BVV Berlin-Lichtenberg: AfD-Mann Frank Elischewski zum Stadtrat gewählt
Vor wenigen Wochen scheiterte die AfD damit, ihren Kandidaten Frank Hebold durchzusetzen. Nun hat die BVV Lichtenberg AfD-Mann Frank Elischewski zum Stadtrat gewählt. Ihm reichten 18 Ja-Stimmen.
Die Wahlen in Berlin sind nun vier Monate her. Seither versuchte die AfD, einen Stadtratskandidaten durchzusetzen. Der bisherige Kandidat, Wolfgang Hebold, war in zwei Wahlgängen von den Stadtverordneten abgelehnt worden. Am heutigen Donnerstag stellte die Partei mit Frank Elischewski nun einen neuen Kandidaten zur Wahl. Der 49-jährige promovierte Biologe arbeitet derzeit noch beim Bundesnachrichtendienst BND in einer gehobenen Funktion. Welche Position genau er dort inne hat, wollte er bisher weder der Presse noch den Parteien öffentlich preisgeben.
In einem Telefonat mit dem Tagesspiegel am Mittwoch bekräftigte er erneut, seine genau Position beim BND auch während der Fragerunde mit den anderen Parteien am Donnerstag nicht offenbaren zu wollen. Jedoch genau das interessiert vor allem die Linke. "Das ist prinzipiell ein Problem. Die Linke sieht die Nachrichtendienste kritisch. Das weiß jeder", sagte Fraktionschef Norman Wolf. "Seine Rolle und Aufgaben beim BND werden Fragen nach sich ziehen."
18 Ja-Stimmen reichen im zweiten Wahlgang
Bei seiner Fragerunde distanzierte sich Elischewski klar von der pulsierenden Rede Bernd Höckes. Was Frau Petry gemacht habe, sei vollkommen richtig gewesen. "Sowas gehört nicht zur AfD", so Elischewski. Auch die Aussagen zum Mahnmal seien nicht zu verstehen. Von seinem Vorgänger Frank Hebold distanzierte er sich hingegen nicht so klar. Er halte ihn für einen guten Mann. Er wolle jedoch "Stadtrat für alle Lichtenberger" werden und nicht nur, wie Hebold, die Interessen der AfD vertreten. Auf die Fragen nach seiner Position beim BND sagte er weiter, hier keine Auskunft geben zu dürfen. Die Demonstrationen von Pegida heißt er gut, wenn diese friedlich bleiben. Er selbst sei jedoch nie dort gewesen.
Im ersten Wahlgang konnte sich Elischewski noch nicht durchsetzen. Bei 48 gültigen Stimmen votierten nur 14 Mitglieder der BVV mit Ja, 25 mit Nein. 14 Mitglieder enthielten sich der Stimme. Im zweiten Wahlgang wurde er schließlich mit 18 Ja-Stimmen bei 17 Nein-Stimmen und 13 Enthaltungen zum Stadtrat gewählt.
Schuler: "Ein schwarzer Tag für Lichtenberg"
Kevin Hönicke, Vorsitzender der SPD Lichtenberg, sagte: "Die Ergebnisse demokratischer Wahlen akzeptieren wir als SPD-Fraktion selbstverständlich. Nun liegt es an Herrn Elischewski, seiner Vorstellung Taten folgen zu lassen." Die SPD-Fraktion werde ihn an seinen Ankündigungen messen, insbesondere an seiner Distanzierung von Björn Höcke und seinem Bekenntnis, ein Stadtrat für alle Lichtenbergerinnen und Lichtenberger sein zu wollen. "Wir werden unser Kontrollrecht wahrnehmen, damit kein Schaden für den Bezirk entsteht", so Hönicke.
"Ein schwarzer Tag für Lichtenberg. Es bleibt abzuwarten ob Herr Elischewski sich in der ihn stützenden Fraktion gegen nationalsozialistische und für demokratische Gedanken durchsetzen kann", sagte Camilla Schuler, Vorsitzende der Grünen. "Wahl ist Wahl. Der Kandidat hatte sich vorab nicht einmal bei mir vorgestellt. Aber da er bereits Beamter ist, ist die Einführung ins Amt deutlich einfacher. Ich habe den Herrn heute erst kennengelernt", sagte Bürgermeister Grunst. "Wir müssen damit nun professionell ungehen", so Grunst.
