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Sandra Scheeres, 47, die wiedergewählte Bildungs-, Jugend- und Familiensenatorin der SPD.
© Thilo Rückeis

Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres im Interview: "20.000 Euro für einen neuen Kitaplatz"

Zu ihrer heutigen Klausurtagung hat die Linke die Familiensenatorin eingeladen: Es soll um Konzepte gegen Kinderarmut gehen. Kitamangel bleibt Thema.

Der rot-rot-grüne Berliner Senat sieht die Armutsbekämpfung in der Hauptstadt als eine seiner zentralen Aufgaben in den kommenden Jahren. „Wir wollen eine ressortübergreifende Armutsstrategie“, sagte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) am Samstag in Leipzig bei einer Klausurtagung der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Sie verwies darauf, dass jeder fünfte Bewohner der Hauptstadt von Armut bedroht sei und es in Berlin mehr Armutsrisiken gebe als anderswo. Besonders betroffen seien nicht zuletzt Alleinerziehende. „Berlin als Stadt der Alleinerziehenden hat ein Problem.“ Hier müsse gegengesteuert werden, Wir sprachen mit Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD).

Der Kampf gegen Kinderarmut ist ein ziemlich dickes Brett, das Rot-Rot-Grün da bohren will: Jedes dritte Kind in Berlin lebt von Transferleistungen –macht rund 180 000 Betroffene. Wie soll das gehen?

Die neue Koalition wird für alle Familien etwas bewegen, aber auch speziell für benachteiligte. Ein wichtiger Schritt wird sein, dass wir eine Landeskommission zur Prävention von Kinderarmut einrichten. Es wird eine Geschäftsstelle geben, in der unterschiedliche Verwaltungen zusammengebunden werden.

Was kann so eine Geschäftsstelle denn tun?

Wir müssen uns fragen, was diese Familien konkret brauchen. Es geht um finanzielle Mittel, aber auch um Teilhabe: Arme Familien und Alleinerziehende sind aus bestimmten Lebensbereichen ausgeschlossen. Das wollen wir ändern.

Aber es gibt doch bereits das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung. Ist das dann nicht eine Doppelstruktur?

Das ist keine Doppelstruktur. Es geht um verschiedene Instrumente und Bausteine, die sich ergänzen.

Woran denken Sie?

Wir wollen auf Bundesebene die „Kindergrundsicherung“ fordern. Bedürftige Familien sollen nicht auf Kindergeld und Hartz-IV-Kinderbetrag angewiesen sein. Dass so ein Bundesvorstoß erfolgreich sein kann, hat der Beschluss zum Unterhaltsvorschuss gezeigt: Alleinerziehende haben künftig darauf länger Anspruch, wenn das andere Elternteil nicht zahlt; bisher war nach 72 Monaten Schluss, künftig kann bis zum 18. Lebensjahr gezahlt werden. Auch das ist ein Schlüsselthema, wenn es um Kinderarmut geht. Berlin hatte das im Bund angeregt.

Ein weiterer Schlüssel für Familien ist der Kitaplatz. Wie wollen sie das selbst gesteckte Ziel erreichen, 30.000 neue Kitaplätze in dieser Legislatur zu schaffen?

Es wird noch mehr gebaut. Für Neubauten gibt es jetzt 20.000 Euro pro Platz, bisher waren es 15.000. Rund 75 Millionen haben wir zusätzlich für standardisierte Kita-Bauten zur Verfügung gestellt, die schneller erstellt werden können. Außerdem richten wir eine Steuerungsrunde ein, um alle Beteiligten mitzunehmen: Erzieherfachschulen, Kitaträger und Verwaltungen. Dort werden die konkreten Schritte vereinbart.

Ein großes Hemmnis sind die steigenden Mieten: Zurzeit gehen sogar Kitaplätze verloren, weil die Einrichtungen die Mieterhöhungen nicht verkraften können.

Uns ist das Problem klar. Wir wollen deshalb bei den Zuschüssen für die Platzgelder künftig höhere Ausgaben für Miete berücksichtigen. Insbesondere für neue Kinderläden haben wir die Starthilfe pro Platz von 1000 auf 2000 Euro erhöht.

Seitdem die Wissenschaft nicht mehr zu Ihrem Ressort gehört, taucht „Familie“ wieder in der Bezeichnung Ihrer Verwaltung auf. Ändert sich auch inhaltlich etwas?

Der Name veranschaulicht nur den größeren Stellenwert, aber das ist natürlich nicht alles: Es wird künftig ein eigenes Referat innerhalb der Jugendabteilung geben, das auch für Adoptionen und für den Ausbau der Familienzentren zuständig sein wird. Dann wird vieles gebündelt, was jetzt noch verstreut ist.

Was haben denn die Familien davon? Das sind doch erstmal nur Strukturen.

Die Leistungen für Familien sollen besser werden, auch für die sogenannte Mittelstandsfamilie. Stichpunkte sind: Flexible Betreuung, Beitragsfreiheit und kleinere Kitagruppen. Es ist eine enorme Aufgabe für Familien, sich nach der Geburt eines Kindes umzustellen und alle Anlaufstellen und Angebote zu finden, die es für sie gibt. Wir wollen ihnen das erleichtern.

Aber es gibt doch schon im Netz das Familienportal, in dem wichtige Instanzen und Adressen aufgelistet sind. Meinen Sie das?

Nicht nur. Das Familienportal ist eine gute Sache, aber es ist zu wenig bekannt, und es ist ausbaufähig. Zusätzlich soll in jedem Bezirk ein Familienbüro als Anlaufstelle entstehen, und es werden flexible Betreuungsangebote ausgebaut. Zeit ist oft für Familien das größte Problem.

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