So geht die Impfkampagne voran: Berlin bekommt neue Impfdosen – fällt im Mai die Priorisierung?
1,1 Millionen Berliner haben Einladungen zum Impfen angenommen, bereits 1400 Hausarztpraxen impfen selbst. Die Impfpriorisierung könnte im Mai entfallen.
Angesichts der von Pharmaherstellern angekündigten Lieferungen und neu einbezogenen Praxisärzten, werden in Berlin zügig mehr Impfungen erwartet. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Montag, es kämen demnächst Großlieferungen von Biontech und Moderna. Zudem gingen insbesondere an Praxen mehr Chargen von Astrazeneca und Johnson & Johnson: „Damit erhalten Arztpraxen und Länder mehr Planungssicherheit für Mai und Juni.
Biontech will dem Ministerium zufolge im zweiten Quartal 50 Millionen Dosen liefern, zehn Millionen mehr als angekündigt. Für Berlin hieße dies: Zwei weitere Millionen Dosen bis einschließlich Juni. Ab jenem Monat könnten Spahn zufolge auch die Betriebsärzte impfen.
Der Senat teilte Montag mit, 1,1 Millionen Berliner hätten bereits ein Impfangebot angenommen, das heißt, sie sind geimpft oder haben einen Termin vereinbart. Fast 710.000 Berliner, circa 20 Prozent der Einwohner, erhielten die Erstimpfung. Voll geimpft sind acht Prozent.
Immer noch, das berichten Ärzte dem Tagesspiegel, würde in einigen Praxen der Astrazeneca-Impfstoff verschmäht. Der wochenlange Streit um das britisch-schwedische Mittel, schließlich die März-Entscheidung des Bundes, das Präparat nur Plus-60-Jährigen zu empfehlen (und Impfungen von Jüngeren auszusetzen) hätten dessen Image ruiniert. Bevor Impfstoff geöffneter Fläschchen aber verkommt, dürfen Mediziner junge, gesunde Freiwillige damit impfen – was in Berlin offenbar zunehmend geschieht.
Auf Bundesebene erwarten die für die Praxen zuständigen Kassenärzte (KV), dass die Impfpriorisierung im Mai aufgehoben werden könne – auch, weil in den Risikogruppen schon viel geimpft worden sei. Zudem käme nun ausreichend Impfstoff. Der Berliner KV-Vorstand ist da zurückhaltend.
Wann werden Kinder und Jugendliche geimpft?
In Berlin impfen seit dieser Woche mindestens 1400 Praxen gegen Sars-Cov-2, 200 niedergelassene Mediziner mehr als vor einer Woche. Umgehend stellt sich Frage, wann Kinder – die durch Schule und Kita öfter Kontakte haben – geimpft werden?
Der Corona-Impfstoff von Biontech ist ab 16 Jahren zugelassen, die übrigen – Ausnahme: Astrazeneca – sogar erst ab 18 Jahren. Das Biontech-Mittel ist allerdings bereits erfolgreich an Zwölf- bis 15-Jährigen getestet worden, zumindest in den USA wird dafür bald eine Notfall-Genehmigung erwartet.
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Eltern jüngerer Kinder müssen sich noch gedulden, da die Studien für die Altersgruppe der unter 12-Jährigen nicht abgeschlossen sind. So begann die US-Firma Moderna im März, erste Probanden im Kindesalter zu impfen. Virologe und US-Regierungsberater Anthony Fauci sagte dem Sender CNN, er hoffe, dass Kinder früher geimpft werden, Anfang nächsten Jahres sei aber „der späteste Zeitpunkt“.
Kinder erkranken seltener - infizieren sich aber genauso oft wie Ältere
In Deutschland können Ärzte auch selbst entscheiden, ob sie einen Impfstoff, der bislang nur für über 16-Jährige zugelassen ist, auch an Jüngere verimpfen. Allerdings tragen sie für eventuelle Komplikationen die Verantwortung. Zwar erkranken Kinder seltener an Covid-19, aber sie infizieren sich mit dem Coronavirus genauso wie Ältere. Das ergeben Daten der US-Seuchenbehörde CDC. Erfahrungen mit der britischen B.1.1.7-Variante des Coronavirus zeigen zudem, dass sich dieser Virustyp in Schulen besonders rasch verbreitet.
Wie viel Impfstoff den Sommer über da sein wird, hängt davon ab, welche Präparate noch zugelassen werden. Sollte der Impfstoff von Curevac von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA zugelassen werden, sind Lieferungen über 54 Millionen Dosen für alle EU-Staaten sowie 20 Millionen weitere Dosen für Deutschland vereinbart. Davon könnten im zweiten Quartal 2021, so Prognosen des Bundesgesundheitsamtes, 1,4 Millionen Dosen nach Deutschland geliefert werden.
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Sollte der russische „Sputnik V“-Impfstoff von der EMA zugelassen werden, hat sich Minister Spahn „bilaterale“ Verhandlungen mit Russland vorbehalten. Vom Johnson & Johnson-Stoff, der nach einem Impfstopp in den USA trotz EU-Zulassung bislang nicht geliefert wurde, sollen bis Jahresende eigentlich 36,7 Millionen Dosen in Deutschland ankommen. Zusammen mit den 200 Millionen Dosen von Biontech und Moderna sowie den 56 Millionen Dosen von Astrazeneca, die alle bis Jahresende geliefert werden sollen, wäre das mehr als genug Impfstoff für die 70 Millionen volljährigen Einwohner Deutschlands.
Das bedeutet nicht, es werde „zu viel“ Impfstoff geben. Zunächst müssen die Mittel (bis auf Johnsen & Johnson) in zwei Dosen verabreicht werden. Zudem könnte es sein, dass es zusätzlicher Auffrischimpfung bedarf. Bislang ist nämlich unklar, wie lange der Schutz der verschiedenen Vakzine tatsächlich hält.
Des Weiteren hilft aller Impfschutz nicht, wenn in Ländern mit niedrigem Lebensstandard zu wenig geimpft wird. Denn das begünstigt das Entstehen neuer Virusmutationen, vor denen die bisherigen Impfungen womöglich nur geringen Schutz bieten. „Überzählige“ Dosen kann es also nicht geben, solange die weltweite Impfquote so niedrig ist, dass sich das Virus noch ausbreiten kann.
Fragen zum Impfen können Tagesspiegel-Abonnenten am Donnerstag ab 19 Uhr stellen. Auf der virtuellen Veranstaltung „Tagesspiegel Live“ wird Charité-Impfstoffforscher Leif Erik Sander zu Gast sein. Informationen dazu finden Sie hier.
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