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Auf der Strecke sollen auch Ladestationen für E-Bikes entstehen.
© Simulation: CDU Steglitz-Zehlendorf/Staubach + Kuckertz Architekten

CDU und Radverkehr in Berlin: Radschnellweg wird Stammbahn wiederbeleben

Die Politik diskutiert über Radschnellwege. Hier erklären CDU-Vertreter warum die Strecke nach Zehlendorf wichtig ist - und die Eisenbahn trotzdem kommt.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hat seine Pläne für Radschnellwege vorgestellt - wie unlängst die Südwest-CDU und der Autoclub ADAC. Die Christdemokraten wollen vor allem die so genannte Stammbahn, also Teile der historischen Eisenbahnstrecke zwischen Berlin und Potsdam nutzen -und erklären hier, warum sich Rad- und später Bahnverkehr nicht ausschließen.

Unlängst beschäftigte sich der Tagesspiegel mit dem Dämmerschlaf der Stadtentwicklungsverwaltung in Sachen Radverkehr. Hintergrund war ein neuer Haushaltstitel im Bundesverkehrshaushalt, der explizit die Förderung von Radschnellwegen vorsieht, sofern Autofernstraßen dadurch eine Entlastung erfahren. Machbarkeitsstudien und Potentialanalysen sind stets die Voraussetzung für Geldsegen. Doch für eine schnelle Umsetzung fehlt in der betreffenden Berliner Verwaltung der Mut und Wille.

Dabei liegen die Pläne auf dem Tisch – Millionen vom Bund für Berlin könnten schon im nächsten Jahr abgerufen werden: Nämlich mit dem Bau eines Radschnellweges von Zehlendorf bis zum Potsdamer Platz auf der Stammbahnstrecke. Nur geht das überhaupt? Wir meinen ja! Eine Erklärung.

Die Mutter aller preußischen Eisenbahnen

Die Stammmutter aller Eisenbahnen in Preußen ist 177 Jahre alt. Als Verbindung der preußischen Hauptstadt mit der Residenz Potsdam im Jahre 1838 in Dienst gestellt, entwickelte sich die 26,5 Kilometer lange Trasse bald nach der Mitte des 19. Jahrhunderts zum Rückgrat der Siedlungsentwicklung im Südwesten der heranwachsenden preußisch-deutschen Metropole.

Die mit dem Streckenbau und vor allem danach entstandenen Bahnhöfe alter Dörfer wie Zehlendorf, Steglitz und Lichterfelde wurden zu neuen Zentren und Ausgangspunkten der städtischen Entwicklung. Mit Friedenau entstand sogar ein völlig neuer Stadtteil.

Der Zweite Weltkrieg brachte die Zerstörung

Am Ende des Zweiten Weltkrieges lagen nicht nur die Endpunkte der Strecke in Berlin und Potsdam in Trümmern. Vor allem durch Brückensprengungen am Teltowkanal war auf der Stamm- wie auch auf der Wannseebahn die Verbindung unterbrochen. Während der Wiederaufbau der S-Bahnstrecken bereits 1945 einsetzte, sollte die Stammbahn als Teil der Fernbahnstrecke von Berlin über Potsdam und Magdeburg nach Braunschweig und Hannover nie wieder ihre alte Bedeutung zurückerhalten.

Die Brücke der Stammbahn bei Kohlhasenbrück an der südlichen Stadtgrenze Berlins, die zugleich die damalige Sowjetische Besatzungszone und den Amerikanischen Sektor von Berlin trennte, wurde nicht wieder aufgebaut. Die S-Bahn von Potsdam fuhr nur noch über Grunewald und Charlottenburg ins Zentrum Berlins, ebenso der Fernverkehr.

