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Barbara Slowik will ihre Pläne gemeinsam mit Andreas Geisel am Nachmittag vorstellen.
© Paul Zinken/dpa
Update

Pläne der Präsidentin Barbara Slowik: Berliner Polizei steht große Strukturreform bevor

Eine Landespolizeidirektion, eine Hundertschaft für Schwerpunkt-Orte, Staatsschutz und Anti-Terror-Ermittler werden aufgeteilt - das sind die Reformpläne. Nicht alle sind begeistert.

Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik krempelt die Behörde um. Auf einer Pressekonferenz am frühen Nachmittag will sie gemeinsam mit Innensenator Andreas Geisel (SPD) ihre Reformpläne vorstellen. Nun sind bereits erste Details durchgesickert - obwohl die Reform nur im engsten Kreis verabredet wurde, nicht einmal alle Direktionsleiter vorab informiert waren und erst am Dienstagabend um 20 Uhr kurzfristig zur Pressekonferenz eingeladen wurde - "wegen der bis zuletzt währenden Vertraulichkeit".

Es soll die größte Strukturreform seit den 1990-er Jahren sein, berichtet die "Morgenpost". Ein Polizeisprecher wollte den Bericht nur "im Groben" bestätigen. Demnach soll wieder eine Landespolizeidirektion unterhalb des Stabes der Polizei eingeführt werden. Ein ähnliches Konstrukt war im Zuge der Sparmaßnahmen abgeschafft worden. 

Neue Einsatzhundertschaft für kriminalitätsbelastete Orte

Mit der neuen Direktion, die in der Hierarchie auf einer Ebene gleichwertig mit Landeskriminalamt und Polizeiakademie stehen werde, sollen die Polizeipräsidentin und deren Führungsstab vom Alltagsgeschäft entlastet werden. Letztere sollen sich dann um mehr strategische Aufgaben kümmern können.

Das deutlichste Zeichen will Slowik mit einer Einsatzhundertschaft setzen, die sich nur um die sogenannten kriminalitätsbelastete Orte - kurz kbO - kümmert. An diesen Orten - etwa Warschauer Brücke, Hermannplatz, Kottbusser Tor und Alexanderplatz - werden mehr Straftaten verübt als anderswo in der Stadt. Mit der Hundertschaft sollen die Polizeiabschnitte vor Ort entlastet werden. Bekannt ist aber auch, dass die Hundertschaften chronisch unterbesetzt sind. 

Staatsschutz und Anti-Terror-Ermittler werden aufgewertet

Auch beim LKA sind dem Bericht zufolge neue Strukturen vorgesehen. Der für politisch motivierte Straftaten und für Terrorismusbekämpfung zuständige Staatsschutz aufgeteilt werden. Demnach soll es - wie am Mittwoch aus Polizeikreisen verlautete - künftig zwei Abteilungen geben: eine für den Staatsschutz und eine für die Bekämpfung des Terrorismus. Beide Bereiche werden durch eigene Abteilungen im LKA aufgewertet.

Bei Mitarbeitern der Berliner Polizei sorgt das Vorgehen der Polizeipräsidentin für Verstimmungen. Weder die Gewerkschaften noch die Personalräte seien eingebunden worden, sagt Benjamin Jendro, der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Zudem hätten die Polizisten aus der Zeitung von den Reformplänen erfahren. "Eine Strukturreform über die Köpfe hinweg geht gar nicht", sagte Jendro. Auch Jörn Badendick, Sprecher der Berufsverbandes "Unabhängige", der auch den Vorsitz des Gesamtpersonalrats bei der Polizei stellt zeigt sich verwundert: "Reformvorhaben , bei denen die Belegschaft nicht einbezogen wurde, haben sich in der Vergangenheit noch nie bewährt. Der Vorgang offenbart tiefe Gräben zwischen Politik und Behördenleitung auf der einen Seite und der Belegschaft und ihren Personalvertretungen auf der anderen Seite", sagte Badendick. "Es wird wieder der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Vor Umsetzung der Strukturveränderungen ist der Wiederaufbau des Personalkörpers unumgänglich. Davon scheint Berlin jedoch weit entfernt. Bevor neue Führungspositionen geschaffen werden, sollte vorrangig der ausgeblutete Basisdienst wieder aufgestockt werden."

