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My First Mai-Kiss: Ein Punker-Pärchen knutscht neben einer Einsatztruppe - und besser kann man den 1. Mai auch nicht zusammenfassen.
© dpa

Live-Blog aus Berlin zum Nachlesen: Das war der 1. Mai in Kreuzberg

40.000 Menschen feierten auf dem MyFest. 19.000 Teilnehmer waren bei der "revolutionären" Mai-Demo - doppelt so viele wie von der Polizei erwartet. Am Rande der meist friedlichen Demo gab es Auseinandersetzungen - die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Lesen Sie die Ereignisse des 1. Mai in unserem Blog nach.

Am 1. Mai waren die Berliner auf den Beinen - die einen feierten ausgelassen, die anderen demonstrierten. Wenige wurden gewalttätig. Unsere Reporter waren in der Stadt unterwegs und haben für Sie, liebe Leserinnen und Leser, den Tag protokolliert.

23:12 Uhr: Die Polizei in Berlin spricht von einem "weitgehend friedlichen" 1. Mai - wenige Flaschen- und Böllerwerfer am Rande der Abenddemonstration habe es gegeben. Insgesamt sei man zufrieden, immerhin seien doppelt so viele Demonstranten wie im vergangenen Jahr erschienen. Die Polizei hatte ursprünglich 10.000 Teilnehmer erwartet, nun schätzt sie die Zahl auf 19.000. Der Veranstalter spricht hingegen von 25.000 Demonstranten und sieht die Veranstaltung daher als "vollen Erfolg". Abseits der Konfrontation am U-Bahnhof Halleschen Tor kam es zu keinen weiteren Auseinandersetzungen. Dort allerdings reagierte die Polizei mit äußerst robusten Methoden - dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken - auf Provokationen des Schwarzen Blocks. Der hatte kurzzeitig den U-Bahn-Verkehr der U1 lahm gelegt. Auf dem MyFest selbst, dass am Abend mit 40.000 Besuchern komplett ausgelastet war, feiern noch rund 20.000 Gäste in die Nacht.

Mit dieser kurzen Zusammenfassung beenden wir den Live-Blog - und melden uns ab morgen früh bei Ihnen mit Updates zu weiteren Ereignissen aus der Nacht.

22:37 Uhr: Der Sprecher der "Revolutionären 1. Mai-Demo", Michael Prütz, nimmt seine positive Ersteinschätzung des Polizeieinsatzes teilweise zurück. "Ich bin doch ziemlich empört - die Polizei hat während der Demo mehrfach versucht, den internationalistischen Block zu attackieren."  Aus Sicht der Organisatoren hätten die Provokationen gegen die Demo-Spitze in der Gneisenaustraße begonnen. Dabei sei einem Verantwortlichen aus dem Block auch ein Hieb in die Nieren verpasst worden, so Prütz.

22:23 Uhr: Die Polizei fährt nun mit Lautsprecherwagen am Kotti entlang und informiert die Gäste, dass die U1 gesperrt bleibt. Wer wegfahren will, soll die U8 nutzen. Einsatzkräfte der Polizei laufen die Fahrtrasse der U1 mit Taschenlampen ab, um mögliche Autonome aufzuspüren. Auch in Hamburg ging die Polizei wenig zimperlich gegen Demonstranten vor und setzte Wasserwerfer ein, eine mehrfach auf Twitter verkündete Besetzung einer Schule dementierte die Polizei jedoch. Mehr Informationen zu den Ereignissen in Hamburg finden Sie hier.

22:11 Uhr: Hallesches Tor ist komplett geräumt und die Lage weitestgehend friedlich. Anwesende berichten, Demonstranten sollen zuvor auf Züge geklettert sein und von dort die Polizisten beschimpft haben. Auch ein Feuerlöscher sei auf die Polizisten geworfen worden.

Gerangel am Halleschen Tor: Die Polizei setzt bei der Räumung des Bahnsteigs Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Zuvor hatte sie den U-Bahnhof komplett gesperrt, weil...
Gerangel am Halleschen Tor: Die Polizei setzt bei der Räumung des Bahnsteigs Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Zuvor hatte sie den U-Bahnhof komplett gesperrt, weil...
© dpa

22:04 Uhr: Der U-Bahnhof Hallesches Tor soll nun komplett geräumt werden. Laut Polizei seien Mitglieder des Schwarzen Blocks ins Gleisbett gesprungen und hätten in Zügen die Notbremse betätigt. Daraufhin hatte sich die Polizei zur Absperrung entschlossen. Augenzeugen vor Ort berichten, vor allem Partygäste des MyFests seien auf dem Bahnsteig eingeschlossen, Demonstranten vom Schwarzen Block gebe es vor Ort nur wenige. "In der Luft liegt Pfefferspray", sagt ein Anwesender.

