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Neuer Zuschnitt: Blick auf den Ortsteil Stolpe der Stadt Angermünde im Landkreis Uckermark.
© Imago

Umstrittene Kreisgebietsreform: Brandenburgs Karte wird neu gemischt

Aus 18 Brandenburger Landkreisen sollen zehn werden: Nun werden Unterschriften gegen die Kreisreform gesammelt.

In Brandenburg formiert sich der Widerstand gegen die geplante Kreisgebietsreform. Seit Dienstag werden Unterschriften gegen das größte Projekt der rot-roten Regierung in dieser Legislaturperiode gesammelt. Man werde notfalls „bis zum Volksentscheid gehen, um diesen Unsinn zu stoppen“, sagte Hans Lange, der frühere Prignitzer CDU-Landrat, am Dienstag. Er ist der Chef der Volksinitiative „Kreisreform stoppen“, die von der CDU-Opposition, den Freien Wählern und den nicht mehr im Landtag vertretenen Liberalen getragen wird. An der symbolischen Erstunterzeichnung beteiligte sich auch die AfD-Landtagsfraktion. Auch der Ort hatte Symbolik – die Bittschriftenlinde am Potsdamer Stadtschloss, an der einst Petitionen an Preußenkönige übergeben wurden.

DER PLAN

Die von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geführte rot-rote Regierung hat sich einen umfassenden Umbau der gesamten Verwaltung Brandenburgs vorgenommen, was ähnlich umstritten ist wie einst die Berliner Bezirksreform. Im Land gibt es aktuell vierzehn Landkreise und vier kreisfreie Städte, nämlich Potsdam, Brandenburg an der Havel, Frankfurt/Oder und Cottbus. Mit dem Neuzuschnitt soll es künftig statt achtzehn nur noch zehn Gebietskörperschaften geben, nämlich neun große Regionalkreise und die Landeshauptstadt Potsdam als einzige kreisfreie Stadt. Ein neuer Großkreis wäre etwa Barnim-Uckermark, der vom Berliner Stadtrand bis nach Nordosten an die mecklenburgische Grenze reichen würde. Cottbus, Brandenburg an der Havel und Frankfurt/Oder sollen ihre Eigenständigkeit verlieren. Im Süden sollen drei Kreise und Cottbus zu einem einem einzigen Lausitz-Kreis fusionieren, der größer als das Saarland wäre. In der Flughafenregion sollen die Kreise Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming verschmelzen.

DIE BEGRÜNDUNG

Die heutigen Kreisgrenzen stammen aus dem Jahr 1993. Als Hauptargument für die Straffung der Strukturen wird der demografische Wandel angeführt, mit dem vor allem die berlinfernen Regionen Einwohner verlieren. Nach den Bevölkerungsprognosen werden 2030 acht der achtzehn bisherigen Gebietskörperschaften weniger als 150 000 Einwohner haben, den bisherigen Einwohner-Richtwert für Kreise. Die Prignitz hat aktuell nur noch 77 000 Einwohner. Nach den Plänen sollen die Regionalkreise 2030 in der Regel mindestens 175 000 Einwohner haben, wobei wenige Ausnahmen zulässig wären. Innenminister Karl Heinz Schröter (SPD) verweist regelmäßig darauf, dass Mindestgrößen nötig seien, damit es genügend Fälle zur Bearbeitung – etwa in Baubehörden – gibt und sich angesichts des Fachkräftemangels dafür auch Spezialisten finden. Um das alles zu gewährleisten, sollen 22 bisherige Aufgaben von Landesbehörden – Denkmalschutz, Naturschutz/Forst, Soziales – auf die Kreise übertragen werden. Über eine Kreisgebietsreform wird bereits seit der Jahrtausendwende diskutiert. Eine Enquete-Kommission des Landtages kam in der vergangenen Wahlperiode zum Ergebnis, dass die Reform nötig ist.

DAS CONTRA

Die Gegner der Reform warnen vor Verlust an Bürgernähe, vor künftig längeren Wegen zu Kreisverwaltungen und in die Kreistage, was auch ehrenamtliches Engagement erschwere. Die Städte Brandenburg, Cottbus und Frankfurt an der Oder fürchten einen Bedeutungsverlust, wenn sie den Status der Kreisfreiheit verlieren und danach von Kreistagsentscheidungen abhängen. Chef-Initiator Lange warf der Regierung zudem Missmanagement bei der Reform vor, weil mit dem Neuzuschnitt der Kreise begonnen werde. „Der Amtsschimmel wird von hinten aufgezäumt“, sagte Lange. „Eigentlich gilt der Grundsatz: Erst wird die Aufgabe definiert, dann folgt die Organisation.“ Und der Frankfurter Oberbürgermeister Manfred Wilke (parteilos) warnte, dass die Strukturen mit den Plänen „anonymer“ werden. CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben sagte, mit der Kreisreform werde „alles geopfert, was wir in 26 Jahren in Brandenburg aufgebaut haben“. Differenziert sehen die Grünen, ebenfalls in der Opposition, die Pläne: Sie lehnen den Lausitz-Kreis und den Flughafenkreis ab. Es drohe nicht der Untergang des Abendlandes, sagte Fraktionschef Axel Vogel. Er bedauerte, dass die Gegner von Beginn an alles auf einen Volksentscheid ausrichten.

DIE ZEITPLÄNE

Rot-Rot will im nächsten Jahr die erforderlichen Gesetze durch den Landtag bringen, damit die Reform zur Kommunalwahl 2019 – wenige Monate vor der Landtagswahl – in Kraft treten kann. Die Volksinitiative der Gegner wiederum setzt darauf, dass 2018 zeitlich zur Bundestagswahl die Brandenburger in einem Volksentscheid die Reform kippen. Vorher müssten allerdings 80 000 Unterschriften in einem Volksbegehren gesammelt werden. Und womöglich das letzte Wort hat das Landesverfassungsgericht. Klagen sind angekündigt.

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