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Teures Haus. Das Wohnen in angesagten Gegenden ist für viele unerschwinglich geworden. Die Mieten und Immoblienpreise steigen nicht nur im Bötzowviertel in Prenzlauer Berg immer weiter.
© Kitty Kleist-Heinrich

Berliner Immobilienmarkt: City der Besserverdienenden

Der neue Marktbericht der Wohnungsunternehmer belegt, dass die Zahl ärmerer Familien am Stadtrand steigt. Betroffen sind vor allem Kinder.

Kinder und Jugendliche aus Haushalten mit geringen Einkommen sind die Verlierer des stark steigenden Drucks am Berliner Wohnungsmarkt. Denn die Zahl der auf öffentliche Mittel angewiesenen „Bedarfsgemeinschaften“ wächst besonders schnell in schlechten Lagen am Rande der Stadt – genau dort leben aber schon heute überdurchschnittlich viele Kinder, die auf öffentliche Zuwendungen angewiesen sind. Vor den Folgen dieser drohenden Ghettoisierung warnen Stadtsoziologen seit Jahren, ohne dass sich an diesem Trend etwas ändert.

Die aktuelle Bestätigung für diese Entwicklung findet sich im neuen „Marktmonitor“ zum Berliner Immobilienmarkt, den der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) jährlich veröffentlicht. Die Studie wertet 900 000 Mietverträge aus, so viele wie keine andere Analyse des Wohnungsmarktes. Und der Bericht hat es in sich: Die Mieten stiegen im vergangenen Jahr mit 2,3 Prozent schneller als zuvor (Vorjahr: 1,9 Prozent), es stehen so wenig Wohnungen leer wie seit dem Jahr 1996 nicht mehr – und weil das Angebot knapp und teuer ist, ziehen immer weniger Berliner innerhalb der Stadt um.

„Die Wanderungen in der Stadt differenzieren den Markt aus“, sagte BBU-Vorstand Maren Kern. Sie warnt deshalb vor „irrationalen Diskussionen“, eine „Verdrängung“ gebe es nicht. Sie lobte den Vorschlag von Rot-Schwarz, einen „Stadtentwicklungsplan Wohnen“ zu erarbeiten, denn es gelte die Entwicklung zu beobachten und notfalls gegenzusteuern.

Der Bericht zeigt besorgniserregende Entwicklungen: In den Stadtteilen mit Coolness-Faktor wie Prenzlauer Berg, Friedrichshain-Kreuzberg oder Nord-Neukölln geht die Zahl der Empfänger von Arbeitslosengeld II zwar zurück, aber die Mieten steigen dort stark. Dafür wohnen immer mehr Menschen, die auf öffentliche Hilfen angewiesen sind, am Stadtrand: in Siemensstadt, Charlottenburg-Nord, Wedding und Reinickendorf. Dort gibt es Großsiedlungen und soziale Brennpunkte wie die Köllnische Heide oder das Märkische Viertel. Und die neu zuziehenden Bedarfsgemeinschaften verschärfen die Lage dort, wo die Kinderarmut ohnehin schon weit verbreitet ist.

Die Mieten sind in den letzten Jahren drastisch gestiegen

Das ist die Kehrseite der aufs ganze Land betrachtet positiven Entwicklung: Denn die Zahl der Bedarfsgemeinschaften geht abseits der Problemquartiere zurück (-0,8 Prozent) und Kaltmieten von im Durchschnitt 4,92 Euro je Quadratmeter und Monat (ohne Nebenkosten) sind im Vergleich zu anderen Großstädten moderat. Dies gilt laut BBU auch für die finanzielle Belastung Berliner Haushalte durch das Wohnen: Zwölf Prozent ihres Einkommens geben die Haushalte im Durchschnitt für ihre Wohnung aus, in Hamburg sind es 19 Prozent. Der BBU bezieht sich auf Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung.

„Das ist Schönfärberei“, sagte der Chef des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. Die einzig verlässliche Berechnung der finanziellen Belastung Berliner Haushalte durch die Wohnungsmieten habe der offizielle Mikrozensus vor fünf Jahren vorgelegt. Schon damals habe die Mietbelastung bei 28 Prozent im Durchschnitt gelegen – ebenso viel wie in Hamburg. Seither seien die Mieten drastisch gestiegen, die Einkommen nur moderat – die Belastung sei also deutlich gestiegen. Im kommenden Jahr erscheint ein neuer Mikrozensus.

Wild zufolge müssen viele Berliner mit kleinen Einkommen an den Stadtrand ziehen, wenn sich die Größe ihres Haushaltes verändert. Denn wer einen bestehenden Mietvertrag auflöse, finde keine bezahlbaren Alternativen. Die teuersten Mieten gibt es laut BBU in Charlottenburg-Wilmersdorf (5,35 Euro/qm), Steglitz-Zehlendorf (5,27 Euro/qm) und Friedrichshain-Kreuzberg (5,13 Euro/qm). Bei neuen Verträgen sind die Mieten am höchsten in Charlottenburg-Wilmersdorf (6,21 Euro/qm) und Friedrichshain-Kreuzberg (6 Euro/qm). Die BBU-Mieten liegen unterhalb des Mietspiegels, weil viele Mitglieder landeseigene Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften sind.

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