22:00 Uhr: Pirat Christopher Lauer berichtet, auf der Demo seien Pflastersteine geflogen. Er lief nach eigenen Angaben vorne bei der Demo mit. Diese ist an der Wilhelmstraße mittlerweile für beendet erklärt.

21:43 Uhr: Die Situation scheint plötzlich doch noch zu kippen. In einem ausgesprochen robusten Einsatz hat die Polizei den Bahnsteig des U-Bahnhofs Hallesches Tor in Richtung Warschauer Straße gestürmt. Dabei wurde Pfefferspray, teilweise auch der Schlagstock eingesetzt. Der Grund für den Einsatz ist zunächst nicht zu erkennen - offenbar eine Auseinandersetzung zwischen Polizei und Schwarzem Block, doch mit nicht erkennbarem Anlass. Dutzende Menschen laufen mit tränenden Augen übern den Bahnsteig. Der Verkehr der U1 wird zwischen Warschauer Straße und Gleisdreieck unterbrochen. In dem U-Bahnzug, der während des Polizeieinsatzes in der Station hielt, sind die Lichter erloschen: Der Strom ist abgeschaltet worden. Auch normale Fahrgäste sitzen in der Falle. Bald wird klar, dass die Polizei den Bahnsteig räumen lässt. Am Endpunkt der Demonstration sind zu diesem Zeitpunkt kaum noch Menschen. Vor der U-Bahnstation stehen aber noch einige 100 Personen und Skandieren, etwa "Wir wollen U-Bahn fahren."

Finale an der Zentrale: Die Polizei sperrt die Wilhelmstraße vor dem SPD-Gebäude ab
Finale an der Zentrale: Die Polizei sperrt die Wilhelmstraße vor dem SPD-Gebäude ab
© dpa

21:26 Uhr: Nun beginnt die Abschlusskundgebung an der Wilhelmstraße.

21:22 Uhr: Nach Angaben der Organisatoren ist es an der Spitze des Zuges zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei gekommen, bei denen auch Pfefferspray eingesetzt worden sei. Sprecher Michael Prütz: "Wir verurteilen die Provokationen der Polizei gegen die Spitze der Demonstration. Alle Provokationen wurden durch geschlossenes Auftreten des internationalistischen Blocks abgewehrt." Die Polizei selbst bestätigt den Einsatz von Pfefferspray nicht.

21.19 Uhr: Die Spitze des Zuges ist am Endpunkt angekommen - in Blickweite der SPD-Bundeszentrale an der Ecke Wilhelm- / Stresemannstraße. Die Polizei hat die Wilhelmstraße etwa 60 Meter vor dem Parteigebäude abgesperrt: Eventuelle Steinewerfer haben keine Chance, das Haus zu treffen. Der Zug ist über die Zossener und Gitschiner Straße nördlich des Landwehrkanals gekommen. Überraschend hat die Polizei auch den Mehringdamm Richtung Tempelhof abgesperrt. Der Zug, dessen Ende sich etwa auf Höhe der Johanniterstraße, also noch südlich des Kanals befindet, scheint also in eine Sackgasse zu geraten, doch wird die Sperre nach Süden bald wieder aufgehoben. Über Lautsprecher werden nun Parolen gegen die SPD verbreitet, "Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten", "100 Jahre Konterrevolution" und ähnliches Über Lautsprecher wird auch dazu aufgerufen, nach der Veranstaltung zurück zum Myfest zu gehen und die Flüchtlinge zu besuchen.

Auf der Mai-Demo laufen mit 19.000 Teilnehmern weit mehr als erwartet

Aus dem Schwarzen Block fliegen Böller und Flaschen - immer wieder nimmt die Polizei einzelne Demonstranten fest
Aus dem Schwarzen Block fliegen Böller und Flaschen - immer wieder nimmt die Polizei einzelne Demonstranten fest
© dpa

21:05 Uhr: Bei der Polizei sind es 19.000, die Organisatoren der Demonstration sprachen am Donnerstagabend von 25.000 Teilnehmern. Michael Prütz, Sprecher der "Revolutionären 1. Mai Demo" sagt dem Tagesspiegel außerdem zum Auftreten der Polizei: "Im Großen und Ganzen sind wir nicht unzufrieden. Es ist nicht mein Eindruck, dass sich die Beamten - bis auf einige Ausnahmen - unverhältnismäßig verhalten." Über die Flaschenwürfe auf Polizisten meinte Prütz: "Das habe ich auch gehört, das ist ja das Übliche. Es gibt immer ein paar Betrunkene, die Flaschen werfen."

