. Auch weil niemand weiß, wie es nach den fünf Jahren, solange soll der Deckel mindestens gelten, weitergeht. Dass Berlin selbst in ausreichendem Maß Wohnungen bauen kann, darf nach dem aktuellen Status-Bericht zum Wohnen ebenfalls bezweifelt werden.

Hintergrund zum Berliner Mietendeckel – alles, was Sie wissen müssen:

Was will Lompscher? Die Opposition sollte sich mit DDR-Vergleichen zurückhalten. Schon deshalb, weil man im real existierenden Sozialismus nicht ohne Weiteres umziehen konnte. Auch war die Situation nahezu überall schlecht. Gute Wohnungen gab es selten und wurden dann oft nur unter der Hand mit Westgeld oder Genossen-Beziehungen weitergereicht. Der Geist aber, den Lompschers Entwurf atmet, ist sehr wohl sozialistisch. Es geht darum, Eigentum unattraktiv zu machen und moralisch zu diskreditieren.

Dabei sind der Grundsatz und die Intention des Mietendeckels, die immens gestiegenen Wohnkosten zu senken und politisch gegenzusteuern richtig. Die Mietpreise sind derart stark gestiegen, ohne dass Löhne da mitgehalten haben, dass es immer schwieriger wird, erschwinglichen Wohnraum zu finden.

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Vor allem Immobilienkonzerne konnten in den vergangenen Jahren kleine Exzesse auf dem Hauptstadt-Markt feiern. Da muss sich jetzt auch keiner wundern, dass der Senat reagiert – und reagieren muss. Auch ist es richtig, Schlupflöcher wie möbilierte Wohnungen, die zu teuren Mieten angeboten werden, zu schließen. Aber der Preis für diese Art der Reaktion ist hoch. Das Augenmaß fehlt.

Nun kann es sein, dass die Senatorin taktiert, indem sie etwas präsentiert, von dem sie weiß, dass es nur Verhandlungsmasse ist. Aber auch das wäre verantwortungslos. Denn es verunsichert Vermieter und weckt falsche Hoffnungen bei Mietern. Damit verspielt sie Vertrauen. Möglich aber auch: Sie meint es ernst.

In jedem Fall ist jetzt der Regierende Bürgermeister gefordert. Michael Müller sollte rasch für Klarheit sorgen. Auch aus Eigeninteresse. Denn wenn die SPD das mitmacht, wird sie auch den letzten bürgerlichen Wähler verlieren. Was Lompscher da auf den Tisch legt, ist radikal – radikal überzogen.

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