Die Opposition sieht Gefahren für die Sicherheit

Kritisch äußert sich auch der Innenexperte  der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Marcel Luthe. Zur Aufteilung von Staatsschutz und Anti-Terror-Ermittlern beim LKA sagte er: "Organisierte Kriminalität sogenannter Clans und islamischer Terrorismus müssen viel stärker gemeinsam betrachtet und bekämpft werden. Durch die Herauslösung des Staatsschutzes aus dem LKA erreicht man das Gegenteil."

Luthe warnte sich vor der Bildung einer neuen Landespolizeidirektion. "Die Strukturveränderung vergrößert den Wasserkopf an der Spitze, verlängert die Berichtswege und organisiert die Verantwortungslosigkeit schlicht um, statt das Problem grundsätzlich zu lösen. Die Berliner Polizei braucht sicher nicht noch mehr ,Häuptlinge‘", sondern viel mehr ,Indianer‘." Auch die Hundertschaft für kriminalitätsbelastete Ort sieht Luthe skeptisch: "Einmal mehr betreibt der Senator Innenpolitik als PR-Nummer: von neuen Namen und PR-Terminen bekommen wir keinen Beamten zusätzlich in den Einsatz. Die kurze Personaldecke wird nur von hier nach dort gezogen." Gar kein Verständnis hat der Innenpolitiker dafür, "dass die Polizeipräsidentin am Montag im Innenausschuss sitzt und die Pläne mit keiner Silbe erwähnt. Das stärkt sicherlich nicht unser Vertrauen in ihre Arbeit."

Kritik von Gewerkschaften und Berufsverbänden

Auch Daniel Kretzschmar, Landeschef beim Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), sagte: "Es wäre gut gewesen, wenn die Gewerkschaften und Berufsvertretungen eingebunden worden wären." Innensenator Geisel und die Polizeipräsidentin hätten jedoch noch am Mittwochvormittag zugesichert, "dass die Berufsvertretungen in den konkreten Ausgestaltungsprozess eingebunden werden."

Doch selbst aus der rot-rot-grünen Koalition kam Kritik. SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber sagte, nötig sei "eine echte Strukturreform - und nicht noch ein Wasserkopf". Ähnlich wie Luthe hält er das Vorgehen beim LKA für falsch. Nach den Erkenntnissen aus dem Fall des Terroristen Anis Amri sei klar, dass die Bereiche für organisierte Kriminalität und Clankriminalität mit den Anti-Terror-Ermittlern zusammengeführt werden müssten. Die Hundertschaft für die Schwerpunkt-Orte hält Schreiber für den falschen Schritt. Vielmehr müssten die Direktionen und Abschnitt gestärkt werden. Dazu müssten jeder der sechs örtlichen Direktionen wie vormals je eine Hundertschaft als Einsatzkommando zugewiesen werden, sagte Schreiber. Im Zuge früherer Reformen waren diese Hundertschaften den Direktionen entzogen und zentral in der Direktion Einsatz zusammengefasst worden.

Jendro erklärte, zwar wisse die GdP vom Arbeitskreis "Struktur" und habe auch Gespräche mit der Behördenleitung geführt. "Man hat uns aber weder in die geplanten Änderungen eingebunden noch über den aktuellen Sachstand informiert und somit auf unsere Fachexpertise verzichtet", sagte Jendro.

Er warnte davor, dass wieder über "die Köpfe der Kollegen" entschieden werde, "das ist ja schon mal ordentlich gegen den Baum gelaufen". Daneben erinnerte Jendro an das weiterhin größte Problem der Polizei: "Generell sollte jedem klar sei, dass eine bloße Strukturreform nichts an unserem viel zu geringem Personalkörper ändert."

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