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Pro Woche kostet die Beseitigung der Müllberge aus den Berliner Parks eine fünfstellige Euro-Summe.
© Robert Schlesinger dpa

Das Problem mit dem Müll in Berlin: 130 Millionen Euro - wenn die BSR überall putzt

Sonnige Wochenenden bringen schmutzige Parks. Der Senat überlegt, die BSR überall saubermachen zu lassen – 130 Millionen Euro würde das jährlich kosten.

Die Frühlingswochenenden mit Touristenmassen und Großveranstaltungen sind sind überstanden, die nächste Großlage folgt: Nach der Sternfahrt kommt am nächsten Wochenende der Velothon. Und dann der Sommer. Schönes Wetter lockt sofort tausende in Parks und Grünanlagen, und am Ende bleiben riesige Müllberge liegen. Mit Ausnahmen: Die Parks, die von der Berliner Stadtreinigung (BSR) gereinigt werden, sind in der Regel schnell wieder sauber. Allerdings sind es nur zwölf Berliner Parks, und das Ganze ist ein Pilotprojekt, das seit einem Jahr läuft und noch bis Jahresende geht. Wo immer die BSR putzt, ist der Qualitätsunterschied sichtbar.

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) ist daher dafür, mit der BSR über eine Ausweitung ihrer Einsatzgebiete zu verhandeln. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob es gelingt, dafür Geld bei Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) locker zu machen.

Zurzeit werden die Haushaltsverhandlungen geführt; der Senat will am 11. Juli seinen Etatsentwurf präsentieren. Bis dahin laufen die so genannten Chefgespräche, das heißt, der Finanzsenator beredet mit den Senatoren deren Pläne. Angemeldet haben die jedenfalls schon mal sechs Milliarden Euro mehr an Bedarf, als es zu verteilen gibt. Die Finanzverwaltung will sich in dieser sensiblen Phase nicht dazu äußern, ob sie Geld für die Parkreinigung lockermacht; die Aussichten sind aber wohl gut.

Es kann so schön sein in Berliner Parks. Wenn die BSR sich um die Sauberkeit kümmert. 
Es kann so schön sein in Berliner Parks. Wenn die BSR sich um die Sauberkeit kümmert. 
© Mike Wolff

Würde die BSR überall saubermachen, wäre das sehr teuer

Denn das strahlendste Beispiel für den Erfolg des Projekts ist der berüchtigte Görlitzer Park in Kreuzberg. Ihn beging Kollatz-Ahnen, zugleich BSR-Aufsichtsrat, gemeinsam mit BSR-Chefin Tanja Wielgoß im vergangenen Sommer, und er war vom Ergebnis sehr angetan. Auch die Anwohner sind begeistert von der neuen Sauberkeit des Parks, der zwar weiterhin ein Ort des Drogenhandels und Wildgrillens ist, jedoch immer schnell wieder gereinigt.

Eine Forsa-Meinungsumfrage im Auftrag der BSR verdeutlicht den guten Projektverlauf: Während im Mai 2016 nur 49 Prozent der Befragten meinten, dass die Projektparks sauber oder eher sauber seien, so steigerte sich dieser Wert im Juni 2016 – einen Monat nach Beginn des Pilotprojekts – auf 84 Prozent, und im April 2017 bewerteten sogar 92 Prozent die Pilotparks als sauber oder eher sauber. Auch die Bilanz des Pilotprojekts Forstrevier Teufelssee, das schon 2015 startete, ist positiv.

Für die Sommermonate rechnen die Behörden mit neuen Müllbergen

Übernähme allerdings die BSR das ganze Stadtgebiet, so würde das nach Schätzungen der Wirtschaftsverwaltung rund 130 Millionen Euro jährlich kosten – Steuergeld, das dann bei der Sanierung der Schulen oder anderen Aufgaben fehlt. Bisher läuft das Pilotprojekt kostenneutral für den Steuerzahler, da es aus den Betriebsgewinnen der BSR aus ihrer gewerblichen Tätigkeit finanziert wird. Die Stadtreinigung führt diese betrieblichen Gewinne an das Land ab und bekommt dieselbe Summe – 7,3 Millionen Euro – für das Pilotprojekt.

Ein Sonntag im Volkspark Friedrichshain - am Ende bleibt viel Müll zurück, nicht nur in den Müllbehältern.
Ein Sonntag im Volkspark Friedrichshain - am Ende bleibt viel Müll zurück, nicht nur in den Müllbehältern.
© Doris Spiekermann-Klaas

Für die Sommermonate rechnen die Behörden mit neuen Müllbergen. Denn trotz aller Appelle scheinen immer weniger Ausflügler bereit zu sein, ihre Abfälle wieder mitzunehmen und ordnungsgemäß zu entsorgen. Nur in seltenen Fällen gelingt es den Ordnungsämtern, Müllsünder zu ermitteln. Wer erwischt wird, ist mit 35 Euro Verwarnungsgeld dabei, schwerwiegende Fälle können mit bis zu 5000 Euro Bußgeld geahndet werden.

Im vergangenen Jahr meldeten neun der zwölf Bezirke Kosten für die Müllbeseitigung in einer Gesamthöhe von rund zwei Millionen Euro, wie der Senat auf eine Anfrage der Abgeordneten Marion Platta (Linke) mitteilte. „Die Mitarbeiter in den Revieren sind eineinhalb Tage in der Woche nur mit Müllsammeln beschäftigt, Tendenz steigend“, klagt Stadtrat Johannes Martin (CDU) in Marzahn-Hellersdorf. Nach verlängerten Wochenenden ist der Verschmutzungsgrad besonders hoch. Ein Schwerpunkt ist dabei unter anderem der Biesdorfer Baggersee.

Auch in den Berliner Forsten wird der Müll mehr

In Mitte hat die Vermüllung der Freiflächen in den letzten Jahren generell stark zugenommen, so Stadträtin Sabine Weißler (Grüne). Besonders betrifft das die Uferpromenaden sowie Monbijou-, James-Simon-, Tilla-Durieux-, Sprengel- und Schillerpark, den Volkspark Weinbergsweg, Sparr- und Leopoldplatz sowie den Panke-Grünzug und Flächen im Regierungsviertel. Temporär werden zusätzliche Müllcontainer aufgestellt.

Reinickendorf hat Firmen beauftragt, die in zwölf Grünanlagen den Müll beseitigen. „Mit Ausnahme des Flughafensees hält sich Vermüllung in einem normalen Rahmen und stellt keine besondere Situation dar“, so Stadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU).

Schlechte Manieren. So wie hier im Treptower Park sieht es während des Sommers an vielen Ausflugsorten der Stadt aus.
Schlechte Manieren. So wie hier im Treptower Park sieht es während des Sommers an vielen Ausflugsorten der Stadt aus.
© Paul Zinken/dpa

„Am langen Pfingstwochenende gab es vor allem an den Schwerpunkten der Walderholung deutliche Verschmutzungen“, sagt Marc Franusch von den Berliner Forsten. Betroffen waren vor allem die Uferbereiche von Krummer Lanke, Schlachtensee, Havel, Spree, Dahme, Müggel- und Tegeler See. Weitere Problemzonen sind die Waldparkplätze und das Hundeauslaufgebiet Arkenberge in Pankow. Mit der Reinigung, die je nach Bedarf bis zu dreimal wöchentlich erfolgt, wurde ein Dienstleister beauftragt.

Generell beobachten auch die Berliner Forsten eine Zunahme der Müllproblematik. „Ein Faktor sind dabei die viel diskutierten, unsäglichen To-go-Verpackungen“, so Franusch. „Zunehmend Probleme bereitet uns in vielen Waldgebieten auch die illegale Ablagerung von meist gewerblichen Bauabfällen, deren Entsorgung uns viel Geld kostet.“

„Je schöner das Wetter, desto mehr Leute und desto mehr Müll“, so Sebastian Harnisch von der BSR, die im Rahmen des Pilotprojektes unter anderem den Park am Weißen See, die Tegeler Greenwichpromenade und den Spandauer Münsingerpark reinigt. Mit Erfolg. Die Grünanlagen sind deutlich sauberer geworden. Nachhaltige Sauberkeit funktioniere aber nur, wenn auch die Parkbesucher mitmachten, indem sie konsequent die aufgestellten Abfallbehälter nutzten, sagt Harnisch.

Auf Erfolgskurs. BSR-Chefin Tanja Wielgoß präsentiert im IGA-Park in Marzahn schon mal das passende Gerät für die Grünpflege.
Auf Erfolgskurs. BSR-Chefin Tanja Wielgoß präsentiert im IGA-Park in Marzahn schon mal das passende Gerät für die Grünpflege.
© Jörg Carstensen/dpa

Würde jeder seinen Müll selbst nach Vorschrift entsorgen, gäbe es das Problem nicht

„In der Sommersaison sind wir mit unseren Einsatzkräften täglich in den Projektgebieten präsent, auch an Sonn- und Feiertagen“, so Harnisch. „Bei besonders schönem Wetter können wir das Personal auch noch kurzfristig aufstocken. Wir sind also vorbereitet.“ Auch das Ordnungsamt in Mitte ist wie in den meisten Bezirken auch an Wochenenden und Feiertagen im Rahmen seiner personellen Möglichkeiten unterwegs, um Müllsünder zu stellen. Bei den Berliner Forsten ist das an Sonn- und Feiertagen nicht immer möglich. „Kontrollgänge können wir wegen der dünnen Personaldecke kaum leisten können“, so Marc Franusch. Er appelliert an alle Waldbesucher, den eigenen Müll wieder mitzunehmen und an geeigneter Stelle zu entsorgen.

Für die Bezirke könnte es Nachteile haben, wenn die BSR ihnen die Parkreinigung komplett abnimmt, da sie für ihre Grünflächen Haushaltsmittel bekommen; sie müssten hier im Zweifel Kürzungen hinnehmen. Bauchschmerzen hat der Senat auch bei dem Gedanken, 130 Millionen Euro Steuergeld dafür auszugeben, den Bürgern hinterherzuräumen. Denn wenn jeder einfach tut, was eigentlich selbstverständlich ist, nämlich den eigenen Müll vorschriftsmäßig entsorgen, dann fallen diese Kosten gar nicht an.

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