Ermittlungen zu rassischen Äußerungen: Berliner Polizei leitet Strafverfahren nach Bericht über rechte Chatgruppe ein
In den Reihen der Berliner Polizei ist laut einem Bericht ein Chat mit rassistischen Inhalten aufgetaucht. Die Behörde hat die Ermittlungen aufgenommen.
Nach der Aufdeckung einer rechtsextremen Chatgruppe bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen ist laut Recherchen des ARD-Magazins „Monitor“ auch in den Reihen der Berliner Polizei ein Chat mit rassistischen Inhalten aufgetaucht. Darin würden Muslime als „fanatische Primatenkultur“ bezeichnet, Flüchtlinge mit Vergewaltigern oder Ratten gleichgesetzt und Neonazis als mögliche „Verbündete“ bei linken Demonstrationen genannt, heißt es in dem Beitrag, der am Donnerstagabend ausgestrahlt werden soll.
Es soll sich um den internen Chat einer Dienstgruppe der Berliner Polizei handeln, in dem sich mehr als 25 Beamte ausgetauscht haben sollen. Vor allem sieben Beamte hätten sich darin regelmäßig klar rassistisch geäußert, häufig in Form von vermeintlichen Witzen, heißt es in dem Bericht. Kollegen hätten die Äußerungen häufig mit Zustimmung kommentiert.
Ein Vorgesetzter der Gruppe sei über rassistische Äußerungen im Chat informiert gewesen. In einer Email habe er die Beamten aufgefordert, keine strafrechtlich relevanten Inhalte zu teilen.
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) erklärte dazu laut Magazin: „Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, ist dies absolut inakzeptabel und hat nichts mit einer modernen, weltoffenen Hauptstadtpolizei zu tun.“ Bei der Innenbehörde war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
Die Berliner Polizei teilte dem Tagesspiegel auf Anfrage zu dem Bericht mit: „Den Informationen, die wir der aktuellen medialen Berichterstattung entnehmen konnten, zufolge wurde eine Chatgruppe zutage gefördert, in der disziplinarwürdige und strafbare Inhalte geteilt wurden. Mit Kenntnis des Sachverhalts haben wir unmittelbar ein Strafverfahren eingeleitet und die Ermittlungen aufgenommen. Dazu zählen selbstverständlich auch die Recherchen zum Inhalt der Nachrichten, zur Dauer des Bestehens der Gruppe, zur Anzahl der Nutzenden sowie zu den betroffenen Dienststellen.“
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Man kommuniziere „stets offen und transparent, wann immer es Rassistinnen und Rassisten in der Polizei Berlin gibt“, teilte die Behörde ferner mit. „Dass Sie in unseren Reihen, in der Polizei im Allgemeinen keinen Platz haben, sie uns als Polizei weder repräsentieren noch ausmachen und wir sowohl präventiv also auch repressiv dagegen vorgehen, kommunizieren wir nicht nur, sondern stellen es auch konsequent unter Beweis.“
Wer die Werte und Ideale der Verfassung ablehne oder sich ihnen entgegenstelle, „muss sich dessen bewusst sein, dass wir als Polizei Berlin dem mit aller Vehemenz, mit allen rechtlichen Möglichkeiten bis hin zur Entlassung entgegentreten.“
Auch über einen „Gesinnungstest“ bei der Polizei-Aufnahme soll gewitzelt worden sein
In den Chats soll auch über einen „Gesinnungstest“ für die Aufnahme bei der Polizei gewitzelt worden sein: „Erschießen Sie sechs illegale Einwanderer.“ Auch die rechtsextreme Ideologie des „großen Austauschs“, wonach die weiße Bevölkerung Europas gezielt durch Migranten ersetzt werde, soll eine Rolle spielen. „Merkels Gäste“ kämen „wie Heuschrecken über Europa“, wird ein Chatpost eines Polizisten zitiert.
Die Chatprotokolle sollen einen Zeitraum von drei Jahren abdecken, sie wurden „Monitor“ nach eigenen Angaben von Berliner Polizisten zugespielt. Sie wollen dem Bericht zufolge anonym bleiben, weil sie dienstliche Konsequenzen fürchteten. Dem ARD-Magazin berichteten sie über alltäglichen Rassismus unter Polizeibeamten. Zwar habe der Vorgesetzte per Email die Beamten aufgefordert, keine strafrechtlich relevanten Inhalte in der Chatgruppe zu teilen. Aber was genau dort geteilt wurde, habe der Vorgesetzte nicht wissen wollen, sagt einer der Polizisten.
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Die beiden Berliner Polizisten berichteten dem Magazin auch davon, dass ihre Kollegen im Dienst bewusst und grundlos Schwarze kontrollieren würden – obwohl verdachtsunabhängiges „Racial Profiling“ verboten ist. Einige Beamten hätten in den Chats auch darüber fabuliert, wie sich die Polizei unter Migranten Respekt verschaffen könne – dafür müsse in Deutschland „jeden Tag einer ins Jenseits“. Zu Demonstrationen der linken Szene sollen sie über Schusswaffengebrauch fabuliert und vorgeschlagen haben, den „Rechten eine Party zu gönnen“. Die könnten „Verbündete“ sein.
Der Vorsitzende des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Sebastian Fiedler, konnte einige Auszüge des Chats einsehen. Was er dort gesehen habe, stehe „in diametralem Gegensatz“ zu den Werten des Grundgesetzes. Fiedler fürchtet außerdem Auswirkungen rassistischer Einstellungen auf die konkrete Polizeiarbeit.
Cioma: „In unserer Polizei ist kein Millimeter Platz für Extremisten“
Ein Sprecher von Innensenator Geisel erklärte, die Pressestelle der Innenverwaltung habe über eine Anfrage von den Chats erfahren. Das Magazin „Monitor“ habe dem Innensenator drei Beispiele aus den Chats vorgelegt. Alles weitere sei im Augenblick noch offen. Über den Umfang und weitere Inhalte der Chat, beteiligte Personen und die betroffene Dienststelle lägen der Innenverwaltung nicht vor. Die Ereignisse zeigten aber, wie wichtig der von Geisel vorgelegte 11-Punkte-Plan gegen rechtsextreme und rassistische Tendenzen für Berlin sei.
Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Norbert Cioma, erklärte, man distanziere sich von jeglichem rechtsextremistischen Gedankengut und stehe als GdP zu einhundert Prozent zu den Werten der demokratischen Grundordnung. „Wir haben derzeit keine genauen Kenntnisse über die Beteiligten, die Dienststellen und den Inhalt, aber werden genau verfolgen, was im Bericht zu sehen ist. Wir sind uns sicher, dass sich die Berliner Polizei sich mit den Vorwürfen auseinandersetzt, das lückenlos aufklärt und dementsprechende Konsequenzen zieht“, so Cioma. „In unserer Polizei ist kein Millimeter Platz für Extremisten und wir erwarten von allen demokratischen denken Kolleginnen und Kollegen, dass sie entschlossen gegen jegliche Tendenzen vorgehen.“
Auch der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) Berlin, Daniel Kretzschmar, stellte klar, die Polizei müsse "immer und ausnahmslos Team Grundgesetz sein!" Das gelte auch dann, wenn die Arbeitsbedingungen schwierig sind und der Umgang mit kriminellen und gefährlichen Personen uns jeden Tag viel abverlangt. Das ist kein Grund, rechtsextrem zu werden." (mit dpa)
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