Alte Abhörstation im Grunewald: Berlin will den Teufelsberg zurückkaufen
Die Stadt will die alte Abhörstation im Grunewald wieder erwerben und zum Ausflugs- und Erinnerungsort entwickeln. Einer der Befürworter ist der künftige Regierende Bürgermeister Michael Müller.
Seit 18 Jahren scheitert eine Idee nach der anderen für eine Nutzung der einstigen Abhörstation der Alliierten auf dem Teufelsberg. Ursprünglich hatte eine Investorengemeinschaft das Gelände im Grunewald vom Land Berlin erworben, um Luxuswohnungen und ein Hotel zu bauen. Wohl aus Geldmangel wurde daraus nichts, und spätere Pläne bis hin zur „Friedensuniversität“ der esoterischen Maharishi-Stiftung lehnten die Ämter ab.
Jetzt wollen Senats- und Bezirkspolitiker den Verfall stoppen: Nach Tagesspiegel-Informationen streben sie den Rückkauf an. Eine treibende Kraft ist der Stadtentwicklungssenator und designierte Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD).
Ein Aussichtscafé, ein Museum und Kultur
Die noch immer eingezäunte Anlage soll zum Ausflugsziel und Erinnerungsort für den Kalten Krieg werden. Zu den Ideen gehören ein Café mit einer Aussichtsplattform in der Kuppel des Hauptturms, ein Spionagemuseum und gelegentliche Kulturveranstaltungen.
Mit 120,1 Metern ist der Teufelsberg die höchste Erhebung Berlins – wenn auch keine natürliche. Er wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aus Häusertrümmern aufgeschüttet. In der „Field Station Berlin“ belauschten Amerikaner und Briten den Funkverkehr im Osten.
Heute gleichen die Reste einer Mischung aus Abenteuerspielplatz, Müllkippe und der Kulisse eines Endzeitfilms. Aktuell nutzen Künstler ein paar Räume. Die Ruinen der Kuppeltürme dürfen nur bei Führungen besucht werden, die ein Unternehmen anbietet. Allerdings schlüpfen viele Neugierige durch Löcher im Zaun, oft gibt es auch Vandalismusschäden.
Vertrauliche Gespräche am Runden Tisch
Die geheimnisumwitterte Anlage mit der markanten Silhouette sei ein „herausragender Ort“, sagte Senator Müller an einem nicht öffentlichen Runden Tisch zur Zukunft des Bergs. Für den Rückerwerb gebe es „politische Sympathien“, bestätigte eine Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung. Leider hätten die Eigentümer das Gelände mit einer hohen Grundschuld belastet.
Der Runde Tisch tagte bisher vier Mal. Unter den bis zu 40 Teilnehmern waren der Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Marc Schulte (SPD), Abgeordnete und Bezirksverordnete, Denkmal- und Naturschützer, Grunewalder Anwohner und Investorenvertreter. Wie es heißt, nannte Landeskonservator Jörg Haspel die Abhörstation das wichtigste Zeugnis des Kalten Kriegs in Berlin. Bisher ist sie aber kein Baudenkmal. Mit Ausnahme der Eigentümer sollen sich alle für den Rückkauf ausgesprochen haben.
Es wäre „die mit Abstand vernünftigste Lösung“, sagt der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz. Auch der von ihm geleitete Arbeitskreis Stadtentwicklung der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus sei dafür. „Fantastische, abgehobene Ideen haben sich als nicht tragfähig erwiesen.“
Neubauten sind nicht mehr erlaubt
Die Eigentümer hatten das 4,7 Hektar große Areal 1996 für 5,2 Millionen D-Mark gekauft. Nach Kenntnis von Buchholz verlangen sie 15 Millionen Euro. Das sei „völlig unrealistisch“, der Wert liege unter drei Millionen Euro.
Denn 2005 hatte der Senat das Gelände zum Waldgebiet erklärt, weil sich nichts tat. Seitdem sind Neubauten verboten.
Zur Hypothekenlast sagt Hartwig Berger vom Ökowerk am Teufelssee, die Grundschuld betrage etwa 35 Millionen Euro. Auch deshalb seien die Preisforderungen wohl so hoch. Berger gehört zum „Aktionsbündnis Teufelsberg“. Es gibt noch mehr Initiativen und Vereine, die sich lange uneins waren. Naturschützer forderten den Abriss aller Gebäude. Jetzt bestehen laut Berger kaum noch Bedenken gegen eine behutsame Nutzung.
Auch die Eigentümer sind den Stillstand satt
Zwei Architekten und Miteigentümer des Areals, Hartmut Gruhl und Hanfried Schütte, sehen wenig Chancen für den Verkauf ans Land Berlin. Die Preisvorstellungen klafften zu weit auseinander, sagt Gruhl. Man habe aber ganz ähnliche Nutzungsideen. Neben dem Café und dem Museum seien in den Altbauten auch Räume für Existenzgründer und Wissenschaftler denkbar.
Diese Vorschläge wolle man dem Bezirk und dem Senat kurz vor Weihnachten in Form eines Buches über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft vorstellen.
- Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.
Cay Dobberke