"Elischewski ist nicht auf dem Niveau von Hebold"
Zudem bot sich Elischewski zu Gesprächen an, welche einzig von der CDU wahrgenommen wurden. Wie die CDU die Chancen Elischewskis einschätzt, wollte Fraktionsvorsitzender Gregor Hoffman noch nicht sagen. Die CDU werde sich dazu nicht äußern und „von dem geheimen Wahlrecht Gebrauch machen.“ Bei dem Gespräch habe man „nicht viel Neues über den Kandidaten erfahren können“. Dieser hatte einen sehr knappen Lebenslauf an die Fraktionen geschickt, der auch dem Tagesspiegel vorliegt. Dieser sei „sehr dünn“ gewesen, sagt auch Hoffmann. Ihm zufolge habe man sich jedoch ein Bild der Person machen können. Was der Kandidat in den vergangenen fünf Jahren gemacht habe, habe man jedoch nicht in Erfahrung bringen können. Im Vergleich zu Hebold bestehe jedoch ein „qualitativ großer Unterschied“ in Sachen Ausbildung, dienstlicher Stellung und Auftreten. „Elischewski ist nicht auf dem Niveau von Hebold“, der immer wieder durch provokante Äußerungen und Blogeinträge aufgefallen war und auch die Mitglieder der anderen Parteien beleidigt hatte. Elischewski sei da besonnener, meint Hoffmann.
Derzeit wird gegen Hebold weiter wegen Volksverhetzung ermittelt, wozu auch sein Haus durchsucht wurde. Die Staatsanwaltschaft Berlin sagte dem Tagesspiegel am Donnerstag, das Verfahren laufe weiterhin. Ob Elischewski bei den anderen Fraktionen Anklang findet, hängt auch davon ab, ob er sich von Hebold und dessen Aussagen distanziert. Das forderte die Linke ebenso wie die Grünen und die SPD. Elischewski selbst sagte dem Tagesspiegel, er könne derzeit nichts Ablehnendes über Vorgänger Hebold sagen, solange dieser nicht verurteilt würde. Er halte ihn für einen guten Mann.
Die SPD ließ vorab verlauten, sie wähle keinen "Wolf im Schafspelz". Sie erwarte nicht nur eine neue Person, sondern auch inhaltlich ein neues Angebot. Ob es sich bei Elischewski um ein solches handelt, wolle man am Donnerstag durch die Befragung seiner Person herausfinden.
"AfD ist nun die NPD-Folgepartei geworden"
"Wir erwarten eine klare Distanzierung vom ersten Kandidaten, dass er sich zur Glaubensfreiheit bekennt und sich als Vertreter aller Lichtenberger sieht! Dann entscheiden wir!", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Kevin Hönicke. Man werde zudem auch Fragen zu der Höcke-Rede stellen und erwarte auch hier eine klare Distanzierung. Der thüringische AfD-Chef hatte das Holocaust-Mahnmal in Berlin am Dienstag als "Denkmal der Schande" bezeichnet. Hierzu wollte sich Elischewski dem Tagesspiegel gegenüber am Mittwochabend noch nicht äußern, da er sich erst noch ein Bild von der Lage verschaffen müsse. Hönicke zufolge hat die AfD durch die Äußerungen von Höcke "eine letzte Grenze überschritten und die AfD ist nun die NPD-Folgepartei geworden. Wer einer solchen Partei angehört und sich nicht davon distanziert, ist für mich nicht wählbar."
"Ich hoffe, den ein oder anderen überzeugt zu haben"
Elischewski selbst schätzt seine Chancen auf "50/50" und hofft, den Stadtratsposten durch Enthaltungen ergattern zu können. "Ich hoffe, den ein oder anderen überzeugt zu haben." Als Grund für den Eintritt in die AfD im Jahre 2014 gab er die Wirtschaftskrise in Griechenland an, die ihm gezeigt habe, dass mit Steuergeldern nicht richtig umgegangen werde. Für den AfD-Stadtrat sind die "regionalisierten Ordnungsaufgaben" vorgesehen, also zum Beispiel die Straßenreinigung und das Einfangen von streunenden Hunden. Elischewski hofft jedoch, etwas mehr machen zu können. So würde er alle Verkehrsmittel ausbauen wollen, mehr Parkplätze fordern und das "Car-Sharing" vorantreiben, das er selbst, wohnhaft in Lichtenberg, oft nutze, da er kein Auto habe. Zudem wolle er den Anstieg des Grundwasserspiegels bekämpfen und sich für Kinder-Impfungen einsetzen.
Elischewski fordert konsequente Abschiebungen
In Sachen Geflüchteter fordert er "konsequente Abschiebungen von straffälligen Flüchtlingen". Lichtenberg habe die meisten Flüchtlinge aller Bezirke aufgenommen, hier müsse es nun eine "gerechte Verteilung" geben. Er sagt, ein Stadtrat für "alle Lichtenberger Bürger" sein zu wollen. Immerhin das dürfte ihn von Hebold unterscheiden, der während seiner BVV-Befragung betont hatte, hauptsächlich der Stadtrat für die rund 20 Prozent AfD-Wähler sein zu wollen. Bürgermeister Michael Grunst von den Linken äußerte sich noch nicht zu den Chancen des neuen Kandidaten. "Nicht ich suche den Stadtrat aus", sagte er.