Omikron und Delta im Vergleich: Weniger Krankenhauseinweisungen in Südafrika – kein Grund zur Entwarnung
In Südafrika dominiert Omikron das Infektionsgeschehen. Das Virus zeigt laut Experten eine „enorme Ausbreitungstendenz“. Doch es gibt auch Anlässe zur Hoffnung.
Die Rate der Corona-Krankenhauseinweisungen in Südafrika ist im Vergleich zur vorherigen Corona-Welle stark gesunken. Wie die Nachrichtenagentur „BloombergQuint“ berichtet, wurden in der zweiten Woche der aktuellen Infektionswelle nur 1,7 Prozent der Corona-Infizierten ins Krankenhaus eingeliefert.
In der zweiten Woche der dritten Welle, die damals durch die Delta-Variante ausgelöst wurde, waren es 19 Prozent. Das macht einen Rückgang von 91 Prozent.
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Besonders in der Provinz Gauteng, wo die Variante zuerst verstärkt aufgetreten war, sei eine Veränderung bemerkbar. „Es gibt erste Anzeichen dafür, dass wir in Gauteng den Höhepunkt überschritten haben“, sagte am Freitag Gesundheitsminister Joe Phaahla.
Der Großraum um die Metropole Johannesburg und die Hauptstadt Pretoria habe bis Donnerstag bei den täglichen Neuinfektionen landesweit einen Anteil von 25 Prozent gehabt. „Zum Vergleich: Vor zehn Tagen stellte Gauteng noch 70 bis 80 Prozent der Neuinfektionen dar“, so Phaahla.
Wolfgang Preiser: Omikron hat eine „enorme Ausbreitungstendenz“
Die von Omikron getriebene vierte Infektionswelle habe landesweit bei der Zahl der Neuinfektionen aber deutlich die Höchstwerte der vorangegangenen Wellen überschritten. Etwa 20.000 Fälle pro Tag meldeten die südafrikanischen Behörden in der zweiten Woche der vierten Welle, berichtet „BloombergQuint“. In der dritten Welle waren es zur selben Zeit 4.400 Neuinfektionen pro Tag.
Die rapide steigenden Infektionszahlen machen laut Omikron-Mitentdecker Wolfgang Preiser die „enorme Ausbreitungstendenz“ der neuen Variante deutlich. „Das Virus scheint ansteckender zu sein als die anderen Virusvarianten“, sagte der deutsche Virologe an der südafrikanischen Universität Stellenbosch im Interview bei „Deutschlandfunk Kultur“.
[Lesen Sie auch: Omikron-Mitentdecker Preiser: „Ich bezweifle, dass wir die Pandemie ohne angepassten Impfstoff beenden“ (T+)]
Laut Michelle Groome vom Nationalen Institut für übertragbare Krankheiten (NICD) wachse hingegen die Zahl der Krankenhauseinweisungen „nicht in solch dramatischem Ausmaß“. „Wir beginnen, ein paar Zuwächse, aber relativ kleine Zuwächse bei den Todesfällen zu sehen“, fügte Groome hinzu.
Auffällig sei, dass zunehmend ältere Personen infiziert würden. Die Krankenhauseinweisungen hätten zwar prozentual zugenommen, kämen aber von einer relativ niedrigen Basis.
Nach Angaben der NCID-Expertin Waasila Jassat nahm auch die Dauer der Krankenhausaufenthalte von Covid-Patienten drastisch ab im Vergleich zu vorangegangenen Infektionswellen - sie sank von bis zu zehn Tagen bei der dritten Welle auf nun weniger als die Hälfte.
Ebenso sei die Zahl der Covid-19-Patienten, die zusätzlichen Sauerstoff benötigten, „niedriger als sie bei jeder vorherigen Welle war“. Es sei aber noch zu früh, daraus wissenschaftlich fundierte Schlüsse zu ziehen.
Impfungen zur Vorbeugung schwerer Krankheitsverläufe
Nach Einschätzung der Regierung kommt Südafrika in der gegenwärtigen Omikron-Welle zugute, dass sich bereits zuvor ein großer Teil der Bevölkerung mit Corona infiziert hat und dass die Impfkampagne vorangetrieben wird. Vereinzelt wird darüber berichtet, dass die neue Virus-Variante weniger schwere Krankheitsausbrüche hervorruft als vorhergehende Mutationen.
„Wir glauben, dass es nicht unbedingt einfach so ist, dass Omikron weniger virulent ist“, sagt Gesundheitsminister Joe Phaala. Vielmehr trügen die Immunität bereits Infizierter sowie Impfungen zum Schutz bei.
Auch Preiser und seine Kollegen gehen davon aus, dass eine Impfung gegen einen schweren Verlauf schütze. „Das beobachten wir hier, wo, gemessen an den sehr hohen Infektionszahlen, immer noch relativ wenig Menschen schwer erkrankt sind“, erklärte Preiser.
Forschern zufolge ist es noch zu früh, um sichere Schlüsse aus der Entwicklung der aktuellen Corona-Welle in Südafrika ziehen zu können. „Ich wünsche mir, dass wir weiterhin in einer relativ komfortablen Lage bleiben, also dass schwere Verläufe weiterhin die Ausnahme bleiben“, sagte der in Südafrika lebende Virologe. Er appellierte aber auch, dass Südafrika seine Anti-Corona-Maßnahmen verschärfen müsste. Die Maßnahmen seien „jetzt zu entspannt angesichts der hohen Infektionszahlen.”
In Südafrika sind erst rund 31 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Bei Menschen über 60 Jahren liegt die Impfquote jedoch bei 66 Prozent. Ältere Menschen sind besonders gefährdet, bei einer Corona-Infektion schwerwiegende Symptome zu entwickeln.
Anzeichen für mildere Verläufe
Wissenschaftler gehen bislang davon aus, dass Erkrankungen mit der Omikron-Variante des Virus etwas milder verlaufen, als es bei früheren Virustypen der Fall war. Zurückzuführen sein könnte das darauf, dass sich Omikron weniger stark in der Lunge ausbreitet als frühere Formen des Coronavirus.
Jedoch vervielfältigt sich Omikron in den Bronchien etwa 70-mal schneller als die derzeit noch in Deutschland dominante Delta-Variante. Das könnte die höhere Ansteckbarkeit erklären. Experten aus Hongkong weisen darauf hin, dass Omikron trotz der milderen Verläufe ein großes Problem darstelle: „Ein sehr infektiöses Virus, das viele Menschen infiziert, kann zu schwereren Erkrankungen und zum Tod führen, auch wenn das Virus selbst weniger pathogen ist”, sagt Michael Chan Chi-wai, Professor an der School of Public Health der Universität Hongkong und Leiter der Forschungsgruppe, laut Mitteilung.
Jüngste Studien belegten, dass die Omokron-Variante teilweise der Immunität durch Impfstoffe und frühere Infektionen entgehen könne. Dadurch sei die Gesamtbedrohung durch die Omikron-Variante vermutlich sehr groß. Vor allem in Großbritannien steigen die Neuinfektionen mit der Omikron-Variante derzeit rasant: Fachleute nehmen an, dass sich die Omikron-Fallzahl dort jeden zweiten Tag verdoppeln könnte. (mit Agenturen)
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