Flaschenwerfen ist so was von 2013: Selfie mit Ströbele ist in!
Flaschenwerfen ist so was von 2013: Selfie mit Ströbele ist in!
© dpa

21:00 Uhr: Nicht alle Demonstranten suchen die Konfrontation - manche suchen auch nur Hans-Christian Ströbele. Der Grüne gehört mehr oder weniger zum Demo-Inventar. Ein Selfie mit ihm daher im instagramen Zeitalter zur Selbstverständlichkeit.

20:52 Uhr: Laut Polizei erreicht die "Revolutionäre 1. Mai Demo" ein neues Hoch: 19.000 Teilnehmer. Im Vorfeld hatte der Veranstalter sich 15.000 Teilnehmer gewünscht - "unrealistisch", hieß es bei der Polizei, die rund 10.000 Teilnehmer erwartete.

20:36 Uhr: An der Spitze der Demo läuft der kommunistische Block der Griechen, außerdem türkische, kurdische und spanische Sozialisten - insgesamt circa 700 Personen. Doch hinter der Spitze haben sich im Durcheinander der vergangenen Minuten viele Mitglieder des gewaltbereiten Schwarzen Blocks versammelt, die durch wiederholtes Stehenbleiben Unruhe im Ablauf auslösen. In der Gneisenaustraße hatte ein Wasserwerfer der Polizei kurz den Zug mit Scheinwerfern angestrahlt - offenbar um Protestler davor zu warnen, die Route zu verlassen. Die Polizei holt jetzt mit Gewalt zahlreiche Demonstranten aus dem Zug, die zuvor als Straftäter identifiziert worden waren. "Ganz Berlin hasst die Polizei", wird aus dem Zug skandiert - ein aggressives Hin und Her, doch bislang ohne Steinhagel. Allerdings gibt es hier auch kein Kleinpflaster.

20:23 Uhr: Der Zug macht an der Ecke Gneisenau- / Baerwaldstraße kurz halt. Wieder Flaschen- und Böllerwürfe.

20:12 Uhr: Die Polizei twittert, dass einige Demonstranten sie mit Flaschen und Böllern attackiert haben. Sie nahm vereinzelt Teilnehmer fest und bat den Versammlungsleiter, den Demozug unter Kontrolle zu bekommen. Das scheint zu klappen: An der Spitze der Demo, mittlerweile am Südstern angekommen, ist es momentan ruhig. Auch sonst, so zeigt ein Tweet von @gKismir, ist es geradezu Tee-trink-friedlich.

20:09 Uhr: Es sind viele, und es werden immer mehr. Die Polizei schätzt die Teilnehmer der Demo nun auf 14.000 Personen.

19:53 Uhr: Der Zug ist am Hermannplatz in die Urbanstraße abgebogen, vorneweg die linken Fahnen und Transparente mit kommunistischen Parolen auf der rechten Fahrbahn - dort marschieren vor allem griechische Gerwerkschaftler, auch einige Spanier sollen dabei sein. Gewaltbereite Teilnehmer versuchen, diesen Block auf der Gegenfahrbahn der hier durch einen Mittelstreifen getrennten Straße zu überholen und sich selbst an die Spitze zu setzen. Es gibt Flaschen- und Böllerwürfe, teilweise in die Polizeiketten hinein. Die Situation ist unübersichtlich, noch lässt die Polizei den Zug weiterlaufen.

19:47 Uhr: Rund 10.000 Teilnehmer - so lautet die Schätzung der Polizei, die sich auch aus der Luft einen Überblick verschafft. Der Zug, der auf dem Kottbusser Damm am "Zickenplatz" angekommen ist, ist so lang, dass man vom Anfang nicht abschätzen kann, was hinten los ist. Am Rand haben sich weitaus mehr Schaulustige als in den vergangenen Jahren versammelt, es ist "knallvoll", beschreibt es ein Beobachter. Offenbar gilt der Zug als Touristenattraktion. Gelegentlich werden Böller, auch stärkeren Kalibers, gezündet, die aber nicht wie in früheren Jahren als Initialzündung fürs Losstürmen wirken, sondern ohne weiteren Effekt verpuffen. Die Demonstration verläuft bislang weitgehend störungsfrei.

