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Ort mit Tradition: Das Café Sibylle in der Karl-Marx-Allee.
© Kai-Uwe Heinrich
Update

Zerstörte Scheiben in Friedrichshain: Anschlag vor CDU-Veranstaltung auf Café Sibylle

Beim Traditionscafé Sibylle in Friedrichshain sind vergangene Nacht mehrere Scheiben zerstört worden. Die Polizei vermutet, dass die Täter Linksradikale waren.

Es dürfte eines der bekanntesten Cafés Berlins sein – und wurde vergangene Nacht zum Ziel eines offenbar politisch motivierten Anschlags. Unbekannte haben in der Nacht von Freitag auf Sonnabend Steine in die Fenster des Café Sibylle geworfen.

Catrin Winkler, Restaurantleiterin des Café Sibylle in der Karl-Marx-Allee, entdeckte den Schaden am Sonnabend um 8 Uhr morgens. Zehn Scheiben seien in der Nacht zuvor zerstört worden, sagt sie.

Kiezgespräch der Berliner CDU im Café

Für den Sonnabend ist ein Kiezgespräch der Berliner CDU im Café geplant gewesen, bei dem unter anderem ihr Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, teilnehmen sollte. Nach dem Anschlag auf das Café erwog die Partei zunächst , die Veranstaltung abzusagen – entschied sich dann aber dafür, das Kiezgespräch trotzdem zu führen.

Sie treffen sich trotzdem. Burkard Dregger und Kurt Wansner (mitte) mit Parteifreunden am Samstagmorgen im Café Sibylle.
Sie treffen sich trotzdem. Burkard Dregger und Kurt Wansner (mitte) mit Parteifreunden am Samstagmorgen im Café Sibylle.
© Paul Lütge

Gegen diese Veranstaltung und die CDU im Allgemeinen sei in den vergangenen Tagen auf Flugblättern mobilisiert worden, von denen sich einige jetzt auch vor den kaputten Scheiben ihres Cafés befänden, sagt die Restaurantleiterin. Auch wurde in den vergangenen Wochen mehrere Male im Café eingebrochen – und unter anderem das Tablet der Kellner geklaut.

Die Polizei habe ihr gesagt, dass hinter der Tat wahrscheinlich Linksradikale steckten. Das Café Sibylle liegt nur zwei Kilometer westlich der Rigaer Straße, die als eines der Zentren der linksautonomen Szene gilt. Für diesen Sonnabend haben linke Gruppen eine Demonstration für „Freiräume“ angemeldet.

Faustgroße Löcher im Glas

Zerstört wurden die Scheiben mit Pflastersteinen, die faustgroße Löcher im Glas hinterlassen haben. In einer Scheibe steckte der Stein am Morgen noch drin, erzählt Catrin Winkler.

Die CDU-Gegner hätten in den vergangenen Tagen ihre Flugblätter auch mehrfach unerkannt im Café abgelegt. Mit ihr gesprochen habe man seitens der Aktivisten aber nicht, sagte die Café-Chefin.

Glassplitter: So sah es am Samstagmorgen im Café Sibylle aus.
Glassplitter: So sah es am Samstagmorgen im Café Sibylle aus.
© Paul Lütge

Das Café war bis Freitagabend um 21 Uhr geöffnet, die Tat muss in den Nachtstunden stattgefunden haben. Nach Angaben einer Sprecherin kam die Polizei am frühen Morgen zum Café. Polizeikräfte blieben auch während des Kiezgesrpäches vor dem Café. Der Staatsschutz übernehme nun die Ermittlungen.

Das Café Sibylle versteht sich als unpolitisch, betont die Restaurantleiterin. Vor einem Jahr wurde das Café mit neuen Betreibern wiedereröffnet. Zwar sei man hin und wieder von Nachbarn beschimpft worden, aber das seien eher „ältere Stasileute“ gewesen, wie Winkler sagt.

