Immobiliengeschäfte belasten neuen Senator: Braun: Notarkammer bescheinigt korrektes Verhalten
Als Notar soll Michael Braun dubiose Kaufverträge beurkundet haben. Jetzt hat die Notarkammer den neuen Verbraucherschutzsenator entlastet. Das behauptet zumindest Braun selbst.
Michael Braun ist nur einen Tag als Senator für Justiz und Verbraucherschutz im Amt, schon wird der CDU-Politiker aus Steglitz-Zehlendorf mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert. Der Rechtsanwalt und Notar soll in seiner Kanzlei am Kurfürstendamm Kaufverträge für Immobilien beurkundet haben, bei denen es sich nach Auffassung von Verbraucherschützern um überteuerte „Schrottimmobilien“ handelt. Anlegerschutz-Anwalt Jochen Resch, zugleich Vorsitzender der Brandenburger Verbraucherzentrale, sind 40 Fälle aus der Kanzlei von Braun und seinem Kollegen, dem CDU-Abgeordneten Uwe Lehmann-Brauns, bekannt. Jürgen Blache, Vorstand der Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger, spricht sogar von 200 Fällen. Braun erklärte am Freitagabend, die Notarkammer habe ihm bescheinigt, korrekt gehandelt zu haben. Zuvor hatte er am Freitag die Notarkammer gebeten, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe „zu überprüfen und zu bewerten“.
Das Geschäft mit wertlosen Eigentumswohnungen ist äußerst lukrativ und läuft nach immergleichem Muster ab. Während eines sogenannten „Cold Calls“ versucht der Anrufer, oft getarnt als Meinungsumfrage, bei dem potenziellen Opfer gezielt den finanziellen Hintergrund und die Steuerlast zu erkunden. Anschließend folgt ein weiterer Anruf, in dem individuell zugeschnittene Steuererleichterungen oder Steuersparmodelle angeboten werden. Die Vermittler laden zu einem ersten persönlichen Beratungsgespräch ein. Bei einem zweiten Treffen muss alles plötzlich schnell gehen: Es wird eine einzigartige Gelegenheit suggeriert – der Kauf einer Eigentumswohnung. Dann geht es kurzfristig zum Notar, auch spätabends. Der Notar liest das Kaufangebot vor, das in der Regel sofort unterzeichnet und notariell beglaubigt wird. Dass sich der Käufer damit zwingend bindet, wird ihm oft erst später klar.
900 Notare gibt es in Berlin, Resch und Blache schätzen, dass zehn bis zwölf Notare in solche Geschäfte involviert sind. Andreas Krahl, Geschäftsführer der Notarkammer, sagt, er kenne keine Zahl von Notaren, die „Nacht- und Nebel-Beurkundungen“ machten. Der Notar könne natürlich die Beurkundung ablehnen, sollte er erkennen, dass der Käufer überrumpelt werde. Der Notar solle darauf „hinwirken“, dass der Käufer versteht, was er unterzeichnet. Wie das „Hinwirken“ auszusehen hat, ist nicht weiter festgelegt.
Die Firma Swiss Kontor ist eine auf Immobilien spezialisierte Vertriebsorganisation. Die Stiftung Warentest warnte bereits vor deren Geschäftsgebaren. In einem Prospekt der Swiss Kontor, der dem Tagesspiegel vorliegt, werden auch Kooperationspartner genannt, darunter das „Notariat Dr. Uwe Lehmann-Brauns“. Lehmann-Brauns spricht auf Anfrage von einer „Kampagne. Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Das sind Scheinbeschuldigungen. Wir haben einen guten Ruf, den lassen wir uns nicht kaputtmachen.“ Michael Braun wies in einer schriftlichen Erklärung die „Anwürfe, ich hätte bei meinem notariellen Amtshandeln bewusst und rechtswidrig Verbraucherinteressen missachtet“, als unrichtig zurück.
Anwalt Resch sagt, dass die Szene mit den dubiosen Immobiliengeschäften bekannt sei. Und er fragt: „Ist Braun der richtige Verbrauchersenator, wenn ihm das offenbar nicht bekannt ist?“ Grünen-Rechtspolitiker Dirk Behrendt fordert Aufklärung, ob Braun „von den Betrügereien wusste oder sich pflichtwidrig verhalten hat“. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, „würde die bloße Mitwirkung von Herrn Braun am Vertrieb einen langen Schatten auf seinen Start als Senator werfen“.
Sabine Beikler