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Menschen in roten Ganzkörperanzügen mit der Aufschrift Befristet stehen auf einem Platz.
© GEW/Kay Herschelmann

Zeitverträge für Nachwuchswissenschaftler: Was ist bei Befristungen "angemessen"?

Weiterhin keine Mindestlaufzeit: Im Bundestag wurden kleine Änderungen am umstrittenen Gesetz über Zeitverträge in der Wissenschaft beschlossen.

Welcher Zeitraum ist angemessen, wenn es um befristete Verträge für Nachwuchswissenschaftler in der Qualifizierungsphase geht? Darüber wird seit Jahren gestritten, die Frage ist einer der Knackpunkte bei der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Für die einen liegt auf der Hand, dass es hier um die Zeit geht, die für eine Dissertation oder eine Habilitation gebraucht wird – also in der Regel um jeweils mindestens drei Jahre.

Verschiedene Qualifikationen, unterschiedliche Laufzeiten

Sie halten eine entsprechende Mindestvertragslaufzeit für unabdingbar, um Kurzzeitverträgen einen Riegel vorzuschieben. Die anderen, die in der Union und auf Arbeitgeberseite zu finden sind, pochen auf Flexibilität – und kritisieren die Fixierung auf Promotion und Habilitation als Qualifikationsziele in der Wissenschaft.

„Es gibt so viele verschiedene Qualifikationen“, sagt Alexandra Dinges-Dierig (CDU), Hochschulexpertin der Unionsfraktion. So könnten sich Nachwuchswissenschaftler nach der Promotion etwa in der Hochschuldidaktik oder im Wissenschaftsmanagement weiterbilden. Solche Module sind nach ein, zwei Semestern absolviert, dann komme der nächste Karriereschritt, der eine andere Befristung erfordere. Simone Raatz (SPD), Dinges-Dierigs Counterpart in der Aushandlung des Zeitvertragsgesetzes, dagegen hat sich lange für eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren eingesetzt. Durchgesetzt hat sie sich nicht. Trotzdem spricht sie jetzt von einem „guten Kompromiss“.

Warnung vor der vagen Formulierung

In den Änderungen zum Gesetzentwurf, die am Mittwoch im Wissenschaftsausschuss des Bundestages beschlossen wurden und mit dem Bundesforschungsministerium abstimmt sind, bleibt es bei der umstrittenen offenen Formulierung: Die Befristung von Verträgen auf sogenannten Haushaltsstellen sollen „dem angestrebten Qualifikationsziel angemessen“ sein. Die zulässige Dauer der Befristung bleibt also Auslegungssache. Experten hatten zuletzt bei einer Anhörung im Ausschuss kritisiert, dass am Ende die Arbeitsgerichte entscheiden müssten.

Schon bei Vertragsabschluss auf Alternativen hinweisen

Dinges-Dierig und auch Raatz setzen nun darauf, dass an Hochschulen und in außeruniversitären Instituten Leitlinien für „gute Arbeit“ in der Wissenschaft greifen. Danach sollen sich Laufzeiten an der üblichen Zeit für eine Qualifikationsarbeit orientieren. „Ich hoffe, dass sich die Hochschulen da ihrer Verantwortung bewusst sind“, sagt Raatz. Dinges-Dierig sieht in den Vertragsgesprächen zwischen Nachwuchswissenschaftlern und Arbeitgebern die erste Gelegenheit, über verschiedene mögliche Qualifikationswege jenseits der Professur zu informieren – flankiert von weiterer Beratung und von Fortbildungen. Vertrauen und Zuversicht also bei den Koalitionspartnerinnen. Der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bleibt das Gesetz an dieser Stelle indes zu unverbindlich, „sture Arbeitgeber“ könnten das ausnutzen.

Projektverträge sollen sich nun doch nach der Projektdauer richten

Auch eine weitere Gewerkschaftsforderung, Nachwuchswissenschaftlern für jedes Kind automatisch eine zweijährige Vertragsverlängerung zu geben, wird nicht umgesetzt. Den Rechtsanspruch auf Vertragsverlängerung gibt es für Mitarbeiter in Elternzeit – und neuerdings auch für solche mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten. Ob Arbeitgeber darüber hinaus die „familienpolitische Komponente“ dahingehend ausnutzen, die insgesamt zulässige Befristungsdauer von jeweils sechs Jahren vor und nach der Promotion um zwei Jahre pro Kind zu erweitern, bleibt weiterhin ihnen überlassen.

Bei den aus Drittmitteln finanzierten Projektstellen kommt die Koalition den Kritikern des Gesetzentwurfs aber entgegen. Die Vertragslaufzeit soll sich laut Gesetzestext nun ausdrücklich am bewilligten Projektzeitraum – in der Regel mehrere Jahre – und nicht wie zunächst geplant an der Dauer der oft von Jahr zu Jahr gewährten Mittelbewilligung orientieren.

Kriterien für die Verstetigung alternativer Karrierewege

Trägt die weitgehende Einigkeit, die Union und SPD jetzt beim Zeitvertragsgesetz demonstrieren, auch beim nächsten Schritt, dem geplanten Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs? Hier sind sich zumindest Dinges-Dierig und Raatz einig, dass in den Ländern und an den Hochschulen verlässliche Karrierewege entwickelt werden sollen. Und Kriterien dafür, wie nicht nur die Arbeit von Junior- oder Assistenzprofessoren evaluiert werden kann, um ihre Stellen zu verstetigen (Tenure Track), sondern auch für andere Karrierewege nach der Promotion.

Doch darüber, wie solche Dauerstellen auch unterhalb der Professur finanziert werden sollen, wird weiter gestritten. Die SPD im Bundestag steht weiter hinter der Forderung von zwölf Ländern, die eine Milliarde Euro, die von 2017 bis 2026 in den Aufbau neuer Juniorprofessuren mit Tenure Track fließen sollen, auch dem Mittelbau zugute kommen zu lassen.

Weiter Streit um Finanzierung des Tenure Tracks

Die Verstetigung solcher Stellen will Raatz ab 2019/20 auch mit den Mitteln aus dem dann ausgelaufenen Hochschulpakt finanzieren. Der Bund solle sie in die Grundfinanzierung der Unis umleiten, die davon Dauerstellen schaffen könnten. Dinges-Dierig lehnt das ab. Denkbar sei aber, diese Mittel später beispielsweise für die Entwicklung von Qualitätsmanagement-Instrumenten an den Hochschulen einzusetzen.

Amory Burchard

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