zum Hauptinhalt
Auf dem Campus der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Oberschöneweide.
© HTW/Maria Schramm

Neuer Präsident der HTW Berlin: „Wir wollen etwas mutiger, innovativer sein“

Der neue Chef der HTW will in der Lehre neue Wege beschreiten – und fordert Berliner „Experimente“ beim Promotionsrecht.

Herr Busch, was haben Sie als neuer Präsident der HTW mit Berlins größter Fachhochschule vor?

Die Hochschule wird wachsen. Wir werden noch in diesem Jahr über neue Studienangebote entscheiden. Wir werden die Kooperationsbeziehungen in die Wirtschaft intensivieren. Das dritte Thema wird die Zusammenlegung unserer beiden Standorte an der Spree sein. Als Hochschule werden wir mehr Kraft entwickeln können, wenn wir uns dort konzentrieren, und auch die Entwicklung des Quartiers in Oberschöneweide werden wir noch stärker vorantreiben können. Wir sind dort ohnehin schon ein großer Faktor.

Bisher hat die HTW Standorte in Oberschöneweide und Karlshorst. Ein „Zentralcampus“ in Oberschöneweide könnte bis zu 250 Millionen Euro kosten, die Summe nannte der Wissenschaftsstaatssekretär vor Kurzem. Was macht Sie optimistisch, dass das Land diese Mittel aufbringen kann?

Ich äußere mich nicht zu Zahlen dieser Art, die sind reine Spekulation. Es wäre falsch, wenn wir uns als Hochschule jetzt schon auf ein bestimmtes Gebäude festlegen. Wir reden über ein Areal, das über 300 000 Quadratmeter freie Flächen verfügt. Davon brauchen wir einen Bruchteil, es gibt zwei oder drei Varianten. Je schneller es geht, desto besser. In drei oder fünf Jahren wird sich der Steuerzahler das gar nicht mehr leisten können, weil die Mieten so unter Druck sind.

Sie haben angekündigt, mehr Spielräume für die Lehre eröffnen zu wollen. Was meinen Sie damit?

Bei neuen Studienangeboten und neuen Fachgebieten sollten wir etwas mutiger, innovativer sein. Wir werden zudem neue Professuren schaffen, auch das wird die Lehre verbessern. Der dritte Punkt: Die akademische Kultur braucht Freiräume. Da muss man schauen, ob die selbst auferlegten Regeln und Ordnungen oder die Verwaltungsabläufe wirklich alle so sein müssen.

Carsten Busch, Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW).
Carsten Busch ist neuer Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW). Der Informatiker war zuvor HTW-Dekan und Vorsitzender des Akademischen Senats.
© HTW Berlin/Camilla Rackelmann

Woran fehlt es da bisher?

Wir sind ohne Frage eine gut funktionierende Hochschule. Es geht darum, an welchen Stellen noch mehr Bewegung und Geschwindigkeit möglich sind. Wir haben viele Verwaltungsvorgänge, die papiergestützt sind. Manches wird zweimal ausgedruckt, bevor es erfasst wird. Mithilfe der Digitalisierung können wir hier einiges vereinfachen und beschleunigen. Der entscheidende Punkt ist das Beschleunigen, die Digitalisierung ist das Mittel zum Zweck.

Die Berliner Fachhochschulen haben seit 2017 erstmals die Möglichkeit, Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter zu schaffen. Wie weit ist die HTW damit?

Wir sind schon dabei, die ersten Stellen zu besetzen. Momentan sind zwischen zehn und 15 Stellen im Besetzungsverfahren, das ist ein Fünftel der angestrebten Stellenzahl.

Wie sieht es bei den Promotionen aus? Die FHs haben sich in Berlin beklagt, die Unis würden sich nur sehr zögerlich auf kooperative Promotionen mit FHs einlassen. NRW plant jetzt ein Promotionskolleg für seine FHs. Würden Sie ein solches Kolleg auch für Berlin befürworten?

Ich würde befürworten, dass wir als Fachhochschulen möglichst eigenständige Wege für Promotionen bekommen. Welcher Art, da bin ich sehr flexibel. Derzeit finden in Berlin Verhandlungen zwischen den Fachhochschulen und den Universitäten zu dem Thema statt. Ich hoffe, dass es da einen nennenswerten Fortschritt gibt, und ich fände es gut, wenn Berlin als Hauptstadt mutig genug wäre, hier Experimente zuzulassen. Wir möchten ein Promotionsrecht und halten das für richtig, können uns aber auch vorstellen, dass es da erst mal den einen oder anderen Zwischenschritt gibt.

In Ihre Amtszeit wird auch die nächste Runde des Wettbewerbs „Innovative Hochschule“ fallen – eine Art Exzellenzinitiative für kleine Unis und Fachhochschulen. In der ersten Runde sind die Berliner Fachhochschulen mit ihrem gemeinsamen Antrag gescheitert. Was müssen sie beim kommenden Antrag besser machen, die Entscheidung fällt 2021?

Hochschulübergreifend sind wir in vorbereitenden Diskussionen. Wir müssen bestehende gute Zusammenarbeit weiter intensivieren. Und ich wünsche mir, dass wir Hochschulleitungen die Kraft haben, uns zurückzuhalten und stattdessen jeweils unseren besten Wissenschaftler den Weg für ein überzeugendes gemeinsames Konzept zu ebnen. Denn die Aufgabe muss sein, die inhaltlichen Stärken der sechs beteiligten Hochschulen noch stärker herauszuarbeiten und zusammenzubringen.

Die Wahl eines neuen Präsidenten zog sich hin. Die Position wurde zweimal ausgeschrieben, obwohl Sie sich bereits beim ersten Mal beworben hatten. Nicht alle im Kuratorium sollen von Ihnen überzeugt gewesen sein. Wie gehen Sie damit um?

Ich habe mich sogar schon vor vier Jahren beworben und damals verloren. Es gehört zur Demokratie zu akzeptieren, dass einige vielleicht andere Bewerber vorziehen. Die Aufgabe im Amt ist es, durch sein Handeln zu zeigen, dass man das Vertrauen der Mehrheit verdient hat – und auch noch einige von der Minderheit mitzunehmen und zu überzeugen.

Die Fragen stellte Tilmann Warnecke.

Zur Startseite