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Kannste lange suchen - Wohnungen in Berlin gibt es kaum noch und wenn, dann nur für teuer Geld.
© picture alliance / dpa
Update

Wohnen in Berlin: Berliner Mieterverein: Mietpreisbremse soll entfristet werden

Laut einer Studie sind die Immobilien-Angebote einschlägiger Internetportale oft teurer als zulässig. Der Berliner Mieterverein fordert den Justizminister auf einzugreifen.

Acht bis neun Euro je Quadratmeter und Monat im Durchschnitt, das sehen Grundeigentümer als die überall und jederzeit erzielbare Miete für eine freie Wohnung in Berlin an – wobei in Friedrichshain-Kreuzberg und anderen zentral gelegenen und angesagten Quartieren ein paar Euro mehr gehen. Dass es eine Mietpreisbremse in Berlin gibt, interessiert fast niemanden so richtig – allenfalls die landeseigenen Wohnungsunternehmen.
Dies ist – zugespitzt – die Bilanz der Untersuchungen des „Instituts für Soziale Stadtentwicklung“ (ifss) sowie von „Regiokontext“ über die Wirkung(-slosigkeit) der neu eingeführten Mietpreisbremse. Im Auftrag des Berliner Mietervereins hatten die Wissenschaftler die Immobilien-Angebote einschlägiger Internetportale ausgewertet. Bilanz: In 80 Prozent der Fälle lag die Miete oberhalb des gesetzlich Zulässigen, besonders stark bei Altbauten aus der Gründerzeit im Zentrum der Stadt: um bis zu 70 Prozent.
Der Chef des Berliner Mietervereins Reiner Wild fordert deshalb Korrekturen am bestehenden Gesetz zur Mietpreisbremse noch in dieser Legislaturperiode. Die Mietpreisbremse begrenzt eigentlich die zulässige Höchstmiete bei Neuvermietungen auf zehn Prozent oberhalb des „Ortsüblichen“, was laut Mietspiegel in der Stadt gut 6,60 Euro je Quadratmeter und Monat wären. Dass es zu diesem Preis so gut wie keine Angebote gibt, liege einerseits an den vielen im Gesetz eingeräumten Ausnahmen sowie daran, dass die Überprüfung der Miete nur schwer möglich sei.

Nur 55 Mieter ließen Miete überprüfen

Es liegt aber auch an den Berliner Wohnungsinteressente, die überhöhte Mieten klaglos hinnehmen: Obwohl der Berliner Mieterverein eine kostenlose Überprüfung des Mietpreises anbietet, haben an dieser Aktion nur 55 Berliner teilgenommen. Und bei diesen neu abgeschlossenen Verträgen war die zulässige Miete um 31,7 Prozent überschritten. Das entspricht ziemlich genau der durchschnittlichen Überschreitung, die beiden Forschungsinstitute bei der Untersuchung der Online angebotenen Wohnungen festgestellt hatten.

Dass es so wenig kampfesbereite Berliner Mieter gibt, erklärt Wild mit dem aufwendigen Verfahren: Bereits kurz nach dem Abschluss des Mietvertrages muss der Mieter den gerade unterschriebenen Vertrag in Zweifel ziehen und seinen Vermieter „rügen“. Das belastet des Verhältnis, was Mieter lieber vermeiden, da sie etwa bei späteren Reparaturen auf den Vermieter angewiesen ist. Und auch wenn die zulässige Miete überschritten ist, kann der Vermieter oft auf die Ausnahmen pochen. Doch den Beweis zu führen, dass diese in ihrem Fall nicht greifen dürften, ist für Mieter oft schwer.

Deshalb will der Mieterverein die Ausnahmen ganz abschaffen: zum Beispiel das Recht auf Neuvermietung zum zuletzt erzielten Mietpreis. Außerdem sollte bei einer Überschreitung der zulässigen Miete um mehr als 20 Prozent das Wirtschaftsstrafgesetz greifen. Schließlich forderte Wild den Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) dazu auf, die Gültigkeit der Mietpreisbremse zu entfristen, die bisher nur fünf Jahre gilt.

Die Belastung der Berliner ist erreicht

Eine gute Nachricht gibt es für Mieter auch: in den letzten Monaten stiegen die Mieten angebotener Wohnungen nicht mehr. Die Belastungsgrenze der Berliner Haushalte ist offensichtlich erreicht. Am stärksten langen die Vermieter bei den Altbauten aus der Gründerzeit (bis 1918) zu und verlangen durchschnittlich 3,32 Euro je Quadratmeter und Monat mehr als zulässig. Auch Eigentümer von nicht mehr ganz neuen Bauten aus den Jahren 2003 bis 2013 verlangen im Durchschnitt 2,50 Euro je Quadratmeter mehr als die Mietpreisbremse erlaubt.

Am wenigsten betroffen sind Plattenbauten aus dem Osten der Stadt, für die durchschnittlich nur 40 Cent mehr verlangt werden als zulässig. Die Forscher erklären das mit der Lage am Rande der Stadt und mit den Eigentümern, oft städtischen Wohnungsunternehmen, die sich an die Regeln halten müssen.

Bei vier von fünf Fällen überschritten die angebotenen Immobilien die zulässige Miete, im Durchschnitt aller Fälle um 2,18 Euro je Quadratmeter (nettokalt). Wohnungen, die aufwendig modernisiert worden waren, hatten die Forscher außen vor gelassen – denn diese sind auch gesetzlich von Regelungen zur Mietpreisbremse ausgenommen sind. Wohnungen in Berlin bieten die Eigentümer laut Regiokontext im Durschnitt für 8,67 Euro je Quadratmeter und Monat nettokalt an. Das IffS kam bei seiner Untersuchung auf 9,71 Euro im Durchschnitt. Die stärkste Überschreitung gebe es in Friedrichshain-Kreuzberg mit 3,64 Euro je Quadratmeter. Städtische Unternehmen hielten sich an die Regeln.

Vermieter kritisieren die Studien

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) kritisierte die Studien des Berliner Mietervereins. Als Grundlage zur Berechnung für die vermeintliche Überschreitung des Mietspiegels seien nur die Mittelwerte des Mietspiegels herangezogen worden. Unberücksichtigt blieben dabei die besonderen Merkmale der konkret angebotenen Wohnung - hochwertiges Parkett, ruhige Lage, hochwertige Küche oder ähnliches -, die im Mietspiegel normalerweise als "Sondermerkmale" zur Berechnung der realen ortsüblichen Vergleichsmiete einfließen müssen. Außerdem bildeten die 50000 "Neuvermietungs-Fallzahlen" auf den Online-Portalen nur noch einen Teilmarkt in Berlin ab. Unberücksichtigt blieben viele Angebote der BBU-Mitgliedsunternehmen, die eine "mietendämpfende Wirkung" hätten. BBU-Chefin Maren Kern sprach deshalb von einem "Schnellschuss" - die Studie komme ja selbst zu dem Schluss, dass seit Einführung der Mietpreisbremse die "Mietendynamik deutlich gebremst" worden sei.

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