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Corona-Test in Mecklenburg-Vorpommern
© Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa
Update

Nur ein Drittel der Labor-Kapazität genutzt: Wir könnten viel öfter testen

In der vergangenen Woche werteten Labors in Deutschland gut 300.000 Tests aus. Der Anteil positiver Ergebnisse ist so niedrig wie seit Wochen nicht.

2.755.770 – mindestens so viele Tests auf Covid-19 gab es in Deutschland bis zum vergangenen Sonntag, den 3. Mai. Das Robert Koch-Institut hat diese Zahlen bei den Laboren abgefragt und am 6. Mai veröffentlicht. Mit diesen Daten zur Gesamtzahl der Tests können bessere Aussagen über die Ausbreitung des Virus getroffen werden. So sinkt etwa seit Wochen der Anteil positiver Tests an allen Proben.

Kapazitäten für weit mehr Tests sind theoretisch vorhanden: 964.962 pro Woche könnten die Labore durchführen, hat das RKI berechnet. Das ist fast das Dreifache der zuletzt tatsächlich ausgewerteten Tests.

Man habe gehört, dass Menschen nicht getestet worden seien, weil die Symptome nicht stark genug ausgeprägt waren, sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts vergangene Woche. Wenn man aber an Lockerungen denke, ergäbe es Sinn, früher zu testen, auch bei leichten Symptomen. Nur so könne man Ausbrüche früh erkennen und Infizierte in Isolation bringen.

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Eins wird bis heute oft missverstanden: Die Zahlen, die von den Ämtern und Medien in Deutschland gemeldet werden, sagen aus, wie oft die Tests auf Covid-19 positiv ausgefallen sind. Sie können nicht aussagen, wie viele Infizierte es gibt. Dafür müssten alle Menschen getestet werden.

Um die Zahl der gemeldeten Fälle einzuordnen, ist es also wichtig zu wissen, wie viel Deutschland in bestimmten Zeiträumen testet So können wir ausrechnen, wie viel Prozent aller Tests positiv ausfallen. Wenn sich das Virus schnell verbreitet, wäre ein steigender Prozentsatz plausibel. Tatsächlich stieg der prozentuale Anteil positiver Ergebnisse erst schneller, dann nur noch langsam. Zuletzt fiel er sogar von 9 über 6,7 auf zuletzt 3,8 Prozent. Niedriger war er seit dem 8. März nicht.

Wie die Grafik mit den Zahlen des RKI außerdem zeigt, hat Deutschland in der 14. Kalenderwoche die meisten Abstriche auf Viren untersucht. Durch verspätete Meldungen kann sich der aktuelle Wert noch etwas erhöhen.

[Korrekturhinweis: Bei der Erhebung der Testzahlen für die Woche bis 26. April hat das RKI deutlich zu viele Tests (467.137) und positive Ergebnisse (25.222) gemeldet. Nach der Korrektur des RKI haben wir unsere Zahlen angepasst.]

Was bedeutet die Quote?

Dass die Positiv-Rate der Tests sinkt, bewertete Lothar Wieler als positive Entwicklung. „Wenn wir immer mehr testen und trotzdem weniger Zahlen haben, sind immer weniger Menschen infiziert“, sagte er am 30. April in der Pressekonferenz des RKI. In anderen Ländern gebe es hingegen häufig höhere Raten, weil nur die schweren Fälle getestet würden.

Dass die Raten hier nach unten gehen, heißt für Wieler auch, dass früh genug getestet wird und sich so auch früher infizierte Personen finden lassen.

Ändert sich, wer überhaupt getestet wird, beeinflusst das schnell den Positivenanteil. Der Epidemiologe Markus Scholz erwartet einen noch niedrigeren Anteil der positiven Ergebnisse, „wenn zum Beispiel im Zuge der Lockerungen mehr getestet wird, um zum Beispiel Personen mit vielen Kontakten regelmäßig zu überprüfen.“

Testen wir genug? 

Der Mediziner von der Uni Leipzig empfiehlt das als Teststrategie: „Personen mit nicht zu vermeidenden vielen Kontakten regelmäßig zu testen, da vor allem solche Personen zum einen bezüglich Ansteckung deutlich gefährdeter sind, zum anderen dann auch schnell viele weitere anstecken können (Stichwort Super-Spreader).”

Andere Expert*innen verweisen darauf, dass es bessere Stichproben brauche. Die Frankfurter Biostatistik-Professorin Eva Herrmann schrieb dem Tagesspiegel, ein Rückschluss auf die Gesamtbevölkerung lasse sich anhand dieser Zahlen nicht ziehen. „Dazu bräuchte es repräsentative Stichproben für Deutschland oder ein selektiertes Teilgebiet.“

Deutlich höhere Testzahlen würden es auch ermöglichen, die Dunkelziffer der Infizierten abzuschätzen, wie der Immunologe Michael Meyer-Hermann dem Tagesspiegel schrieb.

Die Positivenquote in den USA ist höher 

Vergleichswerte aus den Vereinigten Staaten: Der Anteil der positiven Ergebnisse war in jeder Woche zweistellig und ist deutlich höher als hierzulande. Er geht aber wie in Deutschland immer weiter zurück. 

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Dass die Werte höher sind, kann verschiedene Gründe haben. Eine denkbare Erklärung ist, dass die Zahlen in den USA anders erfasst werden. Weil die Anzahl der positiven Ergebnisse aus einer anderen Quelle stammt, ist sie im Vergleich zu Deutschland erhöht. In den Zahlen des RKI werden nur solche positiven Ergebnisse berücksichtigt, die aus der gleichen Befragung kommen wie die Gesamtzahl der Tests.

Der internationale Vergleich

Testet Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern öfter oder seltener? In absoluten Zahlen haben die USA die Bundesrepublik bereits überholt. Die Anzahl der Tests steigt dort besonders schnell.  

Besonders für ihre weitreichenden Tests gelobt wurde Südkorea. Doch der Vergleich zeigt: Deutschland, Italien und die USA haben inzwischen alle mehr getestet als das Vorzeigeland. Und wenn man die Zahl der Tests auf die Bevölkerung hochrechnet, lag Deutschland sogar an der Spitze. Jetzt aber nicht mehr.

Pro Kopf testet Deutschland oft 

Die leicht sinkende Zahl der Tests hierzulande hat mittlerweile dazu geführt, dass Italien derzeit mehr Tests pro Kopf macht.

In anderen Staaten sind die Quoten noch viel höher als in den vier Ländern aus der Grafik. Insbesondere in Island gibt es viele Tests, über 15.000 pro 100.000 Einwohner. In dem Inselstaat leben aber auch viel weniger Menschen: 356.991. 

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