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Überwiegend einfache (gelb), mittlere (orange) und gute Wohlagen (rot). Wohnlagen ohne betroffenen Wohnraum sind weiß.
© Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

Neuer Senatsbericht: Mietpreissteigerungen erreichen Rekordwerte

In den vergangenen zwei Jahren sind die Mieten in Berlin jeweils um vier Prozent gestiegen - so stark wie seit zehn Jahren nicht. Bei der Vorstellung des Mietspiegels konterte Senatorin Junge-Reyer Kritik mit dem Verweis auf München.

Die Mieten im Berliner Wohnungsbestand steigen mit vier Prozent jährlich so schnell wie seit zehn Jahren nicht mehr – und das mobilisiert die Protestbewegung. Gleich zwei Mal wurde die Vorstellung des neuen Mietspiegels 2011 durch die Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer (SPD) unterbrochen, weil zwei Dutzend junge Leute die Räume der Senatsverwaltung stürmten. In roten Kapuzenpullis, weiße Masken vorm Gesicht protestierten sie gegen den „Mieterhöhungsspiegel“. Der Wohnungsmarkt sei ein „Spielpatz für Reiche, und der Senat spielt mit“, erklärten die „Überflüssigen“, wie sie sich selbst nennen, verteilten Protestnoten, verstreuten Konfetti und verschwanden wieder. Junge-Reyer trug es mit Fassung: „Mir wäre es lieber gewesen, die jungen Leute wären ohne Masken gekommen“, sagte sie. So sollte es kurze Zeit später noch kommen, als die „Selbstorganisation der Mieter“ in die Presseveranstaltung einfielen, um gegen die „extremen Mietsteigerungen“ zu protestieren.

Die drastisch steigenden Mieten in Berlin entwickeln sich zu einem der wichtigsten Wahlkampfthemen. Denn der neue Mietspiegel zeigt: Der Berliner Wohnungsmarkt ist angespannt wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die Preise stiegen in den vergangenen zwei Jahren um vier Prozent jährlich. Das ist vier Mal so schnell wie beim vergangenen Mietspiegel aus dem Jahr 2009 (plus 0,8 Prozent). Der Mittelwert des neuen Mietpiegels beträgt 5,21 Euro je Quadratmeter und Monat. Die Kosten für den Betrieb des Hauses und die Heizung kommen noch hinzu. Junge-Reyer spricht trotz des Sprungs nach oben von einer „linearen Erhöhung über zehn Jahre“.

Wie Junge-Reyer weiter betonte, gebe es weiterhin einen großen Bestand an leer stehenden Wohnungen. Deshalb bestehe kein Wohnungsmangel. Auch „bleibt Berlin die preiswerteste Großstadt in Deutschland“. Auch Zum Vergleich verwies sie auf die deutlich höheren Mieten in München (9,79 Euro) und Hamburg (6,76 Euro; Mietspiegel 2009). Was sie nicht sagte: In München sind die Mieten im neusten Mietspiegel wieder zurückgegangen, von 9,89 Euro je Quadratmeter auf 9,79 Euro. Für Hamburg liegt der aktuelle Mietspiegel noch nicht vor. Während sich also die Mieten in Berlin rasant nach oben entwickeln, scheint zumindest für München der Höhepunkt der Entwicklung erreicht zu sein.

Der Mietspiegel gibt außerdem nur Durchschnittswerte aus dem vermieteten Bestand der Berliner Wohnungen wieder. Für frei stehende, zu vermietende Wohnungen werden deutlich höhere Mieten verlangt als diese Durchschnittswerte anzeigen.

Für die Verfasser der Studie „befindet sich Berlin in einer Aufschwungphase und das lässt sich am Mietspiegel ablesen“. Wohnungsmarkt-Experten machen die stark zunehmende Zahl der Haushalte in der Stadt und die dadurch stark wachsende Nachfrage nach Wohnungen für den Mietenanstieg verantwortlich. Sie regen Förderungen für den Bau günstiger Wohnungen an und halten doppelt so vielen Neubauten wie zurzeit (jährlich etwa 4000 Wohnungen) für erforderlich, um den Mietenanstieg zu bremsen. Doch einem neuen sozialen Wohnungsbau erteilt die Bausenatorin eine klare Absage.

„Nahezu flächendeckend steigen die Mieten erheblich an“, sagte der Chef des Berliner Mietervereins Reiner Wild. Mit fast elf Prozent seien die Nettokaltmieten in guten Wohnlagen besonders stark angezogen. Das selbe gilt für große Wohnungen mit mehr als 90 Quadratmetern, hier überstieg das Plus mit 9,3 Prozent den Durchschnittswert.

Mehr als die Durchschnittsmieten kosten auch die rund 60 000 Neubauwohnungen: sieben Euro je Quadratmeter und Monat. Auch die im Westteil der Stadt in den 70er und 80er Jahren errichteten etwa 32 000 Wohnungen liegen mit 6,64 Euro je Quadratmeter und Monat über dem Mittelwert. Besonders stark gestiegen sind auch die Mieten in Altbauten, deren Miete in der Stadt aber mit 5,04 Euro immer noch unterhalb des Durchschnittswertes für ganz Berlin liegt (5,21 Euro).

Rund 100 000 Wohnungen sind in Berlin auch noch für weniger als vier Euro je Quadratmeter und Monat vermietet: Deren Bewohner hatten sie mit Bad und Sammelheizung übernommen. Deutlich langsamer als im Durchschnitt der Stadt steigen die Mieten für Wohnungen, die zu DDR-Zeiten zwischen 1973 und 1990 errichtet wurden: um 2,3 Prozent jährlich. Einen leichten Rückgang gab es ausschließlich bei Wohnungen, die im Westteil der Stadt zwischen 1984 und 1990 gebaut wurden. Dies ist die einzige Kategorie von Wohnungen, bei denen die Miete nachgegeben haben. Die Gutachter betonen, dass deren Preise ohnehin schon deutlich über dem Durchschnittswert liegen.

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