RKI nimmt B.1.617.2 in den Fokus: „Besondere Aufmerksamkeit“ für indische Coronavirus-Variante
Nach der Coronavirus-Variante aus Großbritannien rückt eine Mutante aus Indien stärker in den Blick – auch wenn der Anteil in Deutschland noch gering ist.
Der Anteil der als besorgniserregend eingestuften Coronavirus-Variante B.1.617 aus Indien an untersuchten Proben in Deutschland ist weiter relativ gering. Das Robert Koch-Institut (RKI) beziffert ihn in einem Bericht vom Mittwochabend für die Woche vom 3. bis 9. Mai auf zwei Prozent. In der Woche zuvor lag er bei 1,5 Prozent. Unterdessen legte der Anteil der Südafrika-Variante B.1.351 dem Bericht zufolge nach längerer unauffälliger Entwicklung von einem auf drei Prozent zu. Die Dominanz der in Großbritannien entdeckten Variante B.1.1.7 schwächte sich etwas ab – von mehr als 90 auf nun 87 Prozent.
Der Anteil der indischen Variante sei geringer als in Großbritannien, wo sie aktuell in etwa sechs Prozent der untersuchten Proben gefunden werde, schreibt das RKI. Befürchtet wird, dass sie ansteckender sein könnte als bisherige Varianten. Auch könnte sie die Wirksamkeit der Impfung schwächen.
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Was man beobachte, sei „eine leichte Einschränkung, aber kein vollständiges Versagen der Impfungen“, sagte die Virologin Sandra Ciesek kürzlich im NDR. Experten betonten in den vergangenen Wochen, es gebe anhand der bisherigen Datenlage noch eine Reihe von Unsicherheiten.
Die Mutante aus Indien hat mehrere Untervarianten: In Großbritannien ist B.1.617.2 als besorgniserregend im Fokus. Bis Mittwoch waren 2967 bestätigte Fälle im Land bekannt. Das waren gut 1600 mehr als noch eine Woche zuvor. In Deutschland, wo nur ein Bruchteil der positiven Proben auf Varianten untersucht wird, wurde die Untervariante in einer Zufalls-Stichprobe in der Woche vom 3. bis 9. Mai 37 mal gefunden. Das geht aus dem RKI-Bericht hervor. Seit Mitte April sieht das RKI hier jedoch einen stark steigenden Anteil. Diese Untervariante erfordere „besondere Aufmerksamkeit“, hieß es.
„Die Variante B.1.617.3 spielt bisher keine Rolle, global wird ihr Anteil an allen B.1.617 Varianten auf nur 1,5% geschätzt“, schreibt das RKI in dem Bericht vom 19. Mai.
In Großbritannien sind vor allem mehrere Städte in Mittelengland betroffen, aber auch der Westlondoner Bezirk Hounslow sowie die schottische Großstadt Glasgow. Allerdings gibt es hier zumindest auch Anzeichen dafür, dass die Impfungen gegen die Variante wirken dürften: So war bislang die Mehrheit der an der Virusvariante schwer erkrankten Menschen noch nicht geimpft.
Das wissenschaftliche Beratergremium Sage schrieb in einem aktuellen Bericht, es sei „realistisch“, dass die Variante bis zu 50 Prozent ansteckender sein könnte als die bereits als sehr ansteckend geltende Variante B.1.1.7. Britische Modellierer befürchten daher schlimmstenfalls eine weitere Infektionswelle ähnlich der Welle im Winter mit Zehntausenden Toten.
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Gabriel Scally, ein Experte für öffentliche Gesundheit, sagte dem Sender „Sky News“, man müsse nun alles daran setzen, Neuinfektionen zu reduzieren. So sollten junge Menschen möglichst schnell geimpft werden und Bürger in Quarantäne stärker unterstützt werden. „Außerdem müssen wir den Import stoppen und das heißt, dass wir bessere Grenzkontrollen brauchen“, so Scally.
Etliche der in Großbritannien bisher aufgetretenen Fälle der Variante werden auf Einreisende aus Indien zurückgeführt. Das Land steht erst seit Ende April auf der „roten Liste“, bei der in England eine Quarantäne im Hotel vorgeschrieben ist.
Die Bundesregierung stuft Großbritannien trotz niedriger Infektionszahlen seit Sonntag wieder als Coronavirus-Risikogebiet ein. Grund sei das „zumindest eingeschränkte Vorkommen“ der zuerst in Indien festgestellten Virusvariante, hieß es. Nach Daten der WHO ist B.1.617 mittlerweile in mehr als 40 Ländern nachgewiesen worden.
Das RKI blickt in seinem wöchentlichen Bericht vor allem auf vier als besorgniserregend geltende Varianten. Dazu zählt neben denen aus Indien, Südafrika und Großbritannien auch die Mutante P.1, die in Brasilien zirkuliert (Anteil: 0,3 Prozent). Dem Bericht zufolge sind daneben noch mehrere weitere Varianten zu finden, die bisher als sogenannte „Variants of Interest“ unter Beobachtung stehen. Das Augenmerk von Fachleuten liegt auf Mutationen, die mit einer erhöhten Übertragbarkeit und/oder einer veränderten Immunantwort in Verbindung stehen. (dpa)