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Kai Wegner, Landesvorsitzender der CDU-Berlin und Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl 2021.
© Christoph Soeder/dpa

Partei stellt Wahlprogramm vor: Berliner CDU will jedes Schlagloch innerhalb von 24 Stunden reparieren

Die CDU verspricht viel im Programm. Parteichef Kai Wegner fordert in vielen Bereichen einen Neustart. Eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnt er kategorisch ab.

135 Seiten hat das Regierungsprogramm der Berliner CDU für die Abgeordnetenhauswahl, das am Freitag von Parteichef Kai Wegner, Generalsekretär Stefan Evers und dem früheren Ersten Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust, vorgestellt wurde. Von Beust leitete den Berlin-Beirat, der aus 25 Mitgliedern bestand, drei Mal tagte und sich für die Präambel des Wahlprogramms verantwortlich zeichnete. Als Leitmotiv des „Berlin-Plans“ der CDU stehe „Verlässlichkeit“, sagt von Beust. Das Programm will die CDU auf einem Parteitag am 19. Juni verabschieden.

Parteichef Wegner stellte auf Nachfrage klar, dass es eine Zusammenarbeit mit ihm und der Berliner CDU mit der AfD auch in Zukunft nicht geben werde. Berlin sei die Stadt der Vielfalt. „Wenn eine Partei dazu nicht passt, ist es die AfD. Mit mir wird es keinerlei Zusammenarbeit, weder Koalition noch Kooperation noch irgendeine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Die AfD ist eine unserer Hauptgegner. Die AfD ist unser Feind. Wir wollen eine Politik der Mitte, keine Politik mit den Rändern“, sagte Wegner.

Der Berlin-Plan sei für ihn „Verlässlichkeit, Erfolg, Zusammenhalt, die Stadt nach vorn bringen“. Berlin habe schon häufig einen Aufbruch „gewagt“.

Wegner forderte einen Neustart für Berlin in nahezu allen Bereichen. Er kam auf Wirtschaft und Bildung zu sprechen. Die Auswirkungen des Lockdowns würden gerade in den Schulen erlebt. „Wir brauchen in dieser Stadt einen neuen Politikstil“ sagte Wegner und nannte als Beispiel die Diskussionen über die unterschiedlichen Öffnungsszenarien der Schulen unter Rot-Rot-Grün. Eltern und Lehrer müssten planen können. „Das nenne ich Verlässlichkeit.“

Lehrkräfte müssten gut ausgebildet sein, die Schulen sollten Orte zum Wohlfühlen werden. „Wir stehen für die Verbeamtung von Lehrkräften“, forderte Wegner im Hinblick auf die Konkurrenzsituation mit anderen Bundesländern. „Bildung ist der wichtigste Rohstoff.“

CDU will Kopfnoten wieder einführen

Die CDU will Kopfnoten wieder einführen, das Schulschwänzen „aktiv“ bekämpfen, am Neutralitätsgesetz festhalten und Whiteboards für jede Klasse sowie digitale Endgeräte für jedes Schulkind zur Verfügung stellen. Das Losverfahren an Gymnasien soll abgeschafft werden, Schulen sollen selbst entscheiden, ob sie das Abitur als G8 oder G9 anbieten wollen.

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Zudem fordert die CDU, der mittlere Schulabschluss (MSA) solle abgeschafft werden. Mit Versetzung in Klasse 11 sollen Schüler:innen den MSA erhalten. Konsequent solle in den Schulen eine Meldepflicht für antisemitische Vorfälle und Übergriffe aus anderen religiösen Motiven durchgesetzt werden.

Rot-rot-grüner Politikstil sei von Konfrontation geprägt worden wie beim Thema Mobilität. „Wir wollen eine Verkehrswende mit den Berlinern“, sagte Wegner. Angebote müssten geschaffen werden, damit Verkehrsteilnehmer in den öffentlichen Personennahverkehr „umsteigen“ werden. Berlin brauche smarte, vernetzte Lösungen. Der neue Politikstil müsse in Dialogen funktionieren.

Straßenbahnausbau nur im Ostteil der Stadt

Ein Mobilitätsgesetz müsse auch funktionieren, das Fahrradfahren sei nicht wirklich sicherer geworden. „Wir brauchen einen echten Neustart in der Mobilität“, sagte Wegner. Die CDU wolle ein Gesetz, was alle Verkehrsteilnehmer in den Blick nehme. Eine City-Maut werde es mit der Union nicht geben.

Die CDU verspricht zudem in ihrem Programm, dass „jedes Schlagloch binnen 24 Stunden nach Meldung“ repariert werde und dass jede Berliner:in „von jeder ÖPNV-Haltestelle“ grundsätzlich in höchstens 30 Minuten Fahrzeit den Bahnhof Zoo oder den Alexanderplatz erreichen werde.

Berlins CDU-Chef Kai Wegner (l) und Generalsekretär Stefan Evers mit dem Entwurf des Regierungsprogramms nach der digitalen Pressekonferenz.
Berlins CDU-Chef Kai Wegner (l) und Generalsekretär Stefan Evers mit dem Entwurf des Regierungsprogramms nach der digitalen Pressekonferenz.
© Christoph Soeder/dpa

Ein neuer S-Bahnhof soll zwischen Attilaplatz und Marienfelde „schnellstmöglich eingefügt“ werden, um den Gewerbepark auf dem Gelände des ehemaligen Gaswerks Mariendorf besser anzubinden. Der U-Bahn-Ausbau solle fortgesetzt werden, auch weitere Busspuren soll es mit der CDU in Berlin geben. Der Straßenbauausbau solle künftig den Schwerpunkt im Osten der Stadt haben.

