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Mit seiner Rolle des kleinkriminellen Pseudo-Priesters in „Sankt Maik“ hat Donskoy sein zuvorkommendes, einnehmendes Wesen gemein.
© Thilo Rückeis

Kiezspaziergang in Neukölln mit Daniel Donskoy: Ayran zum Frühstück

Aus dem Fernsehen kennt man ihn als Hochstapler „Sankt Maik“, sonst mag es Schauspieler Daniel Donskoy eher bodenständig. Ein Döner-Date in Neukölln.

Auf dem Dönerspieß bei Imren dreht sich bereits am Samstagvormittag das Lammfleisch. Noch ist es rosa und roh, zu früh für Kebab. Trotzdem: Hier, in der Karl-Marx-Straße, gibt es den besten in ganz Neukölln, findet Daniel Donskoy. Er steht gut gelaunt auf dem sonnigen Gehweg vor dem Dönerimbiss. Übersehen kann man ihn nicht: 1,90 Meter groß, hellgrünes Shirt, rote Haare, Sonnenbrille.

Ob ihn die Mitarbeiter hier schon kennen? „Das Team tagsüber eher nicht“, sagt er und lacht, „ich komme meistens nachts hierher.“ Donskoy ist Schauspieler, mancher kennt ihn vielleicht aus dem Fernsehen, er spielt die Hauptrolle in der RTL-Serie „Sankt Maik“, den Kleinkriminellen Maik. Der landet durch Zufall als Priester in einer kleinen katholischen Gemeinde in NRW – und verstrickt sich auf amüsante Weise immer weiter in seiner falschen Identität. Im Sommer wird die zweite Staffel gedreht.

Die Rolle von Maik ist Daniel Donskoy wie auf den Leib geschrieben: aufgeweckt, sympathisch, zuvorkommend – so, wie dem falschen Priester schnell das halbe Dorf verfällt, dürfte auch Donskoy bei den meisten Menschen gut ankommen. Er selbst aber mag es unprätentiös: Jetzt erst mal eine rauchen, dann Frühstück – Ayran und Pide. Nach Branchenevents findet man ihn eher bei Maroush in der Adalbertstraße als im Borchardt.

"Sankt Maik" liebt Neuköllner Döner

Der gebürtige Russe wuchs erst in Marzahn, dann in Tel Aviv auf. Mit 18 kam er nach Neukölln. Seit 2011 lebt der 28-Jährige überwiegend in London. Er ist aber ständig in Berlin, zum Arbeiten oder Freundebesuchen. „Auf Dauer ganz schön anstrengend, dieses Nomadenleben“, sagt er und freut sich, für den Dreh von „Sankt Maik“ bald vier Monate an einem Ort zu sein – wenn auch in Köln und nicht in Berlin.

Nun geht es die Flughafenstraße hoch in Richtung Hermannstraße. Vorbei an den Neukölln Arcarden, an Spätis und Handyshops. Donskoy biegt in eine Einfahrt ein, die in einen grün bewachsenen Hinterhof führt. Ein Rentner sitzt in der Sonne und grüßt. Vor zehn Jahren sei hier eine große WG gewesen, erzählt Donskoy, in der hätten sie viele Partys gefeiert. Heute ist hier ein Projekt für betreutes Wohnen, die Zeit der wilden Partys wohl vorbei. Wie so vieles, was in Berlin in den letzten Jahren zu Ende gegangen ist.

Donskoy ist etwas wehmütig über die Entwicklung der Stadt. Zu hohe Mieten, zu viele Hipster-Cafés. Deshalb mag er Neukölln, zumindest den Teil abseits der Weserstraße. „Ab hier“, sagt er kurz hinter der Haltestelle Boddinstraße und zeigt in Richtung Süden, „fängt der richtig coole Kiez an. Hier hat sich seit zehn Jahren kaum was verändert.“ In diesem Teil der Hermannstraße, dessen Erscheinung von Eckkneipen und türkischen Lebensmittelläden dominiert wird, hat Donskoy gelebt. Er ist Jude, hat sich in dem arabisch geprägten Stadtteil aber nie unwohl gefühlt oder Erfahrungen mit Antisemitismus gemacht.

Das Haus, in dem Donskoy gewohnt hat, wird gerade renoviert, auf den Treppen liegt eine dicke Schicht Staub, die alten Geländer sind in Folie gehüllt. An Donskoys ehemaliger Wohnungstür sieht man noch immer Spuren davon, wie die Nachbarn ihm einmal die Tür aufbrachen, weil er sich ausgesperrt hatte. Ein bisschen gerührt steht er da jetzt vor dieser Tür. „Die russische Melancholie eben“, sagt er.

Nach einer festen Beziehung sucht Donskoy gerade nicht

An der Zeit in Berlin vermisst er am meisten die Unbeschwertheit. Noch auf dem Weg zu sein, alle Ziele vor sich zu haben. Zwar hat er so ganz auch jetzt noch nicht alles erreicht, wovon er träumt – Donskoys nächstes großes Ziel ist das Indie-Kino –, aber er ist auf einem guten Weg dahin. Für seine Rolle in „Sankt Maik“ war er für den Bayerischen Fernsehpreis nominiert, im Dresdner „Tatort“ war er im Mai in einer Episodenrolle zu sehen: In „Wer jetzt allein ist“ spielt er den reichen Psychopathen Andreas Koch, der sich seine Opfer per Onlinedating sucht und dem auch Ermittlerin Karin Gorniak in die Fänge geht.

Im echten Leben ist Onlinedating aber nichts für Donskoy, überhaupt, sagt er, sei er gerade nicht auf der Suche nach einer festen Beziehung. Die ständige Fragerei danach nerve auch. „Ich will schon irgendwann mal Kinder. Aber gerade fehlt mir einfach nichts im Leben.“

Weiter zum Tempelhofer Feld, in den Gemeinschaftsgarten nahe dem Schillerkiez. Donskoy setzt sich auf eine Bank aus Sperrholz, über ihm flattern bunte Stoffwimpel im Wind. Fast wie im Club, aber mit Vogelgezwitscher statt Techno. Nebenan bepflanzen drei Leute ihr Beet. Das sei auch so etwas, was er an Berlin liebe, sagt Donskoy, etwas, was kaum eine andere Stadt zu bieten habe: die vielen Freiflächen und Freiräume.

Manchmal sitze er stundenlang am Schlesischen Tor und beobachte einfach Leute. „Berlin kommt mir manchmal vor wie ein sehr großflächiges Freiraumtheater.“ Spricht's und prompt: ein Naturschauspiel wie bestellt. Ein (für Stadtkinder) sehr großer Vogel kommt vom Himmel geschossen, fängt direkt vor Donskoys Augen eine Maus und fliegt wieder davon.

Es ist mittlerweile Mittag, die Sonne knallt erbarmungslos auf die große Freifläche des Tempelhofer Feldes. Daniel Donskoy postet schnell noch was auf Instagram und dann los, am Abend geht er zu einer Gala. Und danach vielleicht noch einen Döner bei Imren essen.

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