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Der Wasserstand im Spremberger Stausee ist um mehrere Meter gesunken.
© imago/Rainer Weisflog

Anhaltende Trockenheit: Berlins Wassermangel wird immer dramatischer

2018 hat es in Berlin und Umgebung nur halb so viel geregnet wie sonst. Das Land muss mit Brandenburg und Sachsen darüber verhandeln, wie es an Wasser kommt.

Was als verlängerter Spätsommer daherkommt, entwickelt sich zunehmend zur Katastrophe. Sieben Wochen vor Jahresende ist in Berlin und Umland bisher nur halb so viel Regen gefallen wie in einem durchschnittlichen Jahr zu erwarten wäre: 300 statt 600 Liter pro Quadratmeter. Dazu kommt der Dauersommer, der mit einem fast sechs Grad zu warmen April begann und in den bisher fünf Grad zu milden November mündet. Zwar wird es bald kälter, wie der Wetterdienst Meteogroup betont, aber an der dramatischen Trockenheit – die durch die hohe Verdunstung wegen der Wärme noch verschärft wurde – ändert sich nichts.

Inzwischen tagen im Zweiwochenrhythmus Landesbehörden von Berlin, Brandenburg und Sachsen: An jedem zweiten Montag wird in Cottbus neu verhandelt, woher Berlin noch Wasser bekommen kann. „Die Situation ist angespannt“, sagt Derk Ehlert von der Berliner Umweltverwaltung: Ein Speicherbecken in der sächsischen Oberlausitz sei schon leer, und im brandenburgischen Spremberg nähere sich die letzte Talsperre vor Berlin der Grenze, von der an entweder die Schotten geschlossen oder der Spreewald mit einer von Eisenocker aus dem Braunkohleabbau verschmutzten Brühe erstickt werden müssten.

Steigende Pegel melden nur die Rückhaltebecken, in denen mit Sulfat belastetes Wasser aus den Braunkohlegruben zurückgehalten wird. „Diese Becken sind demnächst voll“, sagt Ehlert. Wenn sie überlaufen, ohne dass sauberes Flusswasser ihren Inhalt verdünnt, steigt der Sulfatgehalt der Spree weiter an. Das ist zunächst nur für Bauwerke problematisch, denen das Salz der Schwefelsäure zusetzt. Aber unvermeidlich steigt dann auch die Konzentration im Großen Müggelsee, um dessen Ufer das Wasserwerk Friedrichshagen Trinkwasser für mehrere hunderttausend Berliner gewinnt.

Da fürs Trinkwasser ein verbindlicher Sulfatgrenzwert gilt, müsste mehr Wasser von anderen Werken oder aus tieferen Bodenschichten gefördert werden – „aus Reservoirs, die sich nicht so schnell wieder auffüllen“, wie Stephan Natz sagt, Sprecher der Wasserbetriebe. Die Nachfrage sei zwar mit dem Herbst deutlich gesunken, aber „nächstes Jahr werden die Leute merken, was ihnen in den Gärten alles kaputtgeht, weil es nicht so tiefe Wurzeln hat.“

Sorgen um die Wintermonate

Neues Grundwasser bildet sich in Berlin erfahrungsgemäß nur im Winterhalbjahr, wenn die Vegetation pausiert und weniger verdunstet. „Alle machen sich große Sorgen um die Wintermonate“, sagt Ehlert, „zumal auch die Böden völlig unterversorgt sind. Selbst wenn es ausgiebig regnen würde, wird uns diese Situation noch sehr lange beschäftigen.“

Stausee. Auch die Dahme in Köpenick wird am Mühlendamm gestaut.
Stausee. Auch die Dahme in Köpenick wird am Mühlendamm gestaut.
© Stefan Jacobs

In Teilen Brandenburgs dürfen die Landwirte ihr Wintergetreide nicht mehr bewässern, damit Spree, Havel und Dahme nicht austrocknen. Alle drei Flüsse führen etwa halb so viel Wasser wie sonst im November. Die Grundwasserstände in der Mark sind teilweise schon um einen halben Meter gesunken. Dass Berlin nicht längst auf dem Trockenen sitzt, ist den Schleusen zu verdanken – und den Klärwerken, die die Gewässer mit gereinigtem Abwasser auffüllen. Deshalb drückt beispielsweise die Havel in Spandau zurzeit in die Spree und die wiederum in Köpenick „stromaufwärts“ in den Müggelsee – die Zuflüsse aus den Klärwerken Schönerlinde und Münchehofe machen’s möglich. Langfristig kann auch das die Qualität des aus dem Müggelsee gewonnen Trinkwassers beeinträchtigen. Bisher sei dessen Zustand aber konstant gut, versichert Natz.

Während in Teilen Deutschlands wegen nicht schiffbarer Flüsse bereits der Sprit knapp wird, sind für Berlin deshalb keine Engpässe absehbar: Die Kraftstoffe kommen per Bahn aus Schwedt, und die großen Kraftwerke von Vattenfall bekommen laut Unternehmenssprecher Olaf Weidner genug Steinkohle-Nachschub. „Nur bei der Vorratsbeschaffung für Reuter und Reuter West machen wir momentan etwas weniger, weil unsere Vertragspartner kleinere Schiffe einsetzen.“

Wenn der Mangel sich weiter verschärft, kann die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung den Schleusenbetrieb reduzieren, also Schiffe nur noch im Pulk schleusen. Bei der Reederei Riedel heißt es dazu lapidar: „Ein Schleusenproblem haben wir eigentlich immer. Aber nicht wegen Wasser-, sondern wegen Personalmangels an den Schleusen.“

Ehlert versichert, dass Berlin weiter Wasser bekommt, solange welches da ist: Die Stadt sei finanziell an den Speichern beteiligt, und allen sei die Trinkwasserproblematik bewusst. In acht Tagen steht das nächste Krisentreffen an. Aktuell helfen Lausitzer Fischereibetriebe aus: Im Herbst leeren sie wie üblich ihre Teiche.

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