Fehlende Schwimmhallen: Könnten Berlins Freibäder im Winter überdacht werden?
Der Sommer geht, die Freibäder schließen. Und weil Hallen fehlen, fragt ein CDU-Politiker: Warum die Becken nicht temporär überdachen? Die Idee ist nicht neu.
Ein Blick zurück. Sommerbad Mariendorf, ein Wintertag in den 70er Jahren: Weil es für ein Freibad an der frischen Luft dann doch zu knackig kalt war, spannte der Bezirk einfach eine Traglufthalle über das Becken – sah aus wie ein riesiges Iglu mit Kunstrasen am Beckenrand. „Diejenigen, die Kinder waren, erinnern sich an das zugige Klima“, erzählt Bianca Tchinda in ihrem Schwimmblog. „Die Älteren schwärmen noch heute von der Nutzungsmöglichkeit von April bis Oktober. Lange her.“
Ein Blick nach vorn. Nicht nur, weil die Freibadsaison so langsam zu Ende geht und die Hallenbäder wieder öffnen. Sondern auch, weil überall Neubaukieze geplant werden. Und schon jetzt schwimmen sich Schulgruppen, Rentnerkurse, Babyplanscher und Leistungssportler in vielen Schwimmbecken über den Haufen. Stephan Standfuß, Sportexperte der CDU im Abgeordnetenhaus, denkt nun an eine temporäre, schnell zu realisierende Lösung: Ist es möglich, Freibäder in der kalten Jahreszeit zu überdachen?
Beispiel Spandau. Allein dort entstehen in den nächsten Jahren neue Wohnungen für mehr als 20.000 Menschen. Die Bäder sind jetzt schon oft dicht, bald drängen auch die Spitzensportler von den Wasserfreunden Spandau aus Schöneberg zurück in ihren Heimatbezirk. Aber wo sollen sie trainieren?
Olympiabad überdachen?
„Besteht die Möglichkeit, das Olympiabad zu überdachen?“, fragt Standfuß und trägt die Debatte ins Abgeordnetenhaus. Die Wasserfreunde haben eh ihr Equipment im Olympiapark und nutzen dort ein Vereinsheim. Eine temporäre Hülle fürs Olympiabad würde ein neues Schwimmquartier im Winter ermöglichen, das auch Schüler nutzen könnten – die sportbetonte Poelchau-Schule ist gleich nebenan. „Eine Überdachungslösung für das Sommerbad im Olympiapark würde den Druck während der kühlen Jahreszeit mindern“, sagt Standfuß.
Das sieht der Senat ähnlich. „Die Überdachung von Sommerbädern wäre grundsätzlich gut geeignet, um Schul- und Vereinsschwimmen auch in der kälteren Jahreszeit anzubieten“, schrieb Staatssekretär Torsten Akmann, SPD. „Laut Einschätzung der Berliner Bäderbetriebe wären die Kosten einer solchen Lösung standortabhängig“, liegen aber grob zwischen 300.000 und 500.000 Euro, wobei das Olympiabad mit seinen maroden Tribünen und dem Denkmalschutz sicherlich ein kniffeliger Spezialfall ist.
Es geht aber auch eine Nummer normaler – Beispiel Tempelhof-Schöneberg. Die Schwimmbadkapazitäten im Bezirk sind nicht gerade üppig, und sie werden noch knapper, wenn irgendwann mit dem Bau des neuen Multifunktionsbades am Ankogelweg am Standort des derzeitigen Kombibades begonnen wird. Denn bis dann irgendwann das neue Bad steht, kann dort nicht mehr geschwommen werden.
Drohende Bäderschließungen
Oder Beispiel Friedrichshain-Kreuzberg: „Besonders eine Überdachung des Sommerbades in der Prinzenstraße ist interessant“, schlägt CDU-.Sportexperte Standfuß vor. Der Bezirk werde in den kommenden Jahren massiv unter den Bäderschließungen leiden. „Nach aktuellem Sachstand wird zeitweise kein einziges Bad für den Schwimmbetrieb zur Verfügung stehen.“ Wegen der geplanten Sanierung des Spreewaldbades steht Schulen, Vereinen und anderen Badegästen dann kein öffentliches Bad mehr im Bezirk zur Verfügung. „Mit der Erweiterung des Prinzenbades um eine Tragluftkonstruktion könnte dem Problem aktiv begegnet werden.“ In anderen Städten habe sich dieses Konzept bereits bewährt, das sagen auch die Bäderbetriebe; der Senat ist allerdings noch zurückhaltend.
Die einstige Blumenhalle der IGA, die danach – ungenutzt – auf dem Vorfeld des Flughafens Tempelhof stand, wäre übrigens keine Lösung: „Die Halle besteht aus einem dreischiffigen Aufbau mit massiven Betonfundamenten für die Tragkonstruktion und engen Stützenabständen“, sagt Staatssekretär Akmann. „Konstruktionsbedingt ist sie nicht für eine Überdachung von Schwimmbecken geeignet.“
Der Winter naht, die Engpässe werden kommen, das betrifft nicht nur die Schwimmflächen. „Der Berliner Sport insgesamt ist mit einer starken Sportstättenunterversorgung konfrontiert“, sagt Standfuß. Hallen-Expertise hat der Berliner Sport übrigens schon gesammelt: Auch Hockey- und Tennisplätze werden in kalten Monaten seit Jahren mit Hallen überstülpt.
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