zum Hauptinhalt
Sitzen im Homeoffice: In der Pandemie ist die Zahl der Krankschreibungen wegen Rückenleiden deutlich gestiegen.
© dpa/Fabian Strauch
Exklusiv

Debatte um Pflicht zum Homeoffice: Berlin will vorerst keine schärferen Regeln als der Bund

Berlins Senat will zum Schutz vor dem Coronavirus, dass mehr Menschen im Homeoffice arbeiten. Doch das scheitert an Uneinigkeit und der eigenen Technik.

Berlin verzichtet auf eine schärfere Regelung zum Homeoffice in Unternehmen und orientiert sich stattdessen am Vorgehen des Bundes. Tagesspiegel-Informationen zufolge sollen zunächst die Auswirkungen der am vergangenen Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossenen Verordnung abgewartet und ausgewertet werden. 

Für den Fall, dass die Daten keinen wesentlichen Rückgang der Mobilität auf Straßen und in Verkehrsmitteln erkennen lassen, sind vor allem von den Linken geforderte Verschärfungen möglich. Ein am vergangenen Mittwoch in einer Sondersitzung des Senats dem Vernehmen nach „einvernehmlich“ vertagter Entwurf von Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) ist damit zumindest vorerst vom Tisch.

Tatsächlich ging der von der Arbeitsverwaltung vorgelegte Entwurf deutlich über die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ausgearbeitete Verordnung hinaus und sah ein Verbot von Bildschirmarbeit im Betrieb vor. Ausnahmen hätten lediglich dann greifen sollen, wenn Arbeitnehmer:innen an sogenannten Tele-Arbeitsplätzen, „außerhalb des Geländes eines Betriebes“ arbeiten oder betriebliche Gründe die Arbeit auf dem Firmengelände „zwingend erforderlich machen“. 

Gründe dafür hätten laut dem Entwurf „unvertretbare negative betriebswirtschaftliche Folgen“ wie Produktionsunterbrechungen, Betriebsstillegungen, Gefährdungen für Leib und Leben von Menschen oder des Wohls von Tieren sein können. Auch die tatsächliche Gefährdung der Leistungsfähigkeit Kritischer Infrastruktur und der Daseinsvorsorge hätten Ausnahmen begründen können.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Im Vergleich dazu ist die vom Bundeskabinett beschlossene Verordnung weit weniger restriktiv. Sie verpflichtet Arbeitgeber zum Angebot der Heimarbeit, wenn das betrieblich möglich ist. Eine Pflicht zur Heimarbeit für Arbeitnehmer:innen gibt es nicht und sie gilt – unter anderem wegen des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung – nach Einschätzung des Ministeriums als rechtlich schwierig. 

Im Hintergrund heißt es, schon diese Regelung sei mit der CDU auf Bundesebene extrem schwer zu verhandeln gewesen. In Berlin wiederum hatte sich neben den Linken auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) wiederholt für schärfere Regeln für Wirtschaft und Unternehmen ausgesprochen.

Nach einem Treffen von Arbeits- und Wirtschaftsverwaltung mit Unternehmerverbänden und Gewerkschaften blieb es bei voneinander getrennten Appellen. Auf eine gemeinsame und verbindliche Linie konnten sich die Beteiligten dem Vernehmen nach nicht einigen.

Homeoffice in der Verwaltung kommt nur schleppend voran

Unterdessen kommt die Hauptstadt auf dem Weg, den knapp 130.000 Mitarbeiter:innen der eigenen Verwaltung die Arbeit von zu Hause aus zu ermöglichen, nur schleppend voran. Zwar sind laut einer Sprecherin des IT-Dienstleistungszentrums Berlin (ITDZ) die restlichen 2000 von 5000 für die Bezirke vorgesehenen Laptops mittlerweile angekommen. 

Von ihrer Inbetriebnahme und der damit verbundenen Heimarbeit für die Beschäftigten sind zahlreiche Bezirke aber noch weit entfernt. In Friedrichshain-Kreuzberg, das Mitte Januar 1006 der 3000 gelieferten Laptops bekam, wurde aktuell noch nicht ein Rechner in Betrieb genommen. 

Smentek zeichnet positiveres Bild

Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg wiederum haben bislang überhaupt keine Laptops bekommen, weil vor Ort die technischen Voraussetzungen für den sicheren mobilen Betrieb fehlen. Wie dem Mangel an Homeoffice-Kapazitäten in den Bezirken begegnet werden soll, ist am Mittwoch Thema im Rat der Bürgermeister.

Ein deutlich positiveres Bild der Lage zeichnete IT-Staatssekretärin Sabine Smentek (SPD) am Montag im Abgeordnetenhaus. Von den 85.000 Mitarbeiter:innen der Verwaltung, die ihre Arbeit theoretisch im Homeoffice verrichten könnten, sind Smentek zufolge 40 Prozent davon auch praktisch in der Lage. Aktuell gebe es 28.000 mobile Endgeräte, 5000 weitere sind nach Angaben der Innenverwaltung bestellt worden. 

„Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt und wir hören damit nicht auf“, sagte Smentek und kündigte an, Ende 2021 sollten 50 Prozent der theoretisch zur Heimarbeit befähigten Mitarbeiter:innen auch praktisch dazu in die Lage versetzt werden.

Zur Startseite