Promotionsrecht für Fachhochschulen: NRW-Rektoren warnen vor "Low Quality-Promotion"
Statt ihre Absolventen nur gemeinsam mit Uni-Profs zu promovieren, sollen die Fachhochschulen in NRW ein eigenes Promotionskolleg bekommen.
Die Universitäten in Nordrhein-Westfalen sehen ihr Promotionsprivileg in Gefahr – und warnen vor Konsequenzen für das Wissenschaftssystem in ganz Deutschland. Die von der Regierungskoalition aus CDU und FDP geplante Schaffung eines „Promotionskollegs für angewandte Forschung der Fachhochschulen“ könnte sich als Präzedenzfall auch bundesweit auswirken, warnt Ulrich Radtke, Rektor der Universität Duisburg-Essen und Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK).
Sollte das FH-Promotionskolleg wie geplant durch die anstehende Novelle des Hochschulgesetzes ermöglicht werden, würde das zu einer „Desintegration der Hochschulformen“ führen, erklärt Radtke in einer Stellungnahme für eine Anhörung im Düsseldorfer Landtag am heutigen Donnerstag, die dem Tagesspiegel vorliegt.
Graduierteninstitut soll weiterentwickelt werden
Die Landesrektorenkonferenz (LRK) der Universitäten schreibt in ihrer Stellungnahme, die Landesregierung bereite einer „Low Quality-Promotion an den Fachhochschulen“ den Weg. Denn CDU und FDP wollten zulassen, dass die Promotionen am Kolleg „,in einem Kontext der Lehre‘ stehen und weniger am ,Merkmal einer Forschungsleistung‘ orientiert“ sein sollten.
Worum geht es in NRW? Die Landesregierung greift die Initiative der Fachhochschulen auf, das 2016 als gemeinsame Einrichtung von 20 Hochschulen gegründete „Graduierteninstitut für angewandte Forschung NRW“ weiterzuentwickeln. Im Graduierteninstitut werden bislang kooperative Promotionen, die von Fachhochschulabsolventen angestrebt und gemeinsam von FH- und Uni-Professoren betreut werden, zentral organisiert. Eine Aufgabe des Instituts ist es, Promotionswillige und Betreuerteams zusammenzuführen. Die kooperative Promotion gilt als Königsweg und als Alternative zum Wechsel von promotionswilligen FH-Absolventen an eine Universität.
Kooperative Promotionen soll es weiterhin geben
Von allen Bundesländern hatte bislang nur Hessen forschungsstarken FH-Fachbereichen das eigene Promotionsrecht zugebilligt. Nun soll es auch in NRW kommen, allerdings nicht für einzelne Fachhochschulen, sondern für das hochschulübergreifende Promotionskolleg. Die entsprechende Weiterentwicklung des Graduierteninstituts sieht die LRK der Fachhochschulen als folgerichtigen „nächsten Schritt“. Der Vorsitzende des Graduierteninstituts Martin Sternberg, Physiker an der Hochschule Bochum, erklärt: „Dieser Weg der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung an HAW/FH ist konsequent und bringt das Land weiter.“ Der kooperative Weg solle aber parallel weiterhin Bestand haben, betont Sternberg.
HRK-Vize Radtke und die LRK der Unis fordern stattdessen, ausschließlich das Modell der kooperativen Promotion beizubehalten und auszubauen. Nach einem entsprechenden HRK-Beschluss von 2015 habe sich deren Zahl in NRW für den Zeitraum 2015 bis 2017 gegenüber 2012 bis 2014 mehr als verdoppelt – von 37 auf 77 Promotionen von FH-Absolventen. Gewarnt wird auch vor „ineffizienten Parallelstrukturen“, wenn weiterhin kooperativ und am neuen Promotionskolleg promoviert werde.
Die LRK der Unis gibt zu bedenken, dass ohne kooperative Verfahren die „fruchtbare Forschungszusammenarbeit“ zwischen Betreuern beider Hochschulformen wegfallen würde. Die Unirektoren schlagen dem Land schließlich vor, statt des einen Graduierteninstituts künftig landesweit fünf bis sechs zu fördern.