Ein Demonstrant begrüßt die "Mainstream-Medien" - die Stimmung auf der "Revolutionären 1. Mai Demo" verschärft sich
Ein Demonstrant begrüßt die "Mainstream-Medien" - die Stimmung auf der "Revolutionären 1. Mai Demo" verschärft sich
© dpa

19:31 Uhr: Ein kurzer Blick nach Hamburg: Die Kollegen der taz vermelden, Demonstranten in Hamburg haben eine leere Schule besetzt. Zugleich stoppte die Polizei den Demozug vor der Reeperbahn und geht mit Pfefferspray gegen Demonstranten vor. In Berlin bleibt die Lage hingegen entspannt - aktuelle Eindrücke zum 1. Mai finden Sie auch in unseren Fotostrecken aus Berlin und aller Welt.

18:51 Uhr: Der Demonstrationszug hat die Reichenberger Straße passiert, vorneweg rote Fahnen statt Schwarzer Block - und vor dem Zug eine behelmte Hundertschaft Polizei. Die Bürgersteige sind so voll von Feiernden, dass man kaum durchkommt, besonders vor den Clubs. Kurz nach Start der Demo holt die Polizei an geeigneter Stelle einen Punk aus dem Zug: Er war dabei beobachtet worden, wie er über mehrere geparkte Autos lief. Die Unruhe im Zug nimmt zu. Einige Demonstranten zünden bengalische Feuer.

18:37 Uhr: Die Stimmung auf dem Lausitzer Platz wird unfreundlicher - und das liegt wohl nicht nur am einsetzenden Nieselregen. Rund 10.000 Demonstranten* waren im vergangenen Jahr in der Spitze auf der Demo. Beobachter schätzen, dass es dieses Mal mehr werden. Auch das MyFest ist nun dicht: Laut Polizei sind nun alle Eingänge zu und das Fest zu 100 Prozent ausgelastet.

Autonome überrumpeln die Polizei vor Beginn der "Revolutionären 1. Mai Demo"

18:30 Uhr: "Widerliche Imperialismus-Politik zur Verblödung der Bevölkerung" - auf Twitter werden die Kritiker wach. Zeigten sich den Tag über vor allem Touristen und Partyfreudige von der Offenheit des MyFest begeistert, tauchen nun zum Abend Stimmen auf, die in dem Volksfest immer mehr Kommerzialisierung, Love-Parade-Charakter sowie "Bratwurst und Spiele" erkennen. Vom Geist des Arbeitertages bleibe nichts mehr übrig.

18:14 Uhr: Die "Revolutionäre 1. Mai Demo" hat mit seiner Kundgebung begonnen. Und die Polizei macht schon mal den Weg frei: Der Hermannplatz wird ab 18.30 Uhr gesperrt.

Zu Beginn der "Revolutionären 1. Mai Demo" nimmt die Polizei Aufstellung
Zu Beginn der "Revolutionären 1. Mai Demo" nimmt die Polizei Aufstellung
© dpa

17:57 Uhr: Die Polizei hatte ihr hartes Durchgreifen mit Flaschenwürfen aus dem Demonstrationszug begründet. In wenigen Minuten soll die "Revolutionäre 1. Mai Demo" am Lausitzer Platz beginnen. Dort hat der Veranstalter erst eine 45-minütige Rede angekündigt, danach führt der Zug bis vor die SPD-Zentrale in der Wilhelmstraße. Momentan ist die Lage vor Ort ruhig - aber die Gemüter sind spürbar erhitzt.

17:34 Uhr: Mehrere Hundertschaften der Polizei sind nun am Kottbusser Tor - und die begegnen dem Schwarzen Block nun nicht länger "versammlungsfreundlich". Mit großer Energie geht die Polizei vor, ein Transparent wurde den Demonstranten weggerissen - etwas, was die Berliner Polizei sonst nie tut. Die meisten Autonomen sind jedoch mittlerweile am Lausitzer Platz, wo bald die "Revolutionäre 1. Mai Demo" beginnt.

17:14 Uhr: Das ging schnell: Mehr als 1000 Personen waren plötzlich am Mariannenplatz und haben die Polizei förmlich überrannt. Die hatte im Vorfeld angenommen, dass das "Warmlaufen" des Schwarzen Blocks nicht allzu ernst zu nehmen sei und hatte mit weniger Demonstranten gerechnet.

17:03 Uhr: Die ersten Demonstranten versammeln sich vor der Bühne am Mariannenplatz, rund 200 Personen. Sie planen eine unangemeldete Demo quer durch das MyFest, um sich später am Lausitzer Platz der "Revolutionären 1. Mai Demonstration" anzuschließen. Noch schaut die Polizei abwartend zu - und gibt stattdessen via Twitter weitere Sperren bekannt. Neben dem Zugang am Kottbusser Tor ist auch der MyFest-Eingang am Görlitzer Bahnhof geschlossen. Laut Veranstalter sind 40.000 Menschen auf dem Fest - und alle südlichen Zugänge dicht.

