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Am Wahltag soll das Volk entscheiden, ob Großvermieter enteignet werden.
© imago images/IPON

Enteignung von Großvermietern: „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ ist sozialistisches Wunschdenken

Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ hat ihre Ideen für die Vergesellschaftung vorgelegt – doch die sind unrealistisch. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fatina Keilani

Der Schutz des Privateigentums ist Kernbestandteil der Verfassungsordnung. Zwar soll der Gebrauch des Eigentums „zugleich“ dem Wohle der Allgemeinheit dienen, so steht es im Grundgesetz – zuvörderst aber dient es dem Eigentümer selbst.

Ohne diese Garantie käme jede wirtschaftliche Tätigkeit schnell zum Erliegen, denn der Anreiz würde fehlen – wozu sich abrackern, wenn man nichts davon hat?

Speziell im Mietrecht ist das Eigentumsrecht bereits stark eingeschränkt. Wohnen ist ein Grundbedürfnis, Vermieter können mit ihren Wohnungen daher nicht nach Belieben verfahren. Das ist gut, es dient dem Schutz der Mieter.

Als es um die Mietpreisbremse ging, hat das Bundesverfassungsgericht erneut klar gestellt, dass Einschränkungen in Ordnung sein können, der Wesensbereich eines Grundrechts jedoch nicht betroffen werden darf. Dazu gehört auch das Recht auf Gewinnerzielung.

Soweit juristisch. Politisch besteht eine Bringschuld des Staates, dafür zu sorgen, dass auch Menschen mit geringeren Einkommen mit Wohnraum versorgt sind. Das kann auf verschiedene Arten geschehen.

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Ein leuchtendes Beispiel ist die Stadt Wien, wo jeder mit einem Netto(!)- Einkommen bis 47.740 Euro Anspruch auf geförderten Wohnraum hat – für eine Person. Vier Personen dürfen knapp 90 000 Euro netto verdienen und bekommen immer noch Förderung. Ein Paradies für Mieter. Auch Eigentum wird gefördert.

Das Berliner Bündnis „DW & Co enteignen“ hat sich dagegen eine schlichte, unoriginelle und sehr wahrscheinlich rechtswidrige Methode einfallen lassen: Umverteilung. „Großgrundbesitzer“ sollen enteignet werden und dafür kaum Entschädigung erhalten, und dieser Vorgang soll sich alle drei Jahre wiederholen – könnte ja sein, dass in der Zwischenzeit eine Erbengemeinschaft 3000 Wohnungen geerbt hat.

Mieter sollen die Miethöhe selbst bestimmen

Natürlich entsteht dadurch keine einzige neue Wohnung. Dies wäre aber das einzige, was in der wachsenden Stadt Entlastung bringen könnte.

Die Entschädigung der so Enteigneten fällt mager aus und entstammt sozialistischem Wunschdenken: Berechnungsgrundlage sind nicht etwa reale Werte und Miethöhen, sondern „leistbare Mieten“ für armutsgefährdete Haushalte, die man irgendwie errechnet hat. Ergebnis: vier Euro netto kalt sind „leistbar“. Mit anderen Worten: Wären Berlins Arme reicher, so bekäme die Deutsche Wohnen mehr Entschädigung. Ein seltsamer Maßstab.

Zudem sind die Mieter der Großfirmen Deutsche Wohnen, Vonovia und Co. längst nicht alle arm. Macht nichts – alle zahlen nach diesem Entwurf künftig gleich wenig.

Die Miethöhe wird festgelegt durch die Mieterselbstverwaltung, eingebettet in eine Anstalt öffentlichen Rechts. Man schaffe praktisch eine Genossenschaft, bloß staatlich, hieß es dazu. Nur Pessimisten sehen hier ein Bürokratiemonster entstehen.

Die Linke täuscht ihre Klientel

Richtig ist, dass Wohnen kein Luxus sein darf. Richtig ist auch, dass Lösungen hermüssen. Der vorgestellte „Gesetzentwurf“ – eigentlich ist es nur ein unverbindlicher Vorschlag – wird vermutlich niemals umgesetzt und ist damit bloß ein weiteres Manöver der Linken, der eigenen Klientel vorzugaukeln, man tue etwas für sie. Dies ist eine Täuschung. Täte man wirklich etwas, so baute man.

Der Senat selbst hat die Deutsche Wohnen groß gemacht. Es war natürlich ein Fehler, dass die Stadt 2004 unter Sarrazin und mit Beteiligung der Linken 60.000 GSW-Wohnungen an die Deutsche Wohnen verschleudert hat – Durchschnittspreis unter 7000 Euro. Da hätten die Mieter sicher gerne mehr gezahlt, und das Land hätte dem Verfassungsauftrag genügt, die Bildung von Wohneigentum zu fördern.

Nun zu glauben, man könne aufgrund des noch nie benutzten Artikels 15 Grundgesetz einfach alles enteignen – auch wenn man es „vergesellschaften“ nennt – und weitere Milliardenkosten produzieren, ist abenteuerlich und unproduktiv. Es wäre zudem viel billiger, Wohnungen zu bauen.

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