„Rund 100 Absagen“ für Räume: Berliner AfD muss Parteitag möglicherweise absagen
Weil sie keinen Raum findet, erwägt die Berliner AfD eine Absage ihres Landesparteitags. Doch es gibt Zweifel an der Begründung. Auch der Senat äußert sich.
Keine zwei Wochen vor dem von der Berliner AfD für die Durchführung ihres Landesparteitags vorgesehenen Termin am 9. und 10. November erwägt die Partei dessen Absage. Landeschef Georg Pazderski erklärte auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in der Landesgeschäftsstelle der Partei am Dienstag: „Der Landesverband muss möglicherweise seinen Landesparteitag absagen." Er begründete das mit den Problemen der AfD, geeignete Räumlichkeiten in Berlin oder dem Brandenburger Umland zu finden.
Dem Parteichef zufolge seien bereits zugesagte Räumlichkeiten durch die Inhaber wieder abgesagt worden, nachdem diese oder deren Mitarbeiter persönlich bedroht oder mit Morddrohungen überzogen worden seien. Der Tenor: "Linksextreme Gewalttäter" würden der Partei ihr Recht auf demokratische Teilhabe nehmen.
"Wir haben eine Krise der Demokratie, wenn wir dieses Problem nicht lösen", erklärte Beatrix von Storch, Vize-Chefin der AfD-Bundestagsfraktion und genau wie die Berliner AfD-Vize-Chefin Jeannette Auricht Sitznachbarin von Pazderski. Alexander Bertram, Landesgeschäftsführer der AfD, sprach von "Terror".
Während ein ursprünglich für den 1. September geplanter außerordentlicher Landesparteitag für die Neuwahl des Landesschiedsgerichts hatte abgesagt werden müssen, kassierte die AfD auf der Suche nach einem Raum für den 9./10. November bis Anfang Oktober bereits 76 Absagen. Mittlerweile ist ihre Zahl laut Pazderski auf "rund 100" gestiegen.
Zweifel an der Raumnot
Jedoch: Es gibt Hinweise darauf, dass die Absage von Parteitag und Vorstandswahl längst beschlossene Sache ist. Zwar hatte Pazderski eine entsprechende Meldung des Tagesspiegels aus der Vorwoche als „falsch“ bezeichnet und Parteisprecher Ronald Gläser auf Twitter von „Fakenews“ gesprochen, mehrere Mitglieder der Partei wiederum bestätigten die Meldung mit Bezug auf Vorstandskreise.
Auf die ebenfalls aus Parteikreisen erhobenen Vorwürfe, der Landesvorstand habe mehrere Raumangebote aus der Mitgliedschaft, darunter auch vom Brandenburger AfD-Landeschef Andreas Kalbitz, ausgeschlagen, reagierte Pazderski am Dienstag ausweichend. Die Angebote würden derzeit noch geprüft, so der Vorsitzende.
Fest steht: Die Pankower AfD wird sich am kommenden Montag mit der Frage beschäftigen, wann der nächste Landesparteitag stattfindet. Sie ist Teil der Tagesordnung für das "Bezirkstreffen", die von Bezirkschef Michael Adam am Montag versendete Einladung dazu liegt dem Tagesspiegel vor.
Warum sich die Pankower Mitglieder mit einem neuen Termin für den Landesparteitag beschäftigen sollen, der laut Pazderski noch gar nicht abgesagt ist, blieb am Dienstag unklar. Beatrix von Storch wollte sich dazu nicht äußern. Pazderski betonte, eine endgültige Entscheidung über die Absage des Parteitags sei noch nicht gefallen. Wann das spätestens geschehen werde, ließ er offen.
Klar ist: Der Druck auf den Landesvorstand wächst. Platzt der Parteitag, muss auch die Neuwahl des Landesvorstands vertagt werden. Weil die maximale Amtszeit von zwei Jahren dann überschritten wird, Pazderski und Co waren am 4. November 2017 gewählt worden, muss ein Notvorstand eingesetzt werden. Ein Problem für Pazderski, der sich auf dem Bundesparteitag der AfD am 30. November in Braunschweig erneut für den Bundesvorstand seiner Partei bewerben will. Kritiker wiederum werfen ihm vor, die Wahl auf Landesebene verzögern zu wollen.
AfD-Landeschef Pazderski: Müller muss dafür sorgen, dass AfD ein Raum zur Verfügung gestellt wird
Ebenfalls am Dienstag kündigte Pazderski an, einen Brief an Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) verfasst zu haben. Der müsse in seiner Rolle als „Bürgermeister für alle Berliner“ nun dafür sorgen, dass der AfD ein Raum für die Durchführung ihres Parteitags zur Verfügung gestellt werde.
„Wenn Herr Müller seine Aufgaben als der Regierender Bürgermeister Berlins wirklich wahrnimmt, wird er auch hoffentlich richtig entscheiden“, erklärte Pazderski. Die AfD habe diesem drei Räume vorgeschlagen, die für die Ausrichtung einer Veranstaltung mit bis zu 450 Gästen geeignet seien, sagte Pazderski weiter. Die Nachfrage, um welche Räume es sich dabei handele, konnten weder er noch AfD-Landesgeschäftsführer Alexander Bertram beantworten.
Senatssprecherin Claudia Sünder erteilte dem Ansinnen postwendend eine Abfuhr. Sie stellte klar, „dass weder der Regierende Bürgermeister alleroberster Saalvermieter in Berlin ist, noch die Senatskanzlei die Organisationszentrale der AfD“. Und fügte hinzu: „Anzunehmen, dass die Senatskanzlei dafür zuständig ist, Räumlichkeiten für Veranstaltungen für Parteien zur Verfügung zu stellen, ist einigermaßen absurd. Das betrifft Anfragen der Koalition genauso wie der Opposition.“