Wegen Überfüllung unverdroßen: Immer mehr Besucher drängen auf's MyFest
Wegen Überfüllung unverdroßen: Immer mehr Besucher drängen auf's MyFest
© dpa

16:44 Uhr: Friedliche Koexistenz am "Madonna" in der Wiener Straße: Die Kneipe ist eine Institution in Kreuzberg, gehört zu den ältesten Bars der Szene. In den Achtzigern schaute die Polizei hier zur Razzia vorbei, heute dürfen sie die Toiletten für Pinkelpausen nutzen. Zeiten ändern sich. Auch ein Touristenfreundlicher ATM-Geldautomat steht neuerdings neben der Bar. Und wahrscheinlich nur heute: davor eine 30 Mann starke Menschenschlange.

Caipi Punk: MyFest-Besucherin Ruth Glas
Caipi Punk: MyFest-Besucherin Ruth Glas
© Carmen Schucker

16:39 Uhr: Mal eine Impression aus dem Publikum. Die Düsseldorferin Ruth Glas kommt jedes Jahr der Punkbands wegen zum MyFest. So geht sie ihren Tag an: "Bevor uns aber ein langer Tag bevorsteht, gehen wir mit Freunden brunchen. Oh Gott, langsam werden wir alt. Aber nichts geht über eine gute Grundlage für einen langen Tag auf dem Myfest. Weil wir es uns beim Brunchen zu gemütlich gemacht haben, verpassen wir leider die Band „3 Minute Records“. Schade, die hätte ich gern gesehen. Aber zum Glück kommen jedes Jahr immer mehr gute Punkrock-Bands. Dann ist es auch nicht so schlimm, dass das Myfest von Jahr zu Jahr voller wird. Ich weiß gar nicht, das wievielte Mal ich auf dem Myfest dabei bin. Obwohl ich mittlerweile in Düsseldorf wohne, ist der Besuch auf dem Myfest Pflicht. Zwischendurch holen wir uns noch Köfte und etwas zu trinken. Caipirinha für mich, meine Begleitung nimmt Bier."

16:25 Uhr: Seit wenigen Minuten kreist ein Polizeihubschrauber über dem MyFest. Offenbar reine Prävention und zugleich Start des Einsatzes am Abend. Auf dem Fest guckt der eine oder andere kurz nach oben, dann wird entspannt weitergefeiert. Zugleich twittert die Berliner Polizei, das sie den Zugang zum MyFest am Kottbusser Tor wegen Überfüllung schließen musste.

*Fehlerhaft standen kurzzeitig 70.000 Demonstranten in unserem Live-Ticker. Wir bitten um Entschuldigung.

Eine Armee aus Gartenzwergen am Thälmann-Denkmal

Kunstaktion oder ernster Protest? Gartenzwerge hoben vor Ernst Thälmann am 1. Mai den Arm zum sozialistischen Gruß.
Kunstaktion oder ernster Protest? Gartenzwerge hoben vor Ernst Thälmann am 1. Mai den Arm zum sozialistischen Gruß.
© Twitter/Olaf Gersemann

16:18 Uhr: Zum ersten Mai wurde der von den Nazis ermordete Kommunistenführer Ernst Thälmann heute mal anders geehrt: Eine Armee aus roten Gartenzwergen salutierte vor dem Denkmal an der Greifswalder Straße im Prenzlauer Berg. In Reih und Glied standen sie heute morgen auf dem Denkmalsplatz und hoben allesamt ihren Arm zum sozialistischen Gruß. Mittlerweile sind alle Zwerge jedoch wieder weg. "Ich bin nach durchfeierter Nacht heute morgen um 9 hierher gekommen und habe mich total über die Zwerge gefreut.", sagt Anwohner Ronny. "Als ich nach meinem Nickerchen um 12 wieder aufgewacht bin, standen aber nur noch drei da. Passanten haben sie mitgenommen." Kellnerin Maren Diescher aus der Bar "Sun de Palma" gegenüber hat auch einen abgekommen. Der steht nun auf einem kleinen Podest im Lokal und erfreut die Bier trinkenden Feiertagskunden. "Ich bin in der DDR groß ge worden. Damals standen noch echte Männer mit Nelken im Knopfloch vor dem Denkmal und haben salutiert", sagt Maren Diescher, "Aber das gibt's ja jetzt nicht mehr."

16:06 Uhr: Am 1. Mai ist das Wetter immer schön! So sagt es die Arbeiterweisheit, so twittert es auch Monika Herrmann, grüne Bezirksbürgermeisterin des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Vielleicht behält sie recht: Der Wetterbericht hatte ursprünglich bereits für den Vormittag Regen angesagt. Über den Tag wurde die Prognose jedoch immer weiter nach hinten korrigiert - erst am Abend soll nun Regen den sonnigen 1. Mai beenden.

