Autobahnen in Brandenburg: 50 Millionen Euro gegen den "Betonkrebs"
Brandenburgs Autobahnen bröseln. Jetzt wird verstärkt saniert. Es gibt Baustellen auf den Berliner Zubringer-Autobahnen A 2, A 9 und A 13 – und Tempolimits.
Auf dem Berliner Ring und den Autobahnen in die Hauptstadt müssen sich Autofahrer auch dieses Jahr wieder auf Behinderungen durch Baustellen einstellen. Viele davon sind wegen des "Betonkrebses" nötig, der sich weiter durch Fahrbahnen frisst. Brandenburgs Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD) stellte am Freitag die Straßenbauprojekte 2017 für das Land Brandenburg vor: Das Budget steigt von 400 Millionen auf 450 Millionen Euro, was vor allem auf die verstärkte Bekämpfung von "Betonkrebs"-Schäden zurückgeht.
Dahinter verbirgst sich eine Alkali-Kieselsäure-Reaktion, ausgelöst durch die Verwendung unverträglicher Materialien bei der Sanierung der Ost-Autobahnen nach 1990, die den Beton zerbröseln lässt. Allein 2017 sollen für die Sanierung betroffener Autobahnabschnitte in Brandenburg rund 50 Millionen Euro investiert werden. So viel wie nie zuvor in einem Jahr. Konkret sind 2017 die A2 zwischen Autobahndreieck Werder bis Abfahrt Lehnin, die A 9 zwischen Brück und Klein Marzehns und die A 13 zwischen Staakow und Freiwalde an der Reihe. Besonders betroffen von Schäden seien aber auch die A 15, die A 115 und die A 10, dort vor allem der östliche und südöstliche Bereich, sagte Albrecht Klein, Vorstandschef des Landesbetriebs für Straßenwesen.
Von 700 Kilometern Fahrbahn sind 125 Kilometer sicher betroffen
Er präsentierte aktuelle Zahlen zum Ausmaß des Betonkrebs-Dramas: Von den 700 Kilometer Richtungsfahrbahnen auf Brandenburger Autobahnen sind 125 Kilometer "mit gesichertem Erkenntnisstand" befallen, sagte Klein. Es gebe weitere 275 Kilometer Verdachtsflächen und 150 Kilometer mit "unklaren Merkmalen." Seitdem 2005 das Problem erstmals aufgetreten war, sind für 61 Millionen Euro inzwischen 90 Kilometer saniert worden. Und Sanierung bedeutet, so Klein, "dass der geschädigte Beton komplett entfernt werden muss". Zugleich bat Klein – gewissermaßen der "Herr der Straßen" Brandenburgs – um Verständnis, dass der "Betonkrebs" Tempolimits auf der A10, A 13 und der A2 Richtung Hannover Tempolimits zur Folge hat. "Es ist leider mit Geschwindigkeitsbegrenzungen verbunden. Auf Tempo 120, 100, leider auch mal 80", sagte Klein. "Tempo 60 hatten wir noch nicht." Es sei aber zwingend nötig. "Es sind gefährliche Steinschläge möglich, wenn man dort mit höheren Geschwindigkeiten fährt."
Das Betonkrebs-Problem sei "ärgerlich", aber nicht zu ändern, sagte Ministerin Kathrin Schneider. Es müsse abgearbeitet werden. Ohnehin seien die zuletzt in den 90er Jahren erneuerten Autobahnen in Brandenburg zumeist turnusmäßig dran. Auch solche regulären Maßnahmen werden 2017 etwa auf der A 24 in der Prignitz oder der Spreewald–Autobahn 15 fortgesetzt. Und weiter geht auch der Ausbau der A 10 südlich von Potsdam zwischen den Autobahndreiecken Nuthetal und Potsdam. Die frequentierteste Autobahn Deutschlands wird seit vorigem Jahr auf acht Fahrspuren erweitert, eine stauanfällige Dauerbaustelle gibt es wohl noch bis zur geplanten Fertigstellung 2020.
Neben den Schnellstraßen und Autobahnen sind vor allem die Landstraßen ein Problem
Trotzdem sind für Brandenburg nicht Autobahnen und Bundesstraßen das größte Problem, sondern die Landesstraßen, insgesamt 5700 Kilometer. Die Hälfte davon, das sogenannte Grundnetz, ist von landesweiter Bedeutung. Doch 39 Prozent sind in einem schlechten Zustand, ebenso 60 Prozent der Ortsdurchfahrten. Für Landesstraßen stehen in diesem Jahr 46 Millionen Euro zur Verfügung, etwas mehr als im Vorjahr. Davon fließen etwa 22 Millionen Euro in die Erneuerung von Ortsdurchfahrten, im Rahmen eines vor zwei Jahren gestarteten 100-Millionen-Euro-Programms, mit dem bis 2019 etwa 70 Ortsdurchfahrten erneuert oder Umgehungsstraßen gebaut werden. 28 davon sind fertig, 2017 beginnen neun neue Projekte, 17 Vorhaben werden fortgesetzt, sagte Schneider.
Die Ministerin machte keinen Hehl daraus, dass das Programm nicht ausreicht, um den Verschleiß zu stoppen. Man habe noch keine Trendwende. Und dann gibt es in Brandenburg noch knapp 2900 Kilometer einfache Landesstraßen, Nebenstrecken vor allem in den dünnbesiedelten ländlichen Regionen, oft Holperpisten. Es ist das so genannte "grüne Netz", für das höchstens Geld für Notreparaturen da ist. Man müsse entscheiden, wie man mit diesen Straßen umgeht, sagte Schneider. "Da müssen wir ran".