Initiative sammelt genug Unterschriften: Berlin steht vor Volksentscheid über Immobilien-Enteignung
„Deutsche Wohnen & Co enteignen“ hat genug Unterschriften für eine Abstimmung gesammelt. Bereits jetzt sind es mehr als 175.000 - und mehr werden noch geprüft.
Die Berlinerinnen und Berliner dürfen voraussichtlich bei einem Volksentscheid am 26. September über die Enteignung großer Immobilienunternehmen abstimmen. Die Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ hat dafür in den vergangenen vier Monaten nach eigenen Angaben von Freitag 349.658 Unterschriften gesammelt.
Das erforderliche Quorum sollte mit den bisher geprüften Unterschriften erreicht sein, teilte Landeswahlleiterin Petra Michaelis am Freitag mit.
Sie setzt sich dafür ein, Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen zu „vergesellschaften“, also gegen eine Milliardenentschädigung zu enteignen. Der Senat wäre jedoch nicht verpflichtet, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten.
Voraussetzung für den Volksentscheid sind rund 175 000 gültige Unterschriften. Das entspricht sieben Prozent der Berliner Wahlberechtigten. 260.708 Unterschriften seien bislang geprüft worden, teilte die Landeswahlleiterin mit. 175.782 davon seien gültig. Das endgültige Ergebnis werde Anfang Juli bekannt gegeben.
175.782 davon seien gültig. „Das erforderliche Quorum sollte also mit den bisher geprüften Unterschriften erreicht sein.“ Das endgültige Ergebnis werde Anfang Juli bekannt gegeben.
Im April scheiterte der Mietendeckel
Rund 240.000 Wohnungen in der Hauptstadt sollen nach den Vorstellungen der Initiative in den Besitz einer Anstalt des öffentlichen Rechts überführt und gemeinwohlorientiert verwaltet werden. Das Ziel ist, damit einen Beitrag zu leisten, den weiteren Anstieg der Mieten in Berlin zu stoppen.
Nach dem Scheitern des Mietendeckel-Gesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht im April steht Berlin damit die Diskussion über das nächste umstrittene mietenpolitische Projekt bevor.
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Der Erfolg der Unterschriftensammlung zeige, dass sehr viele Berlinerinnen und Berliner bezahlbaren Wohnraum in Gemeineigentum wollten, so Jenny Stupka, eine Sprecherin der Initiative am Freitag. „Die Berlinerinnen und Berliner lassen sich nicht mit Symbolpolitik abspeisen.“
FDP und CDU haben sich am Freitag erneut deutlich gegen die Pläne der Initiative ausgesprochen. Auch die SPD und deren Spitzenkandidatin Franziska Giffey lehnen sie ab. Die Linke dagegen hat sich an der Unterschriftensammlung aktiv beteiligt. Allein die Mitglieder der Partei sammelten mehr als 32.000 Unterschriften - rund ein Zehntel der Gesamtsumme.
Wenn es beim Volksentscheid eine Mehrheit für das Vorhaben gibt, wird sich der künftige Senat damit beschäftigen müssen. Er ist aber nicht rechtlich gebunden, die Pläne der Initiative umzusetzen.
CDU warnt vor Miet- und Steuererhöhungen
„Am 26. September haben die Berlinerinnen und Berliner die Möglichkeit über die Zukunft ihrer Stadt abzustimmen“, sagte Rouzbeh Taheri, ein Sprecher der Initiative im RBB-Inforadio. „Es kann keinen Senat geben, der einen positiven Volksentscheid in dieser Frage ignoriert.“
Allerdings hat sich nicht nur die Immobilienwirtschaft klar gegen ein solches Gesetz ausgesprochen. CDU-Landeschef Kai Wegner sagte am Freitag, zu einem Neustart in der Wohnungspolitik passten Enteignungsfantasien von vorgestern nicht. „Sie schaffen nur weiteren Frust.“
Wegner, Spitzenkandidat der CDU für die Abgeordnetenhauswahl im September, warnte, den Berlinerinnen und Berlinern drohten Miet- und Steuererhöhungen, um die Entschädigungszahlungen zu finanzieren.
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Der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja, ebenfalls Spitzenkandidat seiner Partei, warf der Initiative vor, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Die Ausgaben für die Entschädigung führten Berlin in den finanziellen Ruin.
Die Initiative weist Kritik zurück, die Umsetzung der Pläne werde den Landeshaushalt Milliarden kosten, die dann an anderer Stelle fehlen würden. Die Bürgerinitiative will die Immobilienunternehmen nicht mit Geld, sondern mit Schuldverschreibungen entschädigen. Sie sollen sogenannte Entschädigungsbonds erhalten. Die Schuldverschreibungen sollen dann über einen Zeitraum von 40 Jahren getilgt werden.
Eine politische Mehrheit für die Umsetzung der Pläne ist derzeit nicht zu erkennen - und bei der Abgeordnetenhauswahl werden die Karten ohnehin neu gemischt. (dpa)