Im Winter ins Freibad: Berlin überspannt erstes Schwimmbecken mit Traglufthalle
In Wedding schützt eine Traglufthalle das Außenbecken des Kombibads vor der Witterung. Das Pilotprojekt macht den Freibadbereich im Winter nutzbar.
Berlins erstes Freibad trägt jetzt Badehaube. Das Kombibad in der Weddinger Seestraße wird damit zur Halle. Für die Schwimmerinnen und Schwimmer der Hauptstadt ist das eine gute Nachricht, endlich mal wieder. Erst Ende vergangener Woche mussten die Bäderbetriebe mit der Neuen Halle des Stadtbads Charlottenburg eine weitere Schwimmhalle schließen, und das völlig ungeplant, weil durch Rostschäden nicht auszuschließen war, dass die Decke herunterkracht. Sanierungsdauer: unbestimmt.
[Winterspaß? In Spandau ist es viel ernster. Dort liegt die Nichtschwimmer-Quote der Kinder so hoch wie in keinem anderen Bezirk. Die DLRG schlägt den Bau einer Traglufthalle über dem Freibad vor, um so mehr Schwimmflächen zu schaffen. Mehr hier konkret im Spandau-Newsletter. Den gibt es in voller Länge und kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]
Gestern dann wurde das Luftschloss aufgeblasen, auf dem die Hoffnungen der Schwimmer, der Bäderbetriebe und der Sport-Politiker ruhen: Eine sogenannte Traglufthalle, die größte in Deutschland, wölbt sich nun wie eine Kuppel über die beiden 50-Meter-Becken des Freibads an der Seestraße.
Ein Pilotprojekt, hergestellt aus einer vierlagigen Folienkonstruktion und in Form gehalten von einem Seilnetz. „Die Traglufthalle wird dringend benötigt“, sagte Sport-Staatssekretär Aleksander Dzembritzki beim Richtfest am Dienstag. Denn zwei zentrale Bäder in mittelbarer Nähe, das Paracelsus-Bad in Reinickendorf und das Stadtbad Tiergarten, sind derzeit geschlossen, weil sie saniert werden.
2,2 Millionen Euro investieren die Bäderbetriebe in die silbrig-weiße Hülle, unterstützt durch höhere Zuschüsse aus dem Landeshaushalt, die das Abgeordnetenhaus für die Bäder bewilligt hat. Im neuen Winter-Freibad sollen ab Anfang Dezember Schulen und Vereine schwimmen. Das direkt angrenzende Hallenbad, dass sie derzeit nutzen, steht dann der Allgemeinheit zur Verfügung.
Senat: „Paradigmenwechsel für die Berliner Bäder“
Die Traglufthalle sei ein wichtiger und sichtbarer Baustein dessen, was Senat und Abgeordnetenhaus einen „Paradigmenwechsel für die Berliner Bäder“ nennen. „Wir investieren nicht nur kräftig in die überfällige Sanierung und Modernisierung, sondern auch in Ausweichquartiere wie diese Traglufthalle“, sagt Dzembritzki. In den nächsten drei Jahren soll die Konstruktion für die Wintermonate auf- und für die Sommermonate wieder abgebaut werden.
Doch ob das neue Bad tatsächlich als Vorbild taugt, wird sich erst noch erweisen: Denn die Energie, die dafür aufgewendet werden muss, ist enorm. Auf 28 Grad soll die Halle erwärmt werden, das Wasser auf 26 Grad. Deswegen entscheiden die Bäderbetriebe auch erst anhand der Betriebsergebnisse der ersten Traglufthallen-Saison, ob noch weitere Freibäder einen Deckel bekommen. Welche Bäder dafür in Frage kommen, stehe noch nicht fest, sagte Bäderbetriebe-Sprecher Matthias Oloew am Dienstag.
Das Prinzenbad in Kreuzberg jedenfalls nicht. Dort ist aber im kommenden Jahr eine Leichtbauschwimmhalle neu geplant. Die soll als Ersatz dienen für das Wellenbad am Spreewaldplatz, das dann endlich saniert wird. Von 37 Hallenbädern in Berlin sind derzeit nach Aussage der Bäderbetriebe fünf geschlossen, darunter auch große Hallen wie die am Helene-Weigel-Platz in Marzahn, die Schwimmhalle Buch oder das Stadtbad Schöneberg, das am 2. Dezember wiedereröffnen soll.
Der Verband der Berliner Bäderbesucher spricht deshalb von einem „Schwimmbad-Notstand“ und fordert Sport-Senator Andreas Geisel auf, die Öffnungszeiten in allen Bädern von sechs bis 23 Uhr auszuweiten. Das sei wegen der Personalsituation allerdings nicht möglich, sagt Bäder–Sprecher Oloew.
Schwimmtrainer Alexander Steinhart zählt zur Feierabendzeit oft 15 Schwimmer in einer Bahn. „Dann kann man sich nicht mehr richtig bewegen“, klagt er. 50 Prozent der nutzbaren Wasserfläche müsse der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, so seine Forderung. Eine Konzentration auf Vereine sei nicht akzeptabel, weil die große Mehrheit der Berliner individuell schwimmen gehe.
Am 8. Dezember ist in der Traglufthalle an der Seestraße 80 ein großes Kinderfest geplant.
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