1953 wurde das Café eröffnet

Zwar gebe es einen kleinen Stammtisch im Café von CDU-Mitgliedern, aber es träfen sich auch immer wieder SPD-Mitglieder auf ein Bier. Vor allem aber biete man im Café Lesungen und eine vom Bezirksamt betreute Ausstellung zur Geschichte des Ortes, die vor allem von Touristen besucht werde.

Am Tatort. Der CDU-Abgeordnete Kurt Wansner am Samstagmorgen vor dem Café Sibylle. Links und rechts von ihm sind die Schäden erkennbar.
Am Tatort. Der CDU-Abgeordnete Kurt Wansner am Samstagmorgen vor dem Café Sibylle. Links und rechts von ihm sind die Schäden erkennbar.
© Paul Lütge

Das Café an der einstigen Stalinallee gibt es mit Unterbrechungen seit 1953. Die Straße hatte unter anderem beim Volksaufstand am 17. Juni 1953 eine große Bedeutung. In den Räumen vermitteln 39 Infotafeln und einige Objekte, welche Bedeutung die Straße und das hier umgesetzte Bauprogramm in den 1950er Jahren und danach für die DDR-Geschichte hatte.

Die Café-Chefin will die CDU-Veranstaltung am Sonnabend trotz des Anschlags stattfinden lassen, auch um einen großen Einnahmenverlust zu verhindern, wie sie sagt. Denn vor dem Kiezrundgang ist ein Buffet geplant.

Café und Ausstellungsort: Ein Blick in die Innenräume vor dem Anschlag.
Café und Ausstellungsort: Ein Blick in die Innenräume vor dem Anschlag.
© Kai-Uwe Heinrich

Der CDU-Abgeordnete Kurt Wansner, der am Samstagmorgen zum Café kam, sagte um kurz nach 9 Uhr, man erwäge, die Veranstaltung abzusagen. Um kurz vor 10 Uhr versammelten sich dann mehrere Parteifreunde im Café, um das weitere Vorgehen zu beraten. Danach verkündeten die Parteimitglieder, dass man die Veranstaltung wie geplant durchführe.

Kurt Wansner sagte, man wolle sich von derartigen Aktionen nicht unterkriegen lassen. Der Anschlag das Café sei eine „feige Aktion" gewesen. „Das Kiezgespräch wäre doch die ideale Möglichkeit gewesen, Meinungen auszutauschen", sagt er. „Aber das wollen die ja nicht".

Anschlag schadet „vor allem dem Café"

Max Kindler, Ortsvorstand der CDU am Boxhagener Platz, hatte kein Verständnis für den Anschlag. „Mit dem Anschlag schaden die Steinwerfer vor allem dem Café", findet er. Den Kosten des Anschlags kann die Restaurantleiterin noch nicht beziffern. Sie sei aber versichert. Auch Fraktionschef Burkard Dregger verurteilte die Attacke: Der Angriff sei „ein widerwärtiger und untauglicher Versuch, Politik einzuschüchtern und die CDU mundtot machen zu wollen" schrieb er auf Twitter.

Der Rest des Kiezgespräches verlief nach Aussagen von Kindler friedlich. Mehr als 30 Menschen hätten den Dialog mit den CDU-Abgeordneten gesucht, sagt er. Nach anderthalbstündiger Diskussion machte die Gruppe zudem eine Tour durch den Kiez.

Eine Serie von Angriffen auf Berliner CDU

Die Berliner CDU wurde in den vergangenen Wochen mit einer Serie von Anschlägen terrorisiert: So wurde das Bürgerbüro des Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak in der Nacht zum 23. Oktober angegriffen – Unbekannte schlugen hier die Scheiben ein.

Wenige Tage zuvor wurde auch das Bürgerbüro des Bundestagsabgeordneten Klaus-Dieter Gröhler in Wilmersdorf zerstört. Auch der Mitorganisator des Kiezgespräches, Kurt Wansner, war schon häufiger Drohungen und Angriffen ausgesetzt.

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