Berlin: Olympiabewerbung 2024 oder 2028: Das Rennen um die Spiele ist eröffnet
Soll sich Berlin um die Olympischen Spiele bewerben? Die Politik zögert, will sich aber noch im Juni mit dem Thema befassen. Die Bürger sollen bei den Entscheidung eingebunden werden. Hamburg ist schon deutlich weiter.
Für Hamburg steigen die Brüder Klitschko in den Ring. In Berlin dagegen hat noch kein Prominenter seine Unterstützung für eine Olympiabewerbung erklärt. Selbst Senat und Abgeordnetenhaus sind nicht einig, ob sich Berlin bewerben soll. Auch in diesem Punkt ist Hamburg schon weiter: SPD, CDU, Grüne und FDP haben in der Bürgerschaft gegen die Stimmen der Linken einen gemeinsame Antrag verabschiedet und den Senat darin aufgefordert, eine Studie zu Chancen und Risiken zu erarbeiten. In Berlin ist so ein gemeinsamer Antrag in weiter Ferne. Lediglich der Senat wird sich noch im Juni mit einer möglichen Bewerbung befassen.
„Wir stehen bereit, wenn der deutsche Sport mit Berlin antreten will“, sagte Senatssprecher Richard Meng. „Wir glauben mit Berlin die besseren Chancen zu haben“, sagte Meng an die Adresse von Hamburg gerichtet. Aber es müsse ein Weg gefunden werden, wie sich die Bürgergesellschaft mitengagieren könne.
Sportsenator Frank Henkel (CDU) liegt ein Katalog mit 13 Fragen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vor, der bis zum 31. August beantwortet werden muss. Henkel sagte dem Tagesspiegel schon vor den Winterspielen in Sotschi: „Berlin kann Olympische Spiele. Punkt. Ausrufezeichen. Berlin könnte für neue olympische Bescheidenheit stehen. Es lohnt sich, dieses dicke Brett zu bohren und dazu einen gesellschaftlichen Dialog zu führen.“ Vergangene Woche betonte Henkel in der Plenarsitzung, dass „eine Entscheidung pro Olympia gegen die Berliner Bevölkerung nicht vorstellbar ist“.
Bürger rechtzeitig einbeziehen
Zunächst werden die 13 Fragen beantwortet. Der DOSB will zum Beispiel wissen, warum Berlin die Olympischen und Paralympischen Spiele ausrichten möchte, wie die Bürger davon profitieren würden, wie das olympische Programm in die nachhaltige Stadtentwicklung passe. Eine Frage lautet: „Wie stehen Parlament und Regierung einer möglichen Bewerbung ihrer Stadt gegenüber?“
Die CDU-Fraktion wird in einer guten Woche auf ihrer Klausurtagung in München „die richtigen Schlüsse aus der gescheiterten Olympiabewerbung und der missglückten Bürgerbeteiligung Münchens ziehen“, sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf dem Tagesspiegel. „Wir wollen von vornherein Spiele, hinter denen die Menschen in unserer Stadt stehen. Deshalb streben wir einen Dialog zu einer möglichen Bewerbung in Berlin an.“ Die CDU-Fraktion wolle die Berliner „rechtzeitig, intensiv und klug einbeziehen – von Anfang an“.
Auch SPD-Fraktionschef Raed Saleh will bei der Entscheidungsfindung „die Berliner proaktiv mitnehmen“. München habe gezeigt, wie es nicht gehen dürfe. „Ich kann mir eine Bewerbung ohne Einbindung der Bürger schwer vorstellen“, sagte der SPD-Politiker dem Tagesspiegel. „In welchem Format“ die Bürger mitbestimmen sollten, müsse noch diskutiert werden. Auch innerhalb der SPD gibt es noch keine klare Position für oder gegen eine Bewerbung.
Misstrauen bei Großprojekten ist enorm
In der Opposition sind die Positionen zumindest ein wenig klarer. Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop fordert, dass in der Stadt über eine Bewerbung diskutiert werden müsse. „Die Frage ist auch, was für ein Olympia wir wollen.“ Nach den schlechten Erfahrungen mit Großprojekten wie BER oder Tempelhofer Feld sei das „Misstrauen groß“. Christopher Lauer, Landesvorsitzender der Piraten, findet ein Referendum, für das die Landesverfassung geändert werden müsste, prinzipiell gut. Der parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Steffen Zillich, dagegen bezeichnet eine mögliche Bewerbung als „absurde Veranstaltung“. Berlin „knabbere“ noch an der letzten Bewerbung. Statt 40 bis 60 Millionen Euro für eine Bewerbung auszugeben, sollte man in Schulen, Kitas und Sportstätten investieren.
Diese Kombination von Bewerbung und Investition in Sportstätten hält der Präsident des Landessportbundes, Klaus Böger, für einen wesentlichen Bestandteil einer Bewerbung. „Ein Bewerbungskonzept ist kein Regierungskonzept“, sagte Böger. Der ehemalige SPD-Senator warnte vor einem „Pingpong-Spiel zwischen Regierung und Parlament. Wir brauchen einen dialogischen Prozess.“
Möglicherweise gibt es dafür genug Zeit. „Erst einmal erfragen wir den Ist-Zustand von Berlin und Hamburg“, sagte DOSB-Pressesprecher Christian Klaue. Dann werde entschieden, ob es eine Bewerbung für 2024 oder 2028 geben solle – und mit welcher Stadt. Denn es gibt eine sportliche Konkurrenz: Der Deutsche Fußball-Bund will sich um die Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft 2024 bewerben. Und dass EM und Olympia im selben Jahr und in einem Land Chancen für den Zuschlag haben, halten Experten für wenig wahrscheinlich.