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Faule Immobiliengeschäfte: Braun muss vor den Rechtsausschuss

In der Kanzlei des neuen Verbraucherschutzsenators wurden angeblich dubiose Immobiliengeschäfte abgewickelt. Die Opposition verlangt Aufklärung. Doch es dürfte schwierig werden, dem CDU-Politiker ein Fehlverhalten nachzuweisen.

Dem neuen Justizsenator Michael Braun dürfte der erste Auftritt vor dem Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses nicht ganz leicht fallen: Wenn der CDU-Politiker am Mittwoch mit den Parlamentariern zusammenkommt, soll es auch um Vorwürfe gegen den Notar Michael Braun gehen, die seinen Amtsantritt überschattet haben. Der Grünen-Rechtspolitiker Dirk Behrendt hat für die Sitzung des Ausschusses den Tagesordnungspunkt „Michael Braun und der Vertrieb von Schrottimmobilien“ beantragt.

Braun war kaum zum Senator für Justiz und Verbraucherschutz ernannt, da hatten Verbraucherschützer ihm vorgeworfen, als Notar den Verkauf sogenannter Schrottimmobilien beurkundet zu haben. Über den Vertrieb solcher Immobilien war in jüngerer Zeit immer wieder berichtet worden: Dabei werden arglose, manchmal auch naive Leute telefonisch in ein Gespräch über Einkünfte und Steuersparmodelle verwickelt und wenig später mit einem Wohnungskaufangebot konfrontiert, das ihnen erhebliche Steuereinsparungen möglich machen soll. Das Geschäft muss dann, so berichteten es Kunden solcher Immobilienhändler, möglichst rasch beim Notar abgewickelt werden. Die Staatsanwaltschaft prüft ihrem Sprecher Martin Steltner zufolge derzeit in einem großen Verfahren, ob sich Mitarbeiter von Banken und auch Notare bei solchen Immobilienverkäufen strafbar gemacht haben. Ob sich Brauns Name darunter befindet, ist allerdings unbekannt.

Der Anlegerschutz-Anwalt Jochen Resch, zugleich Vorsitzender der Brandenburger Verbraucherschutzzentrale, hatte behauptet, der Verbraucherschutzsenator gehöre zu den Notaren, die an dubiosen Immobilienverkäufen mitwirkten. Diese Notare werden, weil sie zu außergewöhnlichen Tageszeiten zur Verfügung stehen, „Mitternachtsnotare“ genannt. In Brauns Kanzlei am Kurfürstendamm, die er mit dem CDU-Parteifreund Uwe Lehmann-Brauns teilt, seien 40 solcher Verfahren abgewickelt worden.

Braun bestreitet die Vorwürfe rigoros. Noch am Freitag hatte er die Notarkammer gebeten, die Vorwürfe zu prüfen. Deren Präsidentin Elke Holthausen-Dux erklärte auf zwei Seiten, die Kammer habe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Braun seine Notarpflichten vernachlässigt hätte: „Uns liegen weder Beschwerden von Urkundsbeteiligten vor, die ,über den Tisch gezogen wurden‘, noch Kostenbeschwerden, in denen Sie verpflichtet worden wären, Ihre Kostenrechnung ... niederzuschlagen noch Mitteilungen in Zivilsachen, in denen Ersatzansprüche wegen der Verletzung von Amtspflichten gegen Sie geltend gemacht worden wären.“ Im Klartext: Kein Käufer einer sogenannten Schrottimmobilie habe versucht, Braun zu belangen, oder sich bei der Standesorganisation über ihn beklagt. Braun sagt, in den 15 Jahren seiner Amtszeit als Notar habe es ein einziges Mal Streit um eine Gebühr gegeben. Es sei nie jemand gegen ihn vorgegangen.

Erledigt ist die Angelegenheit indes noch nicht, auch wenn CDU-Landeschef Frank Henkel sagt: „Er hat mein Vertrauen.“ Parteifreunde fürchten, dass Brauns Glaubwürdigkeit als Senator für Verbraucherschutz beschädigt ist. Ohnehin hätten viele Menschen bei der Abwicklung großer Geschäfte von den beteiligten Notaren nicht den günstigsten Eindruck gehabt. Immobilienkäufer sagen, sie seien in der Wahl des Notars nicht frei gewesen – oder der Notar habe sich für das zu beurkundende Geschäft nicht wirklich interessiert. Notarkammerpräsidentin Holthausen-Dux erinnert in ihrem Schreiben daran, der Notar solle „die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren, Irrtümer und Zweifel vermeiden und darauf achten, dass unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden.“ Die Notarkammer habe keinen Grund anzunehmen, dass Braun seinen Pflichten nicht nachgekommen sei.

Nicht zuletzt wegen der offenbar weiten Kreise, die der Handel mit minderwertigen Immobilien gezogen hat, gibt es unter Notaren eine Diskussion über die Art und Weise, wie das Amt auszuüben ist. Man fragt sich, wie es zu verhindern ist, dass Notare Geschäfte beurkunden, die eindeutig zum Nachteil „intellektuell unterlegener“ Beteiligter sind, wie es in einem Papier einer bayrischen Notarorganisation heißt. Das Problem ist ungelöst. In dem Schreiben der Berliner Notarkammer an Braun heißt es, er würde sogar gegen die „Ihnen auferlegte Neutralitätspflicht (...) verstoßen, wenn Sie beispielsweise einer Partei sagten, dass sich das Geschäft Ihres Erachtens nicht lohne.“

Werner van Bebber

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