15:37 Uhr: Die Maierei in Berlin ist auch in diesem Jahr friedlich: Das Camp der Hungerstreikenden am Oranienplatz hat sich zwar vergrößert, aber die Stimmung ist friedlich. Die Polizei hält ihre Konfliktteams entsprechend im Hintergrund. Generell sind sehr viele junge Menschen auf den Straßen, darunter Touristen aus aller Welt. Der 1. Mai, scheint es, konzentriert sich - als Zerrbild zu den Hungerstreikenden - vor allem auf den Konsum. An der Arena in Kreuzberg öffnet der „Bite Club“ – ein unregelmäßig stattfindender Street-Food-Markt – seine Stände und am Kotti bittet ein gewitzter Geschäftsmann zum Fototermin: 1 Euro zahlt, wer das myFest von oben knipsen will.

An anderer Stelle ist man eher verschlossen … die Filiale der Sparkasse in der Heinrich-Heine-Straße hat sich für den 1. Mai verbarrikadiert und seine Fensterfassaden mit Plexiglas geschützt. Nicht ohne Grund: Im vergangenen Jahr zerstörten Demonstranten die Scheiben der Sparkasse.

15:05 Uhr: "Mama, erzähl mir mehr über Betrunkene", fordert ein Sohn im Kindergartenalter seine Mutter in der S-Bahn Richtung Potsdam auf. Gerade waren eine Gruppe Jugendlicher ausgestiegen, die mit Dosenbier ausgerüstet nach Kreuzberg weiterwollen. "Na ja", antwortet die Mutter, "Betrunkene sind anders als normale Menschen. Manche sind immer müde, andere immer wütend - aber die meisten finden Dinge lustig, die gar nicht lustig sind. Und das ist natürlich total langweilig." Der Junge nickt verstehend. Er verspricht, später nicht so was Langweiliges zu machen.

14:22 Uhr: Die NPD hatte ihren für heute angekündigten Aufzug durch Berlin vor wenigen Tagen abgesagt. Dennoch gab es auch bei der Polizei Befürchtungen, dass es zu Spontanaufzügen kommen könnte. Doch bisher gibt es dafür keine Hinweise. Vielmehr hätten sich einige Richtung Rostock aufgemacht, wo die NPD heute aufziehen will.

13:53 Uhr: Am Oranienplatz gibt es ein musikalisches Duell zwischen der Rockbühne und einer Sambagruppe. Die Besucher ziehen derzeit die Sambagruppe vor. "Das passt auch eher auf den Oranienplatz", sagen die meisten Besucher.

13:30 Uhr: Während in Berlin friedlich gefeiert und demonstriert wird, sieht die Situation in Istanbul ganz anders aus. Dort riegelt die Polizei den Taksim-Platz ab und es kommt zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und der Polizei.

Sambastimmung in Kreuzberg auf dem MyFest.
Sambastimmung in Kreuzberg auf dem MyFest.
© Mohamed Amjahid

DGB-Demo: "Der öffentliche Dienst pfeift auf dem letzten Loch"

DGB-Demonstration in Berlin. Die Demonstranten zogen vom Hackeschen Markt zum Brandenburger Tor.
DGB-Demonstration in Berlin. Die Demonstranten zogen vom Hackeschen Markt zum Brandenburger Tor.
© dpa

12:50 Uhr: Die DGB-Kundgebung am Brandenburger Tor steht unter dem Motto: "Gute Arbeit. Soziales Europa". Der stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, Christian Hoßbach, blickte vor allem auf die Hauptstadt und zieht eine durchwachsene Zwischenbilanz zur rot-schwarzen Koalition. "Der öffentliche Dienst pfeift in Berlin auf dem letzten Loch", ruft er dem Demonstranten zu. Er fordert eine Angleichung an den Bundesdurchschnitt. Außerdem habe der Senat das Thema Wohnen verpennt. Einzig das Thema Ausbildung gehe der Senat ordentlich an. Irene Schulz wiederum, Mitglied im IG-Metall-Vorstand erinnerte an die harten Kämpfe um den Mindestlohn und die Rente mit 63. Beides sei jetzt auf dem Weg, "aber wir lehnen jede Ausnahme ab", sagt sie. Der DGB veranstaltete in ganz Deutschland am Tag der Arbeit Kundgebungen.

