S-Bahnhof Savignyplatz: Händler sehen sich auf dem Abstellgleis
In den Charlottenburger Bahnbögen am Savignyplatz laufen die Verträge mehrerer Läden aus. Die Betreiber befürchten einen Strukturwandel zugunsten von Filialisten.
Nicht nur am S-Bahnhof Wannsee stehen Läden vor der Schließung, sondern auch am S-Bahnhof Savignyplatz. In Wannsee hat die Bahn den Läden am Vorplatz gekündigt; in mindestens zwei ziehen wohl Filialbetriebe. Eine ähnliche Entwicklung fürchten Charlottenburger Händler im engen Else-Ury-Bogen zwischen Bleibtreustraße und Savignyplatz, der zum dortigen S-Bahnhof führt.
Ende August gibt Ester Thomas ihr Damenmodegeschäft auf, in dem auch Designerin Iris Bramigk ihre Kinderkleidung verkauft. Der Mietvertrag läuft aus. Als Ersatz bot man Thomas einen Bahnbogen nahe der Bleibtreustraße an, doch diese Lage hält die Geschäftsfrau für schlechter.
Stattdessen zieht die gebürtige Schweizerin in Räume an der Knesebeckstraße 26, die sie an das österreichische Restaurant Ottenthal untervermietet hatte. Auch dieses muss also schließen, es behält jedoch seinen Hauptsitz an der Kantstraße.
Am S-Bahnhof ärgern sich die Mieter über eine Forderung der Bahn, wonach sie vorab je etwa 24 000 Euro für eine Fassadensanierung zahlen sollen. Das italienische Restaurant Cross sieht sich bedroht – auch weil die Bahn die Miete angeblich um 80 Prozent erhöhen (beziehungsweise nach zwei Jahren verdoppeln) will.
Die Bahn „schätzt den Mittelstand“, aber...
Fast alle Händler äußern sich aus Angst vor negativen Folgen nur hinter vorgehaltener Hand. „Wir schätzen den Mittelstand sehr, da Familienbetriebe unter anderem mit sehr viel ’Herzblut’ arbeiten“, heißt es bei der Bahn. „Trotzdem stehen sie in direkter Konkurrenz zu Filialbetrieben, welche unsere Umsatz- und Qualitätsanforderungen oftmals zielführender umsetzen.“
Seit Monaten steht ein Café leer. Aus der Regionalleitung der Bäckereikette Steinecke hieß es: „Wir sind interessiert, aber es ist noch nichts abgeschlossen.“ Die Bahn wiederum teilte mit: „Ein neuer Vollbäcker wird am Bahnhof Savignyplatz einziehen, allerdings auf einer anderen Fläche.“ Für das ehemalige Café könne man bislang nur ein „interessantes Konzept in Aussicht“ stellen.
Nicht bedroht sieht sich die Buchhandlung Bücherbogen. „Wir haben einen langfristigen Mietvertrag“, sagt Geschäftsführerin Ruthild Spangenberg.
Bereits vor fünf Jahren, als die Architekturgalerie Aedes schließen musste, wurde mit einem Filialisten als Nachfolger gerechnet. Damals kam es jedoch anders, die Autorenbuchhandlung aus der Carmerstraße übernahm die Räume.
In Köpenick wurde dem Verein für historische S-Bahnen gekündigt
Andernorts sind selbst eisenbahnaffine Mieter betroffen: Der Verein „Historische S-Bahn“, der ehrenamtlich Oldtimerfahrzeuge betreut, muss seine Geschäftsstelle auf dem Bahnsteig des S-Bahnhofs Köpenick räumen – nach 22 Jahren und kaum ein Jahr nach einer Renovierung.
Von der Bahn heißt es, der Raum sei „im Interesse eines besseren Nutzens für die Reisenden“ gekündigt worden. Auch der allgemeine Eindruck „mit vergilbten Gardinen vor dem Fenster“ sei nicht ansprechend gewesen.
Cay Dobberke, Klaus Kurpjuweit