Echo 2015: Am Anfang der Gala eine Schweigeminute
Bei der 24. Verleihung des Musikpreises im Palais unterm Funkturm waren viele leise Töne zu hören. Überschattet war die Show von der Germanwings-Tragödie. Gäste waren unter anderem Herbert Grönemeyer, Udo Lindenberg und Deichkind.
Nein, keine Party wie gewohnt, das wurde schon am Eingang zu den Messehallen am Hammarskjöldplatz überdeutlich. Die Fahnen, die am Donnerstagabend für die 24. Verleihung des Echo-Musikpreises trotz allem munter im Winde wehten, waren auf Halbmast gesetzt, zum Gedenken an die Opfer des Absturzes der Germanwings-Maschine. Und auch auf dem roten, in diesem Falle lila Teppich – vor der Wand der Sponsoren, wo sich die mehr oder weniger Prominenten so gerne im Blitzlichtgewitter drehen und wenden und dies auch gestern taten – wurde an die Tragödie in Südfrankreich erinnert: „4U9525 – In stiller Anteilnahme“ stand auf schwarzen Aufklebern unter dem Namen des Sponsors Germanwings. Dessen Vertreter hatten ihre Teilnahme ohnehin abgesagt.
Trotzdem ist der lila Teppich voll, die Fotografen brüllen und Deichkind erscheint aufgrund der vielen Mitglieder, die einheitlich kostümiert sind, geklont. Als plötzlich eine Rauchwolke zwischen den Gästen aufsteigt ist die Ursache schnell geklärt- Udo Lindenberg ist da! Ganz lässig und mit Zigarre natürlich. Die Stimmung vor der Echo-Verleihung war turbulent, ebenso die Kostüme. Schwarze Kleider waren eher rar!
Herbert Grönemeyer, der erst kurz vor Beginn der Sendung um 20:00Uhr den Teppich erreichte, wirkte nachdenkliche. Und auch Roger Cicero kam mit mulmigem Gefühl: "Ich habe nicht daran gedacht, heute hier nicht aufzutauchen, damit ist niemandem geholfen, aber natürlich ist die Stimmung gedrückt und es führt einem auch wieder vor Augen, wie schnell es vorbei sein kann. Man kann auch mal an so einem Abend über das ein oder das andere nachdenken. Sowas muss drin sein.", sagte Cicero.
Die Stimmung ist professionell
Zum großen Feiern werde wohl den wenigsten zumute sein, hatte Dieter Gorny, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie, schon im ARD-„Morgenmagazin“ gesagt. „Die Stimmung ist professionell, aber gedämpft.“ Ein widersprüchliger Abend, schon das, was die Prominenten den Reportern sagten, zeigte das. „Ich bin hier, um zu feiern“, sagt der nominierte Rapper Farid Bang („Killa“) selbstbewusst.
Und Andreas Gabalier – in Lederhosen – freute sich derweil, „als Österreicher“ in Berlin zu sein. „Vielleicht sehnen sich auch viele Berliner und Berlinerinnen nach einer alpenländischen, heilen Welt“, wird er von der Agentur dpa zitiert – ein nach dem Absturz in dern Alpen doch überraschender Satz. Jan Josef Liefers, nominiert mit seiner Band Radio Doria, klang nachdenklich. „Die After-Show-Party kann ich mir nur schwer vorstellen“, sagte er. „Ich habe Zweifel, ob hier heute Abend wirklich die Korken fliegen.“
Manch einer, wie beispielsweise Helene Fischer, betrat den Ort an diesem besonderen Abend aber doch lieber über den Hintereingang. Und Michi Beck lief ganz ohne seine Bandkollegen von den Fantastischen Vier über den Teppich. Schon der Zeitplan war nicht zu halten gewesen: 20 Minuten „ARD-Brennpunkt“ schoben sich um 20.15 Uhr zwischen „Tagesschau“ und „Echo“-Verleihung, die bei gedämpftem Licht, ein Saal ganz in Blau, begann. 150 Kerzen flackerten auf der Bühne, das Publikum erhob sich zu einer Schweigeminute, während nur das getragene Violinspiel von US-Geigerin Lindsey Stirling, im Vorjahr Echo-Siegerin, zu hören war.
Echo-Routine kam schnell
Auch Moderatorin Barbara Schöneberger hatte sich, den traurigen Umstanden angemessen, ganz in Schwarz gekleidet – wie auch Herbert Grönemeyer, der allerdings aus anderem Grund: „Schwarz macht schlank.“ Wie gesagt, ein sehr widersprüchlicher Abend: Gerade noch Schönebergers Erinnerung an die Toten von Frankreich, dann bruchlos die Überleitung zu einem anderem Toten der nahen, aber schon etwas weiter zurückliegenden Vergangenheit: Udo Jürgens, dessen doch eindeutig optimistischer, nicht trauriger Song „Ich weiß, was ich will“ nun folgte, dargeboten von acht Künstlern. Udo Lindenberg war dabei, Herbert Grönemeyer, Xavier Naidoo, Sarah Connor. Überlebensgroß war Jürgens auf den Projektionsflächen des Saales zu sehen, dort, wo kurz zuvor noch die Nummer des Unglücksfluges stand.
Als Dekoration diente diesmal ein verwaistes Klavier mit roter Rose. Danach aber erst mal „Echo“-Routine. Obwohl, dass ein Album in zwei Jahren hintereinander den Preis erringt, ist alles andere als Routine. Schon zu Beginn hatte Barbara Schöneberger, trotz allen Gedenkens dann doch in gewohnt schnodderiger Munterkeit, die Veranstaltung zu Helene-Fischer-Festspielen deklariert. Und das bestätigte sich ja dann auch: Das Album „Farbenspiel“ war zum zweiten Mal Spitze. Und später siegte Helene Fischer auch in den Kategorien "Schlager" und "Hit des Jahres". Das Todestal in Frankreich war da schon ganz weit weg, wie auf einem anderen Stern. Nur ab und zu blitzte noch einmal die Trauer auf, so bei Herbert Grönemeyer, der in der Kategorie „Männer, Rock/Pop, national“ siegte. Natürlich, er war stolz, hat das wortreich mitgeteilt, aber er konnte und wollte doch nicht verbergen, „dass man sich an einem Tag wie heute etwas gedämpft freut.“
Und hier die Nominierten zum Nachlesen:
Künstlerin Rock/Pop National: Oonagh
Künstler Rock/Pop National: Herbert Grönemeyer
Album des Jahres: Helene Fischer, „Farbenspiel“
Künstler Rock/Pop, International: Ed Sheeran
Band Rock/Pop, National: Revolverheld
Dance National: Robin Schulz
Alternative National: Unheilig
Newcomer International: Common Linnets
Volkstümlicher Musiker: Andreas Gabalier
Schlager: Helene Fischer
Hit des Jahres: Helene Fischer
Crossover: Lindsey Stirling
Rock/Pop international: Pink Floyd
Musik DVD/Bluray national: Helene Fischer
Radio-Echo: Andreas Bourani
Rock Alternative International: AC/DC
Hip-Hop/Urban : Kollegah
Partner des Jahres: Das TV-Format "Sing meinen Song"
Soziales Engagement: Udo Lindenberg
Lebenswerk: Nana Mouskouris
Bestes Video National: Kraftklub
Kritikerpreis National: Deichkind
Lebenswerk: Nana Mouskouri
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