Die Standbesitzer treffen die letzten Vorbereitungen für das MyFest in Kreuzberg.
Die Standbesitzer treffen die letzten Vorbereitungen für das MyFest in Kreuzberg.
© Mohamed Amjahid

12:17 Uhr: Am Oranienplatz wird es laut. Allerdings nicht, weil es lautstarken Protest gibt, sondern auf der Rockbühne geht es los mit lauter Musik. Am Infostand der Flüchtlinge gab es auch Musik. "Stand Up For Your Rights" von Bob Marley schallte es da. Doch zuviel Musik beißt sich, deshalb wurden die Betreiber des Infostandes von den Organisatoren gebeten, ihre Musik auszumachen, was diese nun auch machen.

12:02 Uhr: Für den heutigen 1. Mai erwartet die Polizei keine größeren Randale. 1987 war das ganz anders. Da eskalierte ein Straßenfest am 1. Mai in Kreuzberg. Läden standen in Flammen und wurden geplündert. Die Polizei war völlig überfordert. Es waren die ersten schweren Mai-Krawalle in Berlin - weitere sollten folgen. Einen Rückblick auf die Zeit damals und was daraus wurde können Sie hier in einem Text auf unserem Kreuzberg-Blog nachlesen.

11:31 Uhr: Der Demonstrationszug der Gewerkschaft ist vom Hackeschen Markt zum Brandenburger Tor gezogen. Vorne ist die Gewerkschaftsjugend unterwegs mit einem Partywagen und Techno. Sie wollen weg von Fahnen und Trompeten und alle mitnehmen, sagt David Fischer. Dahinter reihen sich SPD, Grüne und Linke ein, vor allem mit ihren Jugendorganisation. Und ein Juso ist etwas ernüchtert. "Es fehlt diesmal das große Thema", sagt er. Denn die SPD habe mit Unterstützung der Gewerkschaften den Mindestlohn und die Rente mit 63 auf die Bahn gebracht. Sprich: Wogegen oder wofür demonstrieren sie also? Die Vertreter der Chartité, die auch mitlaufen wissen das: Sie fordern mehr Personal für die Krankenhäuser. Auch die BVG, die BSR und sogar die Gewerkschaft der Polizei ist dabei. Rote Nelken werden verteilt. Am Ende laufen die Kommunisten, wo vor allem viele internationale Parteien aus Griechenland, Venezuela und vor allem der Türkei dabei sind. Dort wird unter anderem gegen das Spardiktat der Trojka demonstriert. Ganz am Ende sind die Anarchisten unterwegs und fordern ein Ende der Lohnarbeit. Die zentrale Kundgebung findet jetzt am Brandenburger Tor statt.

Zumindest am 30. April war bestes Wetter im Mauerpark. Die Stimmung war ausgelassen.
Zumindest am 30. April war bestes Wetter im Mauerpark. Die Stimmung war ausgelassen.
© dpa

11:05 Uhr: Eine Gruppe von 25 amerikanischen Studenten macht eine Kiez-Tour durch Kreuzberg mit Stopp am Oranienplatz. Dort erklärt ihnen ein Begleiter der Gruppe die Situation der Flüchtlinge. "Komisch, dass die in Deutschland nicht arbeiten dürfen", sagt einer. Aber sie sind sehr begeistert von der Atmosphäre in Kreuzberg und wollen am Nachmittag zurückkehren auf das MyFest. Weniger anständig verhalten sich fünf stark betrunkene Männer im besten Alter am Oranienplatz. Minutenlang grölen sie über den Platz "Ich bin deutscher Arier", brüllt einer. "Schwuchtel", ein anderer. Ein Dritter ruft permanent "Ficken". Die Polizei beobachtet das, greift aber nicht ein. Nach einigen Minuten herrscht wieder Ruhe: Sie sitzen auf einer Bank und trinken weiter.

10:52 Uhr: Die Walpurgisnacht verlief recht ruhig in Berlin. Nur im Viktoriapark in Kreuzberg war es ungemütlich. An verschiedenen Stellen wurden Lagerfeuer entzündet, die von der Polizei gelöscht wurden. Gegen 22.50 Uhr kippte die Stimmung; Flaschen flogen in Richtung Polizei. Die Polizeibeamten setzten Pfefferspray gegen die Flaschenwerfer ein, nach Angaben eines Polizeisprechers gab es 15 vorläufige Festnahmen. Mehrere Ermittlungsverfahren wegen Widerstands gegen Polizeibeamte und gefährlicher Körperverletzung wurden eingeleitet. Die Verdächtigen sind aber mittlerweile alle wieder auf freiem Fuß. Was sonst los war in der Nacht zum 1. Mai in Berlin und Hamburg erfahren Sie hier.

