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Georg Pazderski, Landesvorsitzender der AfD Berlin.
© Christoph Soeder/dpa
Exklusiv

Über 70 Absagen für Räume: AfD Berlin hält Parteitag jetzt in Brandenburg ab

Weil es auf der Suche nach Räumen nur Absagen gibt, soll der Parteitag nun in Brandenburg stattfinden. Auch finanziell gibt es Probleme.

Den Berliner Landesverband der AfD zieht es nach Brandenburg: Angesichts massiver Probleme bei der Anmietung von Räumen für parteiinterne Veranstaltungen will der Hauptstadt-Verband seinen für Anfang November geplanten Landesparteitag Tagesspiegel-Informationen zufolge vor den Toren Berlins abhalten. Das erfuhr der Tagesspiegel am Dienstag aus Parteikreisen.

Während Parteisprecher Ronald Gläser für Rückfragen nicht zu erreichen war, dementierte eine Mitarbeiterin der wenige Kilometer südlich der Berliner Landesgrenze liegenden "Eventlocation", die im Jahr 2014 Gastgeber für einen Landesparteitag der Brandenburger AfD war, die Anmietung auf Nachfrage. Insider werteten das Dementi als Schutzvorkehrung, um nicht in das Visier von Linksextremisten zu geraten.

Zuletzt hatte es mehrfach Fälle gegeben, in denen Besitzer von an die AfD vermieteten Räumen bedroht oder attackiert worden waren. So musste die Partei im Vorfeld der Europawahl einen neuen Ort suchen, nachdem die Vermieterin in Berlin-Moabit bedroht und ihr Gebäude beschmiert worden war.

Aufschluss über die Gründe der geplanten AfD-Landflucht gibt ein Montagmittag verschicktes Rundschreiben des von Georg Pazderski angeführten Landesvorstands an die Mitglieder der Berliner AfD. Darin ist von einer „sehr intensiven, aber wenig ergiebigen Suche nach Räumlichkeiten“ die Rede.

„Mittlerweile sind wir fündig geworden“

Der Partei falle es „zunehmend schwerer, passende und ausreichend große Räumlichkeiten für Veranstaltungen des Landesverbandes in Berlin zu finden“, heißt es weiter. Demnach habe die AfD im Zuge der „mehrere Wochen dauernden intensiven Suche nach geeigneten Räumlichkeiten“ 76 Absagen erhalten.

Über die Location für den Landesparteitag lässt der Vorstand die Mitglieder zwar noch im Unklaren, erklärt aber: „Mittlerweile sind wir fündig geworden und Ihnen werden in Kürze die Einladung und weitere Informationen zum Landesparteitag zugehen.“

Gut möglich, dass der für viele Teilnehmer des Mitgliederparteitags längere Fahrtwege bedeutende Umzug nach Brandenburg mit der Absage des jüngsten, ursprünglich für den 1. September geplanten Landesparteitags, zusammenhängt. An diesem Tag wollte die AfD das im Mai nach internen Streitigkeiten zurückgetretene Landesschiedsgericht neu wählen lassen und hatte dafür einen Raum im Gemeinschaftshaus Lichtenrade angemietet.

Parteitag im September abgesagt

Da als Mieter der Bezirksverband von Tempelhof-Schöneberg aufgetreten war, die geplante Veranstaltung aber landespolitischen Charakter trug, kündigte der Stadtrat Björn Oltmann (Grüne) den Vertrag mit Verweis auf die Nutzungs- und Entgeltordnung des Bezirkes kurzfristig.

Eine Klage der AfD wurde zunächst vom Verwaltungs- und später auch vom Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen, der Parteitag fiel aus. Da neben der Neuwahl des Landesvorstands sowie der Wahl der Berliner Mitglieder des AfD- Parteikonvents deshalb Anfang November auch die Wahl des Landesschiedsgerichtes auf der Tagesordnung steht, hat der Landesvorstand sicherheitshalber den 9. und 10. November dafür geblockt.

Neben Raumproblemen plagen die Berliner AfD finanzielle Sorgen. Im Mitgliederrundschreiben heißt es, durch säumige Beitragszahler verliere die Partei Jahr für Jahr Mitgliedsbeiträge und staatliche Mittel „in beträchtlichem Umfang“.

Aus einer durch die Landesgeschäftsstelle erarbeitete Aufstellung der säumigen Beitragszahler gehe hervor, „dass im Berliner Landesverband allein für das laufende Jahr 2019 bei den Beitragszahlungen Außenstände in Höhe von rund 40.000 Euro bestehen.“ Addiert um die Summe der dadurch ausbleibenden Mittel aus der Parteienfinanzierung fehlten dem Landesverband 100.000 Euro allein 2019. „Geld, das wir ganz dringend für unsere politische Arbeit benötigen“, erklärt der Landesvorstand.

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Listen mit ausstehenden Beiträgen sollen den Bezirksverbänden „in Kürze“ zur Verfügung gestellt werden, „damit säumige Zahler direkt angesprochen werden können“. Sollten die Außenstände nicht beglichen werden, drohe der Ausschluss vom Parteitag.

Pikant: Unter den Schuldnern befinden sich laut Landesvorstand auch „wohlsituierte Mitglieder und Personen, die inzwischen Einkommen aus ihrer politischen Arbeit beziehen“. Sie zahlten teilweise nur den Mindestbeitrag von 30 Euro pro Jahr.

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