Franziskaner in Pankow: Ab ins Kloster
Im kommenden Jahr wird die Suppenküche der Franziskaner 25 Jahre alt. Im Kloster laufen bereits die Vorbereitungen für das Jubiläum.
Das Fanziskanerkloster in der Wollankstraße kennt wohl jeder Pankower. Oder etwa nicht? “Wir würden uns mehr Kontakte hier im Kiez wünschen”, sagt Bruder Andreas Brands, der für die Öffentlichkeitsarbeit des Klosters zuständig ist. Sein Büro liegt direkt neben der Suppenküche, einem modernen Glasbau, der schon von der Straße aus gut sichtbar ist. Wäre da nicht die illustrierte Bibel im Regal hinter dem Schreibtisch, das Bild von Franziskus und das Kreuz an der Klinkerwand, man hielte Bruder Andreas in Jeans und rotem Poloshirt wohl für einen ganz normalen Sozialarbeiter.
Jubiläum der Suppenküche
Wenn die Suppenküche des Klosters im kommenden Frühjahr 25 alt wird, hat sich Bruder Andreas viel vorgenommen in Pankow. Er steckt mitten in den Vorbereitungen. Geplant sind unter anderem ein Suppenausschank auf dem Dorfanger, Vorträge, Diskussionen und ein Benefizkonzert. Das Kloster, das sich seit 1921 an dieser Stelle befindet, will sich dann ganz bewusst öffnen. Und sich bedanken. “Die Leute in unserem direkten Umfeld müssen manchmal schon einiges ertragen”, sagt Bruder Andreas. Das tägliche Glockengeläut ist da offenbar noch das geringste Problem. “Es kommen zu uns Leute, die sich nicht immer gut benehmen.” Auch der neue Rewe-Markt gleich nebenan habe da seine Erfahrungen machen müssen. Beschwerden kämen aber ganz selten, so Andreas Brands. Und der Rewe-Markt steuert längst Lebensmittel für die Suppenküche der Franziskaner bei.
Eine Nonne, Schwester Monika, baute 1991 die Suppenküche am Kloster auf. Denn nach der Wende gerieten viele Berliner im Ostteil der Stadt in existenzielle Notlagen. Nach kurzer Zeit kamen 100 Menschen und mehr in die Wollankstraße. Heute sind es an den meisten Tagen mehr als 200, manchmal sogar weit mehr als 400. Schon ab acht Uhr, wenn die Räume geöffnet werden, kommen einzelne Obdachlose oder Bedürftige, deren Einkommen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Nun auch Flüchtlinge. Morgens gibt es Tee und Gesellschaft, mittags dann tatsächlich meist Suppe.Wenn mittags die Glocke zum Essen ruft, steht oft schon eine lange Menschenschlange vor dem Kloster. Sie reicht dann bis zur Straße, dort wo eine riesige Jugendstilschönheit auf der Wand eines Nachbarhauses prangt. Die meisten in der Schlange sind Obdachlose, aber nicht alle. “Manche essen auch gelegentlich hier, weil sie so Geld sparen können, um wieder einmal ins Theater zu gehen”, erklärt Bruder Andreas. Für ihn ist das völlig in Ordnung.
Zur Suppenküche gehören die Hygienestation, die Sozialberatung und die Kleiderkammer. Auch sie wird keineswegs nur von Obdachlosen besucht. Die Armut in Berlin habe in den vergangenen 25 Jahren eher noch zugenommen, sagt Brands. “Auch die soziale Armut.” Das Bedürfnis nach Kommunikation sei groß. Ein Highlight der Suppenküche sei daher die Spielesammlung. Ein Ehepaar aus Italien komme regelmäßig, um mit den Gästen zu spielen. Sie machen das ehrenamtlich, wie alle Helfer des Klosters. 60 sind es insgesamt, 10 bis 12 für eine Tagesschicht. Sie kommen aus Berlin, Potsdam oder Biesdorf, nur wenige aber aus Pankow. “Manchmal rufen Leute aus Süddeutschland an und wollen uns während ihres Urlaubs hier unterstützen. Das nehmen wir natürlich gern an.” Auch die Praktikanten im Kloster kommen aus ganz Deutschland und sogar aus der Schweiz. Wenn Bruder Andreas davon erzählt, schwingt auch Stolz in seiner Stimme mit. Aus der kleinen Pankower Suppenküche ist ein weit über Berlin bekanntes Vorzeigeprojekt geworden. Vor elf Jahren wurde daher auch der gläserne Neubau errichtet. Die architektonische Botschaft ist eindeutig: Armut soll hier nicht versteckt werden.
Bruder Andreas und seine drei Mitbrüder aus dem Kloster, die nach dem Vorbild Franziskus’ in selbst gewählter Armut leben, wollen ganz bewusst auf die Situation ihrer Gäste aufmerksam machen. Auch bei der Nacht der Religionen Ende August öffneten sie ihr Haus und diskutierten mit Interessierten über soziale Missstände in Deutschland und die Auswüchse der Konsumgesellschaft. Bruder Andreas berichtete an diesem Abend von seinen Spendentouren für die Küche. Dass er da manchmal große Ladungen einwandfreier Lebensmittel von Supermärkten erhält, ist zwar einerseits ein Glücksfall für die Suppenküche. Doch die Tatsache, dass in Deutschland tagtäglich Unmengen an Produkten aus den Regalen genommen werden, weil sie nicht mehr taufrisch sind oder das Ende des Haltbarkeitsdatums naht, mache ihm schwer zu schaffen, sagte er. “Einmal bekamen wir einen ganzen Lkw voll mit Joghurt und Pudding. Ich wusste gar nicht, wie viele verschiedene Joghurtsorten es gibt.” Ein anderes Mal fuhr ein Lkw voller Eier auf dem Hof in der Wollankstraße vor. “Das gab ein gutes Eierragout.” Die ehrenamtlichen Helfer stellt das Tagesangebot an Spenden immer wieder vor Herausforderungen. Sie müssen mit dem zurecht kommen, was da ist. Eine gute Suppe könne man aber aus fast allem machen, so Bruder Andreas.
Das Kloster ist aber mehr als die Suppenküche. Bis zu 100 Menschen drängen sich so inzwischen am Wochenende in der kleinen Kapelle, wenn dort Gottesdienst gefeiert wird. Das Kloster ist eine Art Geheimtipp unter Berlinern, zumindest aber unter Pankower Christen. “Als Kloster ohne Pfarrstrukturen genießen wir gewisse Freiheiten”, erklärt sich Bruder Andreas das Phänomen. “Das gibt uns die Möglichkeit, offener zu sein.” Auch Besucher, die nicht katholisch seien, oder Geschiedene seien den Franziskanern willkommen. Am Abend der langen Nacht der Religionen berichtete eine ältere Dame aber auch von Unmut unter Pankows Katholiken, seit die beiden örtlichen Gemeinden Maria Magdalena und St. Georg vor elf Jahren fusionieren mussten. “Auch deshalb gehen viele lieber ins Kloster”, sagt sie.
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