Kreuzberg trifft Vorbereitungen auf den 1. Mai

10:31 Uhr: Am Vormittag läuft alles ganz easy am Oranienplatz. Stände werden aufgebaut, letzte Montagen an der Bühne gegenüber der Mahnwache erledigt. Derweil schmücken die Hungerstreik-Flüchtlinge ihr Demo-Camp mit Luftballons. Die Polizei ist längst präsent, hat sämtliche Zufahrtsstraßen zum Oranienplatz mit rot-weißen Warnbaken abgesperrt und sich in Fahrzeugen quer davor platziert. Der Vorteil: Es kommt keiner rein. Der Nachteil: Es kommt keiner, der dort lebt, raus. Eine Anwohnerin will via Dresdener Straße mit ihrem Auto raus aus der Sperrzone. Geht nicht, abgeriegelt. Sie steigt aus, geht zu den beiden Polizisten, die sich in ihrem Einsatzfahrzeug nett unterhalten und bittet, durchfahren zu können. „Müssen Se umdrehen und da hinten rausfahren“, sagt der eine. „Gerne“, sagt die Frau, „aber da ist auch eine Sperre.“ „Na denn nehmen Se mal det Ding“, sagt der andere Polizist und deutet auf die zweigeteilte Absperrung, „schieben Se’s beiseite und räumen Se’s nachher wieder ordentlich hin.“ Das nennt man Hilfe zur Selbsthilfe.

10:20 Uhr: Am Oranienplatz bereiten die Flüchtlinge ihr Demo-Camp vor - gegenüber der großen Bühne des MyFestes. Ihren Hungerstreik haben die Flüchtlinge vorerst unterbrochen.

Flüchtlinge bereiten am Oranienplatz Protest vor, gegenüber auf dem Platz wird die große Bühne für das MyFest aufgebaut.
Flüchtlinge bereiten am Oranienplatz Protest vor, gegenüber auf dem Platz wird die große Bühne für das MyFest aufgebaut.
© Mohamed Amjahid

10:03 Uhr: Am Hackeschen Markt laufen die letzten Vorbereitungen für die Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Motorradfahrer, Radfahrer, Inlineskater und Fußgänger werden Richtung Brandenburger Tor ziehen. Rund 10.000 Teilnehmer werden erwartet und schon jetzt sind auch viele internationale Gäste dabei. So sind unter anderem Vertreter der Kommunistischen Partei der Türkei (TKP) dabei.

9:30 Uhr: Traditionell sind am 1. Mai alle Augen auf Kreuzberg gerichtet. Dort findet heute das "MyFest" statt und am Abend ab 18 Uhr die "Revolutionäre 1. Mai Demonstration", zu der die Polizei etwa 10.000 Demonstranten erwartet. Immer wieder kam es da zu in der Vergangenheit zu kleineren und größeren Ausschreitungen. Die Polizei ist an diesem Tag mit rund 6500 Einsatzkräften in der Stadt präsent, aber mit ganz großen Krawallen rechnen die Sicherheitsbehörden nicht. Und auch Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) erwartet friedliche Demonstrationen, wie er im Interview mit dem Tagesspiegel erklärte.

9:28 Uhr: Wie immer haben Ladenbesitzer ihre Geschäfte vorsorglich verbarrikadiert. Bei Kuchen Kaiser ist aber schon Betrieb. Einige Flüchtlinge, die auf dem Oranienplatz übernachtet haben, bereiten schon mal ihre eigene Kundgebung vor. Sie haben Plakate und Flyer dabei, auf denen sie unter anderem ein "Bleiberecht für alle" fordern oder ein "Myfest ohne Räumung hier" fordern.

9:25 Uhr: Kreuzberg ist aber nicht der einzige Hotspot an diesem 1. Mai. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) demonstriert ebenfalls in Berlin. Die DGB-Demonstration zieht vom Hackeschen Markt zum Brandenburger Tor. Dort wird unter anderem Irene Schulz, IG-Metall-Vorstand, sprechen. Die Hauptveranstaltung des DGB findet allerdings in Bremen statt, wo der scheidende DGB-Vorsitzende Michael Sommer einen seiner letzten großen Auftritte haben wird. Die Gewerkschaften, sagt unser Autor Alfons Frese, gehören zu den Gewinnern der großen Koalition. Warum, erfahren Sie hier.

9:22 Uhr: Wer nicht so sehr auf Demonstrationen steht, kann auch baden gehen. Das Seebad Friedrichshagen am Müggelsee öffnet heute beispielsweise. Am Wannsee geht es offiziell erst am Sonnabend los. Welche Bäder noch offen haben und was sonst los ist in der Stadt, erfahren Sie hier.

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