Berlin-Charlottenburg: Und noch immer kein Kompromiss für die Ku'dammbühnen
Die Berliner CDU-Fraktion will die Ku'damm-Bühnen so lassen, wie sie sind. Das passt aber nicht zu den Neubauplänen der Investoren für das Ku'damm-Karree.
Die jüngste Auseinandersetzung um die Ku'damm-Bühnen ging am Montagabend schon los, bevor die Podiumsdiskussion der Berliner CDU-Fraktion begonnen hatte. Martin Woelffer, Intendant der Komödie und des Theaters am Kurfürstendamm, dementierte eine Einigung mit den Investoren, die den Umbau des Ku'damm-Karree planen. Kurz zuvor hatte der Miteigentümer Cells Bauwelt für den 3. Mai zur Pressekonferenz eingeladen, um das „grundlegend überarbeitete und weiterentwickelte gemeinsame Konzept“ vorzustellen. Dieses sei „in zwei intensiven Workshops“ mit Woelffer, dem Architektenbüro Kleihues + Kleihues und Spezialisten für Theaterprojekte erarbeitet worden.
Der Intendant dementiert im Foyer
Im Foyer der Komödie am Kurfürstendamm wurde daraufhin eine Erklärung Woelffers verteilt, wonach es „weder Verträge noch Vereinbarungen mit dem Investor“ gibt. „Diese aber wären selbstverständlich dringend notwendig, um ein gemeinsames Vorgehen zu beschließen.“ Außerdem laufe noch immer die Räumungsklage gegen die Bühnen, darüber werde am 31. Mai vor dem Landgericht verhandelt. Der Pressekonferenz will der Intendant fernbleiben.
Also gab es noch genügend Streitthemen für die anschließende CDU-Diskussion unter dem Titel „Kurfürstendammbühnen vor dem Abriss? Rettungsmöglichkeiten diskutieren!“ . Den Umzug der Boulevardtheater in einen neuen, unterirdischen Theatersaal mit einem Foyer darüber lehnte der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Uwe Lehmann-Brauns, erneut ab – wie schon im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Darüber hinaus sah er die „Gefahr, dass das aktuelle Bauvorhaben wirtschaftlich misslingt“. Die Chancen einer neuen Einkaufspassage seien fraglich. Schließlich planten andere Investoren in der Nähe, bei Karstadt am Kurfürstendamm, das Shoppingcenter „Mall of Ku'damm“. Und das Einkaufszentrum „Bikini Berlin“ am Zoo laufe wohl nicht besonders gut.
Scheitere die Umgestaltung des Ku'damm-Karrees, wäre damit auch das Ende der Ku'damm-Bühnen besiegelt, sagte Lehmann-Brauns. Das wiederum würde „nicht nur einen Kulturverlust, sondern auch einen Urbanitätsverlust“ bedeuten und „gegen das öffentliche Interesse Berlins“ verstoßen. Die Theater trügen maßgeblich dazu bei, dass der Ku'damm nach dem Ladenschluss nicht verwaise.
So sah es auch der Generaldirektor der Stiftung Oper und Vorsitzende des Deutschen Bühnenvereins in Berlin, Georg Vierthaler. Er lobte außerdem, dass Martin Woelffer die Theater in dritter Generation betreibe; die Familie habe viel „Herzblut“ in den Betrieb gesteckt.
Überraschungsgast Rolf Hochhuth kritisiert den Senat
Scharfe Worte wählte der Dramatiker und Schriftsteller Rolf Hochhuth, der überraschend an der Diskussion teilnahm. Sein Schauspiel „Der Stellvertreter“ war 1963 unter Intendant Erwin Piscator im Theater am Kurfürstendamm uraufgeführt worden; später zeigte Martin Woelffers Großvater Hans dort Hochhuths „Die Hebamme“. Auf dem Podium sprach der 85-jährige Hochhuth von einer „Vernichtung der wie durch ein Wunder in Hitlers Krieg verschonten Bühnen“. Der Senat habe sie „für einen Judaslohn“ preisgegeben. Damit meinte Hochhuth eine bereits Ende der 1990er Jahre aufgehobene Nutzungsbindung für die Ku'damm-Bühnen.
Acht Millionen D-Mark habe das Land Berlin damals kassiert, kritisierte die Vorsitzende des Vereins „Rettet die Ku'damm-Bühnen“ und ehemalige Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig.
Die vom berühmten Theaterarchitekten Oskar Kaufmann gestalteten Säle „gehören längst unter Denkmalschutz“, fanden alle auf dem Podium. Rolf Hochhuth fügte Kritik an Landeskonservator Jörg Haspel hinzu: Dieser habe nichts getan, um die Bühnen unter Schutz zu stellen, und sich bei diesem Thema als „Flasche“ erwiesen.
Denkmalschutz allein könne die Bühnen aber nicht retten, betonte Intendant Woelffer. Wie man an den früheren Ku'damm-Kinos sehe, in denen jetzt Modeketten verkaufen, wäre es nur ein Gebäudeschutz. Wenn der Senat die Bühnen retten wolle, müsse er sich in die Verhandlungen einschalten.
Der Moderator des Abends, Stefan Schlede (CDU), hatte im Kulturausschuss eine Aufstockung der Zuschüsse vorgeschlagen: von 230.000 Euro in den vorigen drei Jahren auf die 2,1 Millionen Euro, die auch das Charlottenburger Renaissance-Theater erhält. Bisher kann Woelffer davon nur träumen. Er befürchtet eine sehr hohe Miete in der Toplage am Ku'damm – selbst bei einer Rettung der alten Säle.