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Die Spree in Berlin wird von Mensch und Tier genutzt.
© Marius Schwarz/Imago

"Sulfatgespräche": Berlin und Brandenburg beraten über Sulfat im Trinkwasser

Brandenburg soll verhindern, dass zu viel von dem Schwefelsalz ins Berliner Wasser gelangt. Der Braunkohletagebau wird dabei nicht in Frage gestellt.

Was in Berlin aus den Wasserhähnen fließt, stammt zum großen Teil aus Brandenburg: Vor allem die Spree liefert den Rohstoff fürs größte Wasserwerk der Stadt, das von Friedrichshagen aus rund 800.000 Menschen versorgt. Doch mit dem Flusswasser kommt Sulfat, ein Schwefelsalz, das im Gefolge des Braunkohletagebaus durch aufsteigendes Grundwasser in die Spree gelangt.

Die trägt es in den Müggelsee, um den sich die Brunnen gruppieren, die versickertes Wasser in die Leitungen pumpen. Rund zwei Drittel des Berliner Trinkwassers stammen aus diesem sogenannten Uferfiltrat; der Rest aus Grundwasser.

„Die Berliner Stellschrauben sind begrenzt“

Nach jahrelangem Anstieg stagnierte die Sulfatbelastung der Spree zuletzt auf einem Niveau, das gerade reicht, um den gesetzlichen Grenzwert fürs Trinkwasser von 250 Milligramm Sulfat pro Liter sicher einzuhalten. Unter diesen Rahmenbedingungen trafen sich am Donnerstag der Berliner Umweltstaatssekretär Stefan Tidow und sein Amtskollege Hendrik Fischer aus dem Brandenburger Wirtschaftsministerium zum „Sulfatgespräch“, dem fünften seiner Art – und dem ersten unter der grün geführten Berliner Umweltverwaltung, die der auf die klima- und landschaftszerstörende Braunkohle fokussierten Brandenburger Politik kritisch gegenübersteht.

„Wir haben unterschiedliche Positionen zum Braunkohletagebau“, bekannte Tidow. Aber: „Die allgemeine energiepolitische Frage wird an anderer Stelle diskutiert.“ Statt um die Wurzel allen Übels ging es also nur um Schadensbegrenzung. Laut Tidow wurde verabredet, dass die Sulfat-Zielwerte an den Pegelmessstellen der Spree weiter gelten und möglichst eingehalten werden sollen.

Wie, bleibt im Wesentlichen Brandenburg überlassen. „Die Berliner Stellschrauben sind begrenzt“, sagte Tidow. Die Brandenburger allerdings auch: Das Wasser im Oberlauf der Spree kann durch Regulierung von Zu- und Abläufen an Nebenflüssen, Staubecken und durch Mischung mit unbelastetem Grundwasser „verdünnt“ werden – je nach der aktuellen Sulfatkonzentration, die wiederum stark vom Wetter abhängt.

Das existierende Prognosemodell soll weiter verfeinert werden. Bisher zeigt es für alle Szenarien, dass der Zielwert am Spreepegel in Berlin-Rahnsdorf weiter überschritten wird.

Der Ostsee könnte das Wasser weiter versäuern

Über die Stellschraube, die Sulfatfrachten durch zeitweise reduzierten Tagebaubetrieb zu verringern, wurde laut Tidow nicht geredet. Sein Potsdamer Kollege Fischer dankte den Wasserwerken in Berlin und Frankfurt (Oder) dafür, dass sie „trotz angespannter Situation den Grenzwert einhalten“ und erklärte, man müsse „in den Wasserwerken wohl ein bisschen mehr Vorsorge treffen“. Die würde nach einer Berechnung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) für Friedrichshagen mindestens 20 Millionen Euro kosten. Hinzu käme ein enormer Energieverbrauch.

Die Frankfurter Wasserwerke fürchten Kosten in ähnlicher Höhe – und haben kürzlich eine Klage für den Fall angekündigt, dass die Brandenburger Behörden dem Kohlekonzern LEAG die Flutung des Tagebaus Cottbus-Nord, des künftigen „Ostsees“, genehmigen. Sie wollen verhindern, dass die Wasserkunden den durch die Kohleförderung angerichteten Schaden bezahlen. Auch bei den BWB heißt es, dass der „Ostsee“ nach seiner Flutung das Sulfatproblem in der Spree noch vergrößern dürfte. Die LEAG bestreitet das.

Während die Zielwerte fürs Flusswasser nicht einklagbar sind, ist der Grenzwert fürs Trinkwasser verbindlich. Akut gesundheitsschädlich wird es zwar auch bei höheren Konzentrationen nicht, aber es greift Bauwerke wie Brunnen, Kanäle und Rohre an.

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