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Temperaturkontrolle bei Menschen in Seoul.
© Kim Hong-Ji/Reuters

Erfolg im Kampf gegen das Coronavirus: Südkorea will seine Erfahrungen mit anderen Staaten teilen

Südkoreas Botschafter erklärt, wie sein Land das Coronavirus ohne Ausgangssperre in den Griff bekam. Der Premier kündigt weitere Lockerungen im Alltag an.

Südkorea ist bereit, Deutschland bei der Bewältigung der Coronavirus-Pandemie zu helfen. Dies sagte Botschafter Bum Goo Jong dem Tagesspiegel. Sein Land habe im Gegensatz zu anderen Staaten die Ausbreitung der Infektion wirksam unterdrückt, „ohne das alltägliche Leben und die wirtschaftlichen Aktivitäten drastisch zu beschränken, beispielsweise durch Ausgangssperren und Schließungen von Geschäften und Unternehmen“, erklärte der Botschafter. Die Regierung in Seoul sei bereit, ihre Erfahrungen zu teilen: „Wir wollen diese Krise gemeinsam mit anderen Ländern bewältigen.“

Trotz deutlich rückläufiger Zahlen bei den Neuerkrankungen mit dem Coronavirus will Südkorea an seiner Politik zur Vermeidung sozialer Kontakte vorerst festhalten. Allerdings kündigte Ministerpräsident Chung Sye Kyun am Sonntag einige Lockerungen der Beschränkungen für Kirchen, Unterhaltungseinrichtungen, private Paukschulen und Sportveranstaltungen an.

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Die Gesundheitsbehörden teilten mit, am Samstag seien nur noch acht Neuinfektionen und damit der geringste Tagesanstieg seit dem 18. Februar festgestellt worden. Die Gesamtzahl stieg auf 10.661.

Als zentrale Merkmale der südkoreanischen Strategie nannte Botschafter Bum Goo Jong „die Aufrechterhaltung der Offenheit, Transparenz und das Bekenntnis zu den Grundprinzipien der Demokratie“. Es gehe darum, Infizierte durch präventive und aktive Tests schnell zu identifizieren, ihr Bewegungsprofil objektiv zu erfassen und damit eine weitere Ansteckungs- und Ausbreitungsgefahr frühzeitig zu verhindern sowie infizierten Personen schnell eine medizinische Versorgung anzubieten.

Insbesondere durch den Einsatz kreativer Methoden wie „Drive-through“- und „Walking- through“-Stationen würden mehr Menschen getestet und so die Wahrscheinlichkeit einer Sekundärinfektion verringert. Gleichzeitig arbeiteten Regierung, Forschungsinstitute und private Unternehmen zusammen, um schnell massentaugliche Covid-19-Testkits zu entwickeln.

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Die Regierung in Seoul führe strenge Präventionsmaßnahmen durch, bei denen es um die Früherkennung infizierter Personen, das Aufspüren ihrer Kontakte, die Verwaltung der isolierten Personen und die Durchsetzung des „Social Distancing“ gehe. „Ebenso tut Korea sein Bestes dafür, dass die Menschenrechte und die Privatsphäre des Einzelnen nicht verletzt werden“, versicherte der Botschafter.

Die Regierung und die lokalen Behörden informierten die Öffentlichkeit schnell über Webseiten, Apps und Textnachrichten. Darüber hinaus bemühten sie sich, die zu Hause isolierten Personen mit einer App zu betreuen, statt eine generelle Ausgangssperre anzuordnen.

Südkoreas Botschafter in Deutschland: Bum Goo Jong.
Südkoreas Botschafter in Deutschland: Bum Goo Jong.
© imago images/Matthias Koch

Die Handys der Person in Quarantäne und des für sie zuständigen Beamten würden durch die App verbunden. GPS-Standortinformationen würden nur mit der aktiven Zustimmung der Betroffenen verwendet. „Die Maßnahmen der Regierung waren vor allem deshalb erfolgreich, weil die koreanische Bevölkerung ein reifes staatsbürgerliches Bewusstsein besitzt und dies auch aktiv unterstützt“, sagte der Diplomat. 

Vertreter der Bundesregierung informierten sich nach seinen Angaben Anfang April bei einer Videokonferenz mit koreanischen Kollegen über Seouls Vorgehen. Beide Länder seien Demokratien und würden sich zum Multilateralismus bekennen. Er sei überzeugt, dass die Beziehungen zwischen Korea und Deutschland durch den gemeinsamen Kampf gegen Covid-19 noch „enger und besser werden“ würden, so der Diplomat.

Hintergründe zum Coronavirus:

Ministerpräsident Chung sagte, die Maßnahmen der von den Behörden so genannten „erweiterten sozialen Distanz“ sollen jetzt zunächst bis zum 5. Mai beibehalten werden. Mit Blick auf den Schutz vor Sars-CoV-2 sei es das Sicherste. Doch die Maßnahmen umzusetzen, sei in der Realität nicht einfach. „Wir müssen einen Mittelweg finden.“

Die Regierung hatte im März eine Verordnung erlassen, nach der dringend empfohlen wird, religiöse Einrichtungen, Sportstätten und Nachtclubs zu schließen. Jetzt könnte laut Chung der Betrieb wieder aufgenommen werden, soweit Desinfektionsregeln und andere Schutzmaßnahmen beachtet werden. So könnten auch Sportwettkämpfe ohne Zuschauer wieder stattfinden. In Südkorea wird jetzt erwartet, dass die beiden größten Profiligen des Landes im Fußball und Baseball im Mai verspätet in die neue Saison starten. (mit dpa)

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