Neuer AfD-Kandidat in Lichtenberg: Stadtratskandidat der AfD arbeitet beim BND
Nachdem Wolfgang Hebold als Stadtratskandidat in zwei Wahlgängen abgelehnt wurde, hat die AfD nun Frank Elischewski nominiert. Nach Angaben des stellvertretenden AfD-Fraktionsvorsitzenden arbeitet dieser beim BND.
Die AfD in Lichtenberg hat sich in ihrer Sitzung am Dienstag auf einen neuen Kandidaten zur Nominierung für den Stadtratsposten verständigt. Der 49-jährige promovierte Biologe und Schatzmeister der Fraktion, Frank Elischewski, wird sich in der kommenden BVV-Sitzung am 19. Januar zur Wahl stellen und ersetzt damit Wolfgang Hebold, der als bisheriger Kandidat in zwei Wahlgängen von den anderen Fraktionen abgelehnt wurde. Einen dritten Wahlgang hatte die AfD abgelehnt. Hebold galt als umstrittener Kandidat, die regierende Linke, ebenso wie die SPD und die Grünen halten ihn für "unwählbar". Gegen ihn wird wegen Volksverhetzung ermittelt. Zuletzt hatte es eine Hausdurchsuchung gegeben.
Der neue Kandidat ist eher unbekannt. Karsten Woldeit, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD-Lichtenberg, bestätigte dem Tagesspiegel die Nominierung von Elischewski, "nachdem der aus unserer Sicht ebenfalls sehr qualifizierte Kandidat Wolfgang Hebold keine Aussicht auf eine Mehrheit in der BVV hatte." Elischewski gehört dem Bezirksverband seit Gründungstagen an und ist seit 2015 als Beisitzer und Schatzmeister im Vorstand tätig. Zusammen mit Jörg Orlemann, dem derzeitigen Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Kiel, ist er Autor des Buches "IT-Fachkräftemangel in der TechnologieRegion Karlsruhe" aus dem Jahre 2000.
Elischewski war fünf Jahre lang Innovationsberater bei der IHK Unternehmens- und Technologie-Beratung GmbH Karlsruhe. Laut Orlemann war er ein "ordentlicher Mitarbeiter, der politisch nicht engagiert gewesen war." Nach Informationen des Tagesspiegels ist Elischewski aktuell beim Bundesnachrichtendienst (BND) angestellt. Das bestätigte Woldeit dem Tagesspiegel am Mittwoch. Sollte Elischewski zum Stadtrat gewählt werden, würde er für diese Position von seinem Beamtenstatus freigestellt werden. Elischewski selbst wollte dem Tagesspiegel dazu keine Angaben machen. Er bestätigte jedoch, dass er seinen Dienst als Beamter aufgeben würde, wenn er als Stadtrat in Lichtenberg gewählt werde.
Ein BND-Sprecher sagte auf Nachfrage: "Wir nehmen zu Personalfragen grundsätzlich keine Stellung." Er legte aber Wert darauf, dass auch für BND-Mitarbeiter das passive Wahlrecht gelte - wie für jeden anderen Bürger auch.
SPD und CDU skeptisch
Die CDU in Lichtenberg fordert bereits eine offene Vorstellung des im Bezirk unbekannten Kandidaten. "Das es zu einem neuen Vorschlag kam, ist folgerichtig und konnte erwartet werden", so Fraktionsvorsitzender Gregor Hoffmann zum Tagesspiegel. "Die Provokation des ersten Vorschlags ist wohl verdampft. Noch bleibt wohl offen, ob das Bezirksamt am 19.1. komplettiert wird." Hoffmann fordert ein klares Bekenntnis zur Verfassung und zur Demokratie des neuen Kandidaten. Dies seien Mindestanforderungen, die es zu belegen gilt.
Auch die SPD ist skeptisch. "Wir erwarten eine Distanzierung zu Herrn Hebold, sagte Fraktionsvorsitzender Kevin Hönicke dem Tagesspiegel am Mittwoch. "Nach der letzten Kandidatur der AfD und dem Auftreten der Fraktion sind wir kritisch, welche Person hinter der neuen Kandidatur steckt."
Die in Lichtenberg regierende Linke sagte dem Tagesspiegel, man werde die Kandidatenvorschläge der AfD gewissenhaft prüfen. "Klar ist aber auch, für die AfD gibt es keine Sonderbehandlung. Auch ihre Personalvorschläge müssen fachlich und menschlich überzeugen", so Bürgermeister Michael Grunst.
Vonseiten der AfD heißt es, für alle Fraktionen bestehe im Vorfeld die Möglichkeit, sich in einer persönlichen Vorstellung ein Bild vom Kandidaten zu machen. Der 49-Jährige sei verheiratet und habe eine Tochter. Eine Kontaktadresse von Elischewski, Email oder Telefonnummer, wollte Woldeit dem Tagesspiegel zunächst nicht verraten. Die anderen Fraktionen sollten sich ein persönliches Bild des Kandidaten machen und "nicht alles aus der Presse erfahren".
Hebold bekommt Kaffee trotz "AfD verboten"-Aufkleber in Kreuzberg
Die Nominierung des neuen Kandidaten sei mit Wolfgang Hebold abgesprochen worden, so Woldeit. Hebold selbst, der für die AfD als parteiloser Kandidat ins Rennen gegangen war, äußerte sich noch nicht dazu. Auf seinem Blog "Die Verheerung Europas" schreibt er weiter provokante Einträge: Diesmal hat es ihn in ein Café in Kreuzberg, dem "Ora" am Oranienplatz, verschlagen, in dem die AfD laut einem Schild an der Eingangstür nicht willkommen sei. Der Aufkleber wurde aus Solidarität zu einem anderen Café angebracht, das Drohanrufen und Beschimpfungen ausgesetzt sei, seitdem es diesen Aufkleber angebracht habe.
Der Bedienung des "Ora" gegenüber bekennt sich Hebold zur AfD und darf trotzdem einen Kaffee bestellen. Die Bedienung habe ihm geantwortet, das AfD-Verbotsschild habe "der Chef" angeklebt. Hebold bekommt seinen Kaffee. Gegenüber dem Tagesspiegel wollte sich der Chef des "Ora" in einem Telefonat nicht zu den Geschehnissen äußern und antwortete nicht auf die Frage, ob AfDler denn nun willkommen seien oder nicht. Hebold jedenfalls schreibt: "Vertreiben lass ich mich nicht. Nicht von linken, nicht von grünen und auch nicht von islamischen Faschisten." So schließt er seinen Blog-Eintrag am Dienstag. Stadtrat in Lichtenberg wird er jedenfalls nicht mehr.
Auch in Pankow und Neukölln sind die Stadtratskandidaten der AfD, Nicolas Seifert und Bernward Eberenz, in den ersten Wahldurchgängen gescheitert. Aber die Partei hält an ihnen fest. „Es gibt keinen Masterplan, Kandidaten zurückzuziehen“, sagte AfD-Sprecher und -Abgeordneter Ronald Gläser. Die Auseinandersetzung Seiferts mit einem als Clown verkleideten ZDF-Moderator auf einer Demonstration im November 2015 sei eine „Petitesse“. Bei den Stadtratswahlen am 25. Januar setze er auf eine „Beruhigung von Emotionen“. Gute Chancen sieht Gläser für den Neuköllner Kandidaten Eberenz – hier habe es bei der Vorstellung keine Vorbehalte der anderen Fraktionen gegeben.