Nur ein Stummel blieb übrig

Von der zweigleisigen Stammbahn westlich von Zehlendorf blieb nach den Reparationen an die Sowjetunion nur eine eingleisige Stummelstrecke bis zur Stadtgrenze bei Kleinmachnow übrig, die dann elektrifiziert Teil des S-Bahnnetzes wurde. Der Mauerbau im August 1961 unterbrach nicht nur die S-Bahnverbindung nach Potsdam, sondern schnitt am Bahnhof Düppel-Kleinmachnow den Bahnhof von seinen Benutzern ab. Dennoch wurde bis zum S-Bahnstreik 1981 der Verkehr aufrechterhalten.

Im Gegensatz zur Wannseebahn, die nach 1983 zügig wieder in Gang gebracht wurde und der Verbindung nach Potsdam, die man schon 1990 – zunächst noch provisorisch – aufnahm, blieb die Stammbahn mit ihrem vor 1945 dem Fernverkehr vorbehaltenen Bett für ein Doppelgleis weitgehend ungenutzt. Lediglich auf dem Bahnhof Lichterfelde-West findet derzeit noch Güterverkehr statt.

Eingriffe in Verkehrsadern sind heikel

Auch die Berliner Verkehrsgeschichte zeigt: Eingriffe in derart prägende Mobilitätsadern müssen sehr gut begründet werden. Ein Radschnellweg von Zehlendorf zum Potsdamer Platz auf der Stammbahn-Trasse wäre ein solcher Eingriff. Ist der Eingriff aber konzeptionell und finanziell solide, und stößt er bei der Bevölkerung auf positiven Widerhall, so darf man auch von den Anhängern des Status quo erwarten, sich den Mühen der Argumentation zu stellen. Die Berliner und Brandenburger Verkehrsverwaltung – gleichwohl nicht unschuldig am Stammbahn-Desiderat – bemüht zuvorderst aus politischen Gründen den legendären Beamten-Dreisatz Ad 1) Das haben wir immer so gemacht! Ad 2) Das haben wir noch nie so gemacht! Ad 3) Da könnte ja jeder kommen!

Eine Stammgeisterbahn

Dies ist umso bemerkenswerter, als wohl kaum der smarte kreuzungsfreie Radweg als Skandalon gelten kann, sondern, dass ein Vierteljahrhundert nach der Deutschen Einheit wir es immer noch mit einer Stammgeisterbahn zu tun haben. Ein weiteres Argument ist wichtig, weil es die Zukunft im Blick hat: „Nichts ist so dauerhaft wie ein Provisorium!“ lautet die Warnung der Stammbahnfreunde – zu denen wir uns ja auch zählen. Sie haben Angst vor dem möglichen Erfolg des Radweges.

Wenn dieser erst einmal steht und die Menschen sicher vom Stadtrand in die Innenstadt und zurück bringt, die todesmutigen Radfahrer von der B1 entfernt sowie erstmals ein überzeugendes Mobilitätskonzept für Berlin ausweist, dann wäre der alte Borsig vollends museumsreif. Nicht das Utopische macht Angst, vielmehr die Machbarkeit und das Potenzial des Radweges.

Der Wiederaufbau kommt erst in Jahrzehnten

Doch es ist ein Trugschluss zu glauben, dass ohne den Radschnellweg etwas in Richtung Stammbahn geschehen würde! Und von welchen Zeitspannen bis zur Stammbahn-Wiedereröffnung reden wir überhaupt? 15 Jahre? 20 Jahre? Der Sankt Nimmerleinstag? Der Radweg dagegen ist schnell und sicher gebaut. Er wäre auch keine Zwischenlösung („Provisorium“), sondern könne als Definitivum später neben der Trasse und bei der anfälligen Elektrifizierung über die Strecke verlegt werden („Obergeschoss-Lösung“). Der Gegensatz zwischen Stammbahn und Radschnellweg existiert in Wirklichkeit so gar nicht. Im Gegenteil. Unsere These lautet: Das eine wird man ohne das andere nicht bekommen oder anders ausgedrückt: Der Radweg wird die Stammbahn nicht unter sich begraben, sondern wachküssen.

Clemens Escher, Thomas Heilmann, Karl-Georg Wellmann

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