CDU verspricht 50000 neue Ladepunkte in fünf Jahren

Genauso will die CDU den Klimaschutz „angehen“ und die Klimaziele über „Anreize“, nicht über Verbote erreichen. Autos mit Verbrennermotoren sollten laut Plan von R2G gar nicht mehr gekauft werden, um das Ziel einer Zero-Emission-Zone bis 2030 zu erreichen. „Aber wo bleibt die Ladeinfrastruktur“, fragte Evers. „Das hätten wir schon längst anfangen können. Einfach machen.“

Die CDU will mindestens 50.000 neue Ladepunkte in den nächsten fünf Jahren aufbauen und das Ziel von 75 Prozent emissionsfreien Fahrzeugen bis 2030 in Berlin erreichen.

Beim Thema Park-and-Ride brauche ein attraktiveres Angebot, um auf Bus und Bahn auch in den Außenbezirken umzusteigen. Die CDU verspricht mehr als 10.000 neue Park-and-Ride-Stellplätze für Pendler. Car-Sharing soll auch in Außenbezirken angeboten werden. Zudem will die CDU einen „Neustart“ für die Fahrradstaffel der Berliner Polizei: Sie soll weiter ausgebaut werden.

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Einen „Neustart“ forderte Wegner auch beim Thema Wirtschaft und Arbeit. Das wolle man gemeinsam mit der Wirtschaft, dem Handwerk, der Start-up-Szene gestalten. „Wir brauchen ein richtig großes Konjunkturprogramm.“ Statt mehr Geld brauche die Wirtschaft schnellere Genehmigungsverfahren. Die CDU fordert den Ausbau der Wirtschaftsförderung in den Bezirken, ein Vorhalten von Flächen für kleine und mittlere Unternehmen sowie eine Task Force „Förderung des Einzelhandels“ in der Wirtschafts- und Stadtentwicklungsverwaltung, um die Innenstadt nach der Corona-Pandemie wieder zu revitalisieren.

In der Finanzpolitik will die CDU einen Kassensturz für eine mittelfristige Finanzplanung machen. Um die Liquidität des BER zu stärken, schlägt die CDU wie schon im Hauptausschuss diese Woche eine Partnerschaft mit privaten Unternehmen vor.

1000 neue Stellen für die Polizei

„Ich liebe diese Vielfalt in Berlin“, betonte Wegner mehrfach. „Aber genauso konsequent müssen Kriminalität bekämpft und rechtsfreie Räume in der Stadt nicht zulassen werden.“ Er wolle das Misstrauen gegenüber der Polizei beenden.

Zudem müsse Berlin sauberer werden. „Auf einmal steht eine Couch, ein Fernseher auf der Straße.“ Gegen Verwahrlosung müsse gekämpft werden. Berlin müsse eine grüne Stadt bleiben mit hoher Lebensqualität.

Die CDU fordert in ihrem Wahlprogramm überdies ein Polizeigesetz, die gesetzliche Regelung des finalen Rettungsschusses, die Abschaffung des Landesdiskriminierungsgesetzes, die Einführung von Tasern, 1000 zusätzliche Stellen für den Polizeivollzugsdienst und ein Ehrenmal für verletzte oder getötete Polizist:innen.

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Flächendeckend sollen kriminalitätsbelastete Orte laut Wahlprogramm "Videoschutz" erhalten, Drogendealern müsse mit Null-Toleranz „zu Leibe“ gerückt werden. Die Eigenbedarfsgrenze bei Cannabis soll von 15 auf 5 Gramm gesenkt werden. Die Bekämpfung krimineller Clans soll durch eine Taskforce beim Landeskriminalamt intensiviert werden, die Al-Nur-Moschee will die CDU „endlich schließen“. Und linke Gefährder sollen analog der Rechtsextremismus-Datei gesondert erfasst werden.

CDU will Mietergeld einführen

Rot-Rot-Grün sei in der Baupolitik gescheitert. Berliner:innen hätten Angst, ihre Wohnungen zu verlieren. Die CDU stehe für eine „echte Wohnungsneubauoffensive“, um die Berliner Mischung in den Innenstädten erhalten. Mit dem „Berliner Mietergeld“ solle ein neuer Ansatz geschaffen werden, das im Mietpreissegment von 8 bis 13 Euro pro Quadratmeter gewährt werden soll, wenn der Anteil der Miete mehr als 30 Prozent des monatlichen Haushaltseinkommens ausmacht.

Die CDU will 300.000 neue Wohnungen bis 2035 bauen, ein Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen gründen, Teile der Stadtautobahn mit Wohnungen überdeckeln. Ein Enteignungsgesetz lehnt die Union ab.

Wegner hält ein zweistufiger Verwaltung fest

Zu den Problemen in den Bürgerämtern sagte Wegner: „Wir brauchen eine bessere Digitalisierung. Wir wollen es angehen in dem Bereich.“ Wegner forderte klare Zuständigkeiten, aber eine einstufige Verwaltung lehnte er ab. „Aber die Senatsverwaltungen brauchen eine stärkere Verantwortlichkeit bei Großprojekten.“

Er forderte eine Verwaltungsreform. Er habe nichts gegen einen Verfassungskonvent, wie ihn Innensenator Andreas Geisel (SPD) vor kurzem im Parlament vorgeschlagen hatte. Denn zu einer Änderung der Verfassung braucht es eine Zweidrittelmehrheit des Parlaments. Ohne die Zustimmung der CDU wird dies wohl auch nach der Wahl nicht funktionieren.

Und damit stellte Wegner auch klar: Es soll klare Zuständigkeiten geben, aber eine Abschaffung der zweistufigen Verwaltung werde die CDU nicht mittragen. 

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