Hundeverbot am Schlachtensee: Neue Anträge fordern eine saisonale Lösung
Die CDU hat sich festgelegt, und die Grünen folgen samt Stadträtin: Im Streit um das Hundeverbot am Schlachtensee soll es eine saisonale Lösung geben. Die Hundebesitzer sagen: Der Kompromiss ist faul.
Der Staatsrechtler Oliver Lepsius ist sein größter Fan, jetzt möchten ihm auch die Bezirkspolitiker in Steglitz-Zehlendorf huldigen: dem Kompromiss. Im Tagesspiegel-Interview sagte Lepsius einmal: "Es ist zutiefst demokratisch, eine Kultur des Kompromisses verständlich zu machen. Wir sprechen in Deutschland oft von 'faulen Kompromissen'. Diese Semantik ist nicht hilfreich. Unter den Bedingungen der Demokratie kommt selten mehr als ein Kompromiss zustande!"
Wir werden hier allerdings noch sehen, dass der "Kompromiss" zurzeit nur ein Thema zwischen den bezirklichen Parteien und den Verwaltungen ist. Der Bürger - kommt hier später ins Spiel.
Jedenfalls haben sich beim Thema Hundeverbot nun klare Vorstellungen ergeben, die offensichtlich auch die Grünen gemeinsam mit ihrer Stadträtin Christa Markl-Vieto zustimmen. In der kommenden Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Mittwoch wird die CDU einen Antrag einbringen, der eine saisonale Lösung favorisiert. Wörtlich heißt es im Antrag: "Hunde dürfen auf dem Uferweg rund um den Schlachtensee und die Krumme Lanke, soweit dieser der bezirklichen Zuständigkeit unterliegt, sowie der zu den Seen hin anschließenden Fläche nicht mitgeführt werden. Ausgenommen ist die Brücke am östlichen Ende der Krummen Lanke nebst kürzester Zuwegung." Dann kommt der entscheidende Satz: "Vom 15.10. bis zum 15.04. dürfen Hunde auf dem Weg Hunde an der Leine mitgeführt werden." In der Begründung wird die Leine noch spezifiziert, "einer bis zu 2 Meter langen Leine".
Damit bleibt sich die CDU im Grundsatz treu, denn schon im Frühjahr 2015 hatte ihr Fraktionsvorsitzender Torsten Hippe im Tagesspiegel-Zehlendorf diesen Vorschlag unterbreitet. Damals sagte Hippe: "Alle Beteiligten sollten über eine saisonale Lösung nachdenken. Ich könnte mir vorstellen, dass von April bis Ende Oktober das generelle Hundeverbot gilt, aber im Winter Hunde angeleint erlaubt sind."
Mittlerweile hat das Verwaltungsgericht die radikale Version des Hundeverbots bekanntlich gekippt, wie berichtet konnte sich die Grünen-Stadträtin Christa Markl-Vieto sowie die beteiligte Senatsverwaltung für Umwelt mit einem generellen Hundeverbot nicht durchsetzen. Das Gericht mochte der Argumentation, der Uferweg sei auch eine Badestelle, nicht folgen.
Auch die Grünen im Bezirk, die mit der CDU eine Zählgemeinschaft bilden, haben sich nun mit einer solchen Lösung angefreundet, obwohl die eigene Stadträtin im Dezember noch im Tagesspiegel sagte: "Aber ich sage klar: Eine saisonale Lösung, wie es die CDU will, halte ich für unglücklich. Entweder etwas ist verboten oder eben nicht. Stattdessen müssen die Bezirke vom Senat endlich per Gesetz in die Lage versetzt werden, Verbotszonen auszuweisen."
Die Fraktionschefin der Grünen, Maren Schellenberg, sagt nun zum Antrag der CDU: "Er geht aus Sicht der Grünen-Fraktion in die richtige Richtung."
Der einzige Unterschied ist der Zeitraum: Die Grünen wollen, dass das Verbot schon Mitte März nicht erst Mitte April in Kraft tritt. Sowohl CDU als auch Grüne fordern das Bezirksamt zudem auf, "eine analoge Regelung für die nördliche Seite des Ufers" zu finden, denn dort ist nicht der Bezirk, sondern das Land zuständig. In einer eigenen Presseerklärung sprechen die Grünen nun selbst von einer "Kompromisslösung, die den Wünschen tausender Erholungssuchender... ohne Hunde und ihren Erfahrungen im letzten Sommer ebenso gerecht wird wie auch den Interessen der Hundebesitzer".
Bis zum Urteil des Verwaltungsgerichts hatte Markl-Vieto Kompromisse immer abgelehnt. Uwe Köhne, Co-Fraktionschef der Grünen, erklärt zur rechtlichen Bewertung: "Die rechtliche Grundlage für die neue Regelung auf der bezirklichen Park-Seite bietet das Grünanlagengesetz. Auf der Waldseite sollte der Senat bald analoge Regelungen finden."
Die SPD im Bezirk hat sich noch kein abschließendes Urteil zum Antrag gebildet, man kann aber davon ausgehen, dass auch die Sozialdemokraten einem Kompromiss zustimmen werden. Aus Sicht der SPD gehe es aber nicht nur um die Hunde, sondern um alle Interessensgruppen. Deshalb werde man im Februar ein "Konzept zum Schutz und zur Weiterentwicklung der Seenlandschaft im Grunewald" vorlegen. Vermutlich wird der Antrag zudem zunächst in den Umweltausschuss wandern, dann wird an einzelnen Formulierungen gefeilt werden.
Wie sagte Torsten Hippe im April 2015 im Tagesspiegel-Zehlendorf: "Wir schulden den Leuten eine gute Lösung." Dazu gehöre nicht nur der Kompromiss, sondern auch, dass das Verbot "auch eingehalten und kontrolliert" werde.
Mal sehen, wie sich die Hundebesitzer zum angedachten Kompromiss verhalten.
Einer der Vertreter der Hundebesitzer ist Frank Kuehn, er hat mit seinen Mitstreitern das Urteil des Verwaltungsgerichts erwirkt. Danach hat es immer wieder Kontakt zwischen den Konfliktparteien gegeben. Kuehn hat nach eigener Darstellung sowohl der Senatsverwaltung als auch dem Bezirksamt seine Kompromissvorschläge unterbreitet. Sie lauten für eine Pilotphase von mindestens einem Jahr: "Freiwilliger Verzicht der Hundehalter in der Badesaison an die Seen einschließlich Uferwege zu gehen. (Bei mindestens zwei Trinkstellen pro See für Hunde). Freiwillige Rücknahme der Verkleinerung des Hundeauslaufgebietes auf der Waldseite durch den Berliner Senat außerhalb der Badesaison (Also freier Auslauf auf der Waldseite außerhalb der Badesaison)."
Allerdings wird es keine Gespräche über diese Vorschläge geben, denn, schreibt Frank Kuehn in seinem Rundbrief an die eigenen Mitglieder: "Am 7. Januar 2016 hat mir Frau Markl-Vieto (verantwortlich für die Südseite der Seen) telefonisch mitgeteilt, dass die beteiligten Abteilungen des BA Steglitz-Zehlendorf kein Interesse an Gesprächen zu einer gemeinsamen Lösung mit uns haben und man eigene Vorschläge in die BVV einbringen werde."
Auch Staatssekretär Christian Gaebler (verantwortlich für die Waldseite) habe ihm per Mail mitteilen lassen, dass sein Ansatz nicht in Betracht komme. Kuehn kommt deshalb zu dem Schluss: "Ich bin leider mittlerweile davon überzeugt, dass es ernstgemeinte Kompromissbereitschaft seitens der politisch Verantwortlichen nur für den Fall geben wird, dass die eigentlichen politischen Ziele nicht anderweitig durchsetzbar sind."
Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel und hat das digitale Stadtteil- und Debattenportal Tagesspiegel-Zehlendorf konzipiert. Folgen Sie Armin Lehmann auch auf Twitter.