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Das Bakterium Treponema pallidum, der Erreger der Syphilis.
© Foto: PD Dr. Annette Moter/Charite-Universitätsmedizin Berlin/dpa

Infektionen bundesweit konstant hoch: Zahl der Syphilis-Fälle in Berlin geht deutlich zurück

In Berlin gibt es bundesweit die meisten Fälle der Geschlechtskrankheit – aber weniger als im Vorjahr. Das liegt womöglich auch an einer neuen Vorsorgemaßnahme.

In Deutschland ist die Anzahl der Syphilis-Ansteckungen erstmals seit 2010 etwa konstant. Das geht aus den jüngsten Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) für das Jahr 2018 hervor. Demnach lag die Zahl der Erkrankungsfälle mit 7332 um 192 Fälle niedriger als noch 2017. Damit sei der starke Anstieg der Vorjahre gestoppt worden. Besonders in Berlin gingen die Infektionszahlen zurück, heißt es im aktuellen Epidemiologischen Bulletin des Instituts (hier als PDF).

Syphilis ist eine bakteriell verursachte Erkrankung, die nur beim Menschen vorkommt. Sie kann beim Sex, durch Blut und ab der 12. Woche einer Schwangerschaft von der Mutter auf das Kind übertragen werden. Die Krankheit verläuft typischerweise in drei Stadien. Wird sie nicht erkannt und mit Antibiotika behandelt, kann sie langfristig zu schweren Schädigungen des Gehirns und der Blutgefäße führen.

Moulagen, die das Krankheitsbild Syphilis zeigen, im Medizinhistorischen Museum Hamburg.
Moulagen, die das Krankheitsbild Syphilis zeigen, im Medizinhistorischen Museum Hamburg.
© Foto: Maja Hitij/dpa

Am häufigsten stecken sich in Deutschland homo- und bisexuelle Männer an. Die meisten Ansteckungen gab es bei Männern in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen. Annähernd die Hälfte der Syphilis-Infektionen sei bei Personen diagnostiziert worden, die ebenfalls mit HIV infiziert sind.

Berlin mit Rückgang der Infektionen

Zwischen den Bundesländern gab es erhebliche Unterschiede. Die meisten Infektionen pro 100.000 Einwohner in einem Bundesland gab es mit 32,5 Fällen weiterhin in Berlin, die wenigsten in Thüringen (4,3). Der Bundesschnitt lag bei 8,8 Fällen pro 100.000 Einwohner. Insgesamt, so schreibt das RKI, konzentriere sich Syphilis in Deutschland eher in Ballungsräumen.

Die Hauptstadt gehört zu den sieben Bundesländern, in denen die Infektionszahlen im Vergleich zum Vorjahr zurückgingen – um rund dreizehn Prozent im Vergleich zu 2017. In fast allen Berliner Innenstadtbezirken wurde ein deutlicher Abfall der Fallzahlen registriert:

  • Charlottenburg-Wilmersdorf: -32,1%
  • Friedrichshain-Kreuzberg: -31,4%
  • Neukölln: -14,1%
  • Tempelhof-Schöneberg: -48,2%

Die Wissenschaftler des RKI führen den Rückgang der Infektionen im Vergleich zu 2017 hauptsächlich auf eine deutschlandweit etwas geringere Fallzahl von heterosexuellen Frauen und Männern zurück. Besonders in Berlin und München allerdings gab es deutlich weniger Fälle von Männern, die mit Männern Sex haben (MSM). Dies sei in keiner anderen Großstadt so zu beobachten, schreiben die Forscher.

Weniger Fälle in Berlin durch PrEP?

Als möglichen Grund vermuten sie, dass HIV-negative Personen im Rahmen der seit 2016 in Deutschland zugelassenen Prä-Expositionsprophylaxe gegen HIV (PrEP) auch häufiger auf Syphilis getestet und dann behandelt werden. Bei PrEP nehmen HIV-negative Menschen ein Medikament ein, um sich vor HIV zu schützen.

So senkt das Medikament das Risiko einer HIV-Infektion bei ungeschütztem Sex. Eine Ansteckung mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten kann es jedoch nicht verhindern. Doch in den Leitlinien zur Verschreibung von PrEP steht auch, dass Ärzte aller drei Monate begleitend Tests auf Syphilis durchführen sollen.

Dadurch steige die Zahl der erkannten Syphilis-Fälle zunächst meist an, heißt es in der RKI-Analyse. Später könne sie aber sinken, da durch mehr Behandlung die Verbreitung der Syphilis-Erreger in der Bevölkerung zurückgehe. Allerdings schreiben die Forscher, dass PrEP bis September 2019 größtenteils noch privat zu bezahlen war. Daher zweifeln sie daran, dass die Prophylaxe 2018 schon so verbreitet war, dass sie den Rückgang in Berlin und München erklären kann.

Studie zu den Ursachen des Rückgangs geplant

Eine andere mögliche Erklärung sei, dass manche Personen in sexuell besonders aktiven Phasen vorbeugend das Antibiotikum Doxycyclin gegen sexuell übertragbare Krankheiten – also auch Syphilis – einnehmen. Diese Strategie wird kontrovers diskutiert, aktuell liegen dem RKI aber dazu keine Daten vor.

Als weitere mögliche Gründe nennt das RKI Unsicherheiten bei der Diagnostik und Meldung der Krankheit. Genau könne das Institut aber nicht sagen, aus welchen Gründen die Syphilis-Infektionen gerade in Berlin und München so stark zurückgingen. Um die Einflüsse besser zu verstehen, wollen sie eine Studie durchführen.

Frühe Diagnose ist wichtig

Die Experten betonen außerdem, wie wichtig eine frühzeitige Diagnose bei Syphilis ist, um die Infektionskette früh zu unterbrechen. Dafür sollten niedrigschwellige Tests zur Verfügung gestellt werden. Der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Sexuell übertragbare Krankheiten zufolge sollten MSM in Abhängigkeit von der Anzahl ihrer Sexualpartner ein regelmäßiges Screening auf Syphilis, aber auch Chlamydien, Gonorrhö, Hepatitis C und HIV alle 3-12 Monate angeboten werden.

In diesem Zusammenhang sei es ein wichtiger Schritt, dass seit Kurzem nicht mehr nur Ärzte einen Schnelltest auf Syphilis und HIV anbieten dürfen, sondern auch Beratungs- und Testeinrichtungen, wo nicht ständig ein Arzt verfügbar ist. (mit dpa)

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