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BER-Chef Dr. Karsten Mühlenfeld in seinem Büro.
© Manfred Thomas
Exklusiv

Karsten Mühlenfeld im Interview: BER-Chef: "Wir müssen Termine endlich halten"

BER-Chef Karsten Mühlenfeld spricht im Interview über das Personalchaos am Flughafen, die geplante Eröffnung und die eigene Zukunft.

Am BER fliegen wieder einmal die Fetzen. Nun gerät Flughafenchef Karsten Mühlenfeld selbst unter Druck, weil er nach der Absage der für 2017 geplanten Eröffnung des neuen Airports jetzt plötzlich Technikchef Jörg Marks entlassen und durch den früheren Bahnmanager Christoph Bretschneider ersetzt hat. Und das auch noch gegen Warnungen des Aufsichtsrats, den Berlins Regierender Michael Müller (SPD) führt. Im Tagesspiegel-Interview redet Mühlenfeld, der im März 2015 den BER-Vorsitz übernahm, Klartext zu den aktuellen Turbulenzen.

Herr Mühlenfeld, fürchten Sie jetzt um Ihren Job?
Wir haben die Pflicht, den Flughafen zügig fertig zu bauen. Wir haben eine Vorgabe des Aufsichtsrates, dass es keine weiteren Verzögerungen mehr geben darf. Meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass ich einen validen Eröffnungstermin liefere. Und dafür musste ich diese Maßnahmen ergreifen.

Trotzdem stößt Ihr Vorgehen beim Aufsichtsrat und dessen Vorsitzenden Michael Müller auf Unverständnis. Warum haben Sie die Warnungen ignoriert?
Das habe ich nicht. Ich habe die Warnungen aufgenommen und sorgfältig abgewogen.

Sie haben Herrn Marks trotzdem entlassen. Warum?
Ich habe vom Aufsichtsrat klare Vorgaben bekommen. Der Aufsichtsrat fordert von uns, dass wir kein zusätzliches Geld für den neuen Airport benötigen. Der Aufsichtsrat fordert von uns, dass wir spätestens im Frühling einen Eröffnungstermin nennen, und zwar einen validen.

Tun Sie es!
So, und wie soll ich das halten mit einer Bauleitung, die in den letzten Monaten jeden Termin gerissen hat? Wie soll ich der Bauleitung einen neuen Termin glauben? Die Erfahrung aus der Vergangenheit hat mir gezeigt: Auch dieser Termin wird wieder rutschen. Für mich war deshalb am Ende klar: Ich muss Veränderungen an der Bauleitung vornehmen. Wir müssen Termine auf der BER-Baustelle endlich halten.

Es geht Ihnen um mehr als die Personalie?
Ja, wir müssen weg von einer sehr technikorientierten hin zu einer mehr projektmanagementorientieren Struktur, die von der bisherigen Praxis – Verzögerungen werden toleriert – hinkommt zu einer Maxime: Ich tue alles, von morgens bis abends, von Montag bis Sonntag, um Termine zu halten. Das ist eine Führungsaufgabe. Das Einzige was man als Manager dann tun kann, ja tun muss, sind Veränderungen in der Führungsspitze.

Tut sich Politik schwer mit dem, was in der Industrie normal wäre?
In der Industrie wäre es selbstverständlich, dass man nach derartigen Verzögerungen handelt.

Es kann auch Unruhe in die Organisation bringen, Fachwissen verloren gehen, der Zeitplan noch mehr ins Rutschen geraten.
Auf der Baustelle haben wir 300 Ingenieure von Fremdfirmen. Wir haben 100 eigene Ingenieure. Ich tausche eine einzige Person aus. Da kann man doch nicht ernsthaft unterstellen, dass da signifikant Know-How verloren geht. Aus meiner Sicht ist genau das Gegenteil der Fall. Der Neuanfang bringt wieder eine Fokussierung aufs Ziel. Herr Bretschneider ist mit der klaren Aussage angetreten, auch vor der Belegschaft: Wir werden als Team zusammenarbeiten! Wir müssen zusammenstehen, die Termine zu halten! Ich brauche dort einen Mann, der mit den Firmen im Team zusammenarbeitet, um die Termine zu halten.

Sie führen ein Unternehmen der öffentlichen Hand. Der BER hat den Steuerzahler Milliarden gekostet. Nun geht wieder einer mit fürstlicher Abfindung von einer halben Million. Wie erklären Sie das den Leuten?
Ich habe den Vertrag von Herrn Marks nicht abgeschlossen.

Gab es ein einheitliches Votum der Geschäftsführung, auch von Finanzgeschäftsführerin Heike Fölster, für die Personalie?
Ja, Frau Fölster und ich diskutieren dieses Thema schon seit einiger Zeit. Wir sind gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass wir im Baubereich der Flughafengesellschaft etwas ändern müssen. Die Auswahl der Person entfiel dann primär auf mich, weil der Leiter des Projekts BER direkt an mich berichtet. Wir sind uns absolut einig: Wir brauchen einen Neuanfang in der Bauleitung.

Weshalb fiel die Wahl auf Christoph Bretschneider?
Herr Bretschneider ist ein erfahrener Projektmanager. Er hat über viele Jahre bewiesen, dass er große Projekte erfolgreich zu Ende bringen kann. Gemeinsam mit der Personalchefin habe ich ihn interviewt: Wir sind zu der Auffassung gekommen, dass Herr Bretschneider auch von der Persönlichkeit jemand ist, der entscheidend auf Projektmanagement, Teamarbeit, aufs Liefern, fokussiert ist. Genau das ist jetzt für die Baustelle nötig.

Wie haben Sie ihn eigentlich gefunden?
Wir haben alle Kontakte in die Bauindustrie, in die Bahn- und Luftfahrtindustrie. Wir haben unsere Fühler ausgestreckt, wo es erfahrene Leute gibt, die Projekte in einem schwierigen Umfeld erfolgreich gemanagt haben. Wir haben uns verschiedene Kandidaten angeschaut. Er ist am geeignetsten.

Sie haben also schon eine Weile Ausschau gehalten?
Wir haben schon seit ein paar Wochen gesucht. Und das war mindestens dem Anteilseigner Berlin bekannt.

Wann fängt der Neue richtig an?
Herr Bretschneider hat schon losgelegt. In der Sitzung des Präsidialausschusses am Mittwoch hatte ich den Mitgliedern meine Position dargelegt. Ich habe danach Herrn Bretschneider gebeten, am nächsten Tag anzufangen. Seit Donnerstag arbeitet er hier in Schönefeld.

Der Wechsel ist drastisch. Sind die Rückstände schon so groß, dass es knapp wird, den BER wenigstens 2018 zu eröffnen?
Ganz klar: Wir haben den Wechsel nicht aus Sorge gemacht, eine Eröffnung im Jahr 2018 nicht zu schaffen. Entscheidend ist, dass wir im Frühjahr einen Zeitplan aufstellen, auf den man sich verlassen kann.

Und das garantieren Sie jetzt?
Die Chancen dafür sind stark gestiegen.

Wie lange haben Sie den Technikchef eigentlich verpflichtet?
Herr Bretschneider ist nicht der Leiter Technik und Bau, sondern er ist ausschließlich für das Projekt BER verantwortlich. Demzufolge haben wir eine gemeinsame Vereinbarung, dass er bis zur Eröffnung für uns tätig ist. Er will den Flughafen fertigstellen. So wie wir alle.

Herr Mühlenfeld, Sie haben lange am Ziel festgehalten, noch zum Jahreswechsel, den Flughafen 2017 zu eröffnen. Dann kam plötzlich die Absage – und es kann nicht einmal ein neuer Termin genannt werden. Wie soll das zusammenpassen?
Ganz einfach: Ich habe nie verschwiegen, dass es für 2017 große Risiken gibt, dass konkrete Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Es gibt Spekulationen, dass es jetzt für Sie eng werden kann. Haben Sie keine Sorge vor der Sondersitzung des Aufsichtsrates, die der Bund beantragt hat?
Die Termine für Aufsichtsratssitzungen werden vom Vorsitzenden abgestimmt. Die nächste ordentliche Sitzung ist am 17. März. Ich konzentriere mich auf meine Arbeit, nämlich dass der Flughafen 2018 in Betrieb gehen soll.

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