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Ein Mitarbeiter eines Impfzentrums verimpft einen Corona-Impfstoff.
© Marijan Murat/dpa

Anteil indischer Variante steigt auf zwei Prozent: Wie gut schützen die Impfstoffe gegen die Corona-Varianten?

Immer mehr Varianten des Corona-Erregers bestimmen das Infektionsgeschehen. Entwickelt wurden die bisher verfügbaren Impfstoffe aber gegen die frühe Virus-Form.

Intensiv wird erforscht, wie geschützt Geimpfte auch gegen die neuen Varianten des Coronavirus sind. Grundsätzlich gilt für alle Präparate und die bisher in Deutschland bekannten Mutanten: Sich zu impfen bringt mehr Sicherheit vor einer schweren Erkrankung als dies nicht zu tun. Aber wie gut ist der Schutz genau bei den Varianten, die hierzulande kursieren?

Wie ist die Situation derzeit? Mit einem Anteil von 87 Prozent an den untersuchten Proben dominiert weiter die vor einiger Zeit zunächst in Großbritannien nachgewiesene Mutante B.1.1.7 das Infektionsgeschehen in Deutschland. Sie ist nach jüngsten Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) jedoch leicht zurückgegangen.

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Die neu als besorgniserregend eingestufte, zunächst in Indien entdeckte und inzwischen schon in Dutzenden Ländern kursierende Mutante B.1.617 ist auf einen Anteil von 2 Prozent leicht gestiegen. Das geht aus dem RKI-Variantenbericht vom Mittwoch (19.5.) hervor, der Daten der Woche vom 3. bis 9. Mai enthält.

Der zunächst in Südafrika nachgewiesene Erreger B.1.351 legte nach RKI-Angaben von 1 Prozent in der Vorwoche auf 3 Prozent zu. Die Variante P.1 - bekannt aus Brasilien - liegt bei 0,3 Prozent. Laut Bericht sind daneben noch mehrere weitere Varianten zu finden, die bisher als sogenannte „Variants of Interest“ unter Beobachtung stehen.

[Mehr zum Thema: Indischer Corona-Arzt über die zweite Welle: „Man darf nie glauben, dass man es besiegt hat“ (T+)]

Entwickelt wurden die bisher vier in Deutschland zugelassenen Impfstoffe gegen den ursprünglichen Erreger-Typ, den sogenannten Wildtyp. Dem RKI zufolge sinkt die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, bei vollständig Geimpften im Vergleich zu Ungeimpften bei allen vier Impfstoffen um mindestens 80 Prozent. Doch wie sieht es mit der Wirksamkeit bei den Varianten aus?

B.1.1.7: Das Robert Koch-Institut (RKI) geht davon aus, dass die Wirksamkeit des Biontech-Impfstoffes bei dieser Mutante im Vergleich zum Wildtyp nicht sonderlich abgeschwächt ist. Darauf weisen unter anderem Ergebnisse von Analysen in Israel und Großbritannien hin. Das Präparat von Astrazeneca könne eventuell etwas weniger effektiv wirken, so das RKI. Die bisherigen Studien dazu seien allerdings nur „eingeschränkt aussagefähig“, da vergleichsweise wenige Fälle betrachtet worden seien.

B.1.351: Laut RKI liegen zwar derzeit nur wenige Daten zu dieser in Deutschland selten vorkommenden Mutante vor, doch lassen diese auf eine „zumindest reduzierte Effektivität“ der Impfungen schließen. Nach einer Analyse in Katar kann der Biontech-Impfstoff bei B.1.351 schwere und tödliche Krankheitsverläufe aber sehr gut verhindern.

Das Astrazeneca-Präparat kann nach einer Studie in Südafrika, wo das Corona-Geschehen von B.1.351 dominiert wurde, eine symptomatische Erkrankung weniger wirksam verhindern als beim Ursprungsvirus. Auch beim Mittel von Johnson & Johnson gibt es in den vorläufigen Daten nach Angaben der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) Hinweise, dass die Wirksamkeit vermindert sein könnte.

P.1: Diese vor allem in Brasilien verbreitete Sars-CoV-2-Variante ähnelt B.1.351. Dem RKI zufolge deuten experimentelle Daten auch hier auf eine reduzierte Wirksamkeit der Impfungen hin. Doch eindeutige Studiendaten gibt es noch nicht.

Eine britische Untersuchung von Mitte März kommt zu dem Ergebnis, dass die Astrazeneca- und Biontech-Präparate gegen P.1 wohl in etwa genauso wirken wie gegen die britische Variante - und damit besser als gegen die südafrikanische. Eine US-Studie von Mitte Februar wiederum ergab, dass die Vakzine von Biontech und Moderna bei P.1 und B.1.351 eine „signifikant verminderte“ Wirksamkeit haben könnten.

B.1.617: Nach RKI-Angaben deuten erste Laborexperimente darauf hin, dass die Wirksamkeit von Impfstoffen bei dieser Mutante nicht substanziell beeinträchtigt ist. Von US-Forschern vorgestellte vorläufige Daten bestätigten dies gerade erst. Gesicherte Aussagen lassen sich aber auch hier noch nicht treffen.

Eine noch nicht von Experten begutachtete Studie aus Indien über den auf dem Subkontinent verwendeten Impfstoff Covaxin zeigt, dass dessen Wirksamkeit bei B.1.617 wohl zwar im Vergleich zum Wildtyp etwas vermindert sein könne, aber noch in etwa so gut sei wie bei B.1.1.7. „Ein Grund zur Sorge, dass die Impfungen durch diese Virusvariante ihre Wirksamkeit verlieren, besteht aktuell nicht“, sagt Ende April der Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung an der Berliner Charité, Leif-Erik Sander, dem Science Media Center.

[Lesen Sie auch: Die Briten im Impf-Wettlauf gegen die indische Variante]

Doch ist eine möglicherweise verminderte Wirksamkeit mancher oder aller Impfstoffe bei Virusvarianten überhaupt ein Grund zur Sorge? Nicht wirklich, sagen Experten.

Zum einen sehen sie vor allem den Schutz vor sehr schweren bis tödlichen Verläufen bei den derzeit im Fokus liegenden Varianten als weitgehend gegeben. Zudem ließen sich gegen bedrohliche Mutanten rasch angepasste Impfstoffe für eine Auffrischungsimpfung entwickeln. Das entspräche dann in etwa dem Vorgehen wie bei der jährlichen Grippeimpfung. (dpa)

Sebastian Fischer

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