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Die Plakate sind zwar im städtischen Raum zu sehen, die Veranstaltungen wurden aber ins Digitale verlagert.
© Christian Kielmann/Kulturprojekte Berlin

Virtuelle Zeitreise mit App, Podcast und Ausstellung: Berlin erinnert digital an 75 Jahre Kriegsende

Vor 75 Jahren wurde Berlin befreit. Wegen des Coronavirus wird die Jubiläumsveranstaltung vom städtischen in den virtuellen Raum verlegt.

75 Jahre nach Kriegsende weht die Flagge der Roten Armee wieder auf dem Reichstag. Zuerst sieht Berlin aus wie immer: Die weite Wiese vor dem Parlamentsgebäude, die gläserne Kuppel darauf. Doch plötzlich steht da ein Panzer im Weg und ein zerstörtes Gebäude erscheint.

Die virtuelle Ausstellung „Nach Berlin“ nimmt ihre Besucher mit auf eine Zeitreise ins Jahr 1945, als die damalige Reichshauptstadt kapitulierte und der zweite Weltkrieg endete. Am 2. Mai fiel Berlin, am 8. Mai gab die Wehrmacht auf. Zum Jubiläum plant Kulturprojekte Berlin die digitale Themenwoche „75 Jahre Kriegsende“ – mit einer App, einer Podcastreihe und der digitalen Ausstellung.

Neues Konzept wegen Corona

Geplant war das Jubiläum in Berlin eigentlich anders. Eigentlich sollten großformatige Bilder in der Stadt aufgestellt werden. Konzerte und Open Airs waren geplant. Doch wegen des Coronavirus sind Großveranstaltungen nun verboten, die Planer mussten umdenken. „Wir waren schon mitten in den Vorbereitungen“, sagte Simone Leimbach von Kulturprojekte Berlin am Montag bei einer Pressekonferenz. „Innerhalb von sechs Wochen haben wir nun ein neues Konzept auf die Beine gestellt, um die Menschen trotzdem an die Orte des Geschehens zu bringen.“

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Am Samstag geht die Webseite www.75jahrekriegsende.berlin online. Dort sehen die Besucher ein 360-Grad-Panorama des Platzes vor dem Reichstag. Einzelne Elemente sind interaktiv. Es erscheinen Bilder vom zerstörten Berlin, Videos und Tonaufnahmen. Ein virtueller Rundgang führt zu vier zentralen Orten: Brandenburger Tor, Reichstag, Alexanderplatz und das ehemalige KZ Sachsenhausen.

Auch Zeitzeugen kommen zu Wort

An diesen Orten wird das Kriegsende aus vier Perspektiven erzählt. Am Brandenburger Tor befinden sich die Botschaften der Siegermächte. Um die geht es auch in der Ausstellung. Der Alexanderplatz wurde nach Kriegsende zum größten Schwarzmarkt Berlins. Hier wird der Alltag im zerstörten Berlin nacherzählt. Der Reichstag steht für die Schlacht um Berlin und das KZ Sachsenhausen für Judenhass, Ausgrenzung und Verfolgung.

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Auch Zeitzeugen kommen zu Wort. Sechs Berlinerinnen und Berliner erzählen, wie sie das Weltkriegsende als Kinder erlebten. „Der Himmel war stark verdunkelt, man sah überall Brandbomben liegen im Friedrichshain“, erinnert sich etwa Hans-Joachim Hellwig in einem Video. Er war damals neun Jahre alt. „Alle Straßen brannten. Wir haben mehrere Stunden versucht, durch Seitenstraßen zu unserer Wohnung zu gelangen. Es war durch die Hitzeeinwirkung ein richtiger Feuersturm entbrannt.“

Für Kultursenator Klaus Lederer (Linke) ist das Gedenken an das Kriegsende jetzt wichtiger denn je. „Die Gefahren durch wiedererstarkenden Nationalismus und Rassismus sind leider real“, sagte er bei der Pressekonferenz. Das hätten die Anschläge in Halle und Hanau gezeigt. „Wir wollen das Jubiläum als Chance nutzen, um aufzuklären“, sagte Lederer. „Demokratie und Freiheit sind nicht